Ausstellungsbesprechungen

Salvator Rosa (1615-1673) – Bandits, Wilderness and Magic, Dulwich Picture Gallery London, bis 28. November 2010

Unsere kurzen Ausflüge in die Londoner Ausstellungslandschaft bereichert Anett Göthe nun mit einer Besprechung über den faszinierenden italienischen Maler Salvator Rosa, der mit der Schilderung pittoresker Motive sowie mit der Darstellung von Hexen bei obzönen Zeremonien noch immer Furore macht.

Nicht weit vom Zentrum Londons entfernt, im Südosten, liegt einer der schönsten Stadtteile Londons: Dulwich. Idyllische Parks, wunderbare Shops mit inspirierendem Flair, ein renommiertes College und die Dulwich Picture Gallery geben diesem Areal seinen unverwechselbaren Charme. Die Dulwich Picture Gallery, die 1817 eröffnet wurde, ist die älteste Galerie Londons überhaupt und das von Sir John Soane entworfene Galeriegebäude ist der erste Zweckbau weltweit, der direkt als Museum konzipiert und gebaut wurde. Neben der Dauerausstellung, die eine exquisite Sammlung europäischer Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts zeigt, darunter allein drei Gemälde von Rembrandt, werden in regelmäßigen Abständen Sonderausstellungen verschiedener Künstler und Epochen mit viel Engagement kuratiert. Die aktuelle Schau zeigt Werke des italienischen Künstlers Salvator Rosa. Es ist die erste große Ausstellung dieses Künstlers in Großbritannien seit 1973 und stellt damit den Auftakt zu einer Serie von Ausstellungen unter dem Motto der Wiederentdeckung Alter Meister dar. In diesem Rahmen sind bis zum Jahre 2015 Ausstellungen von van Dyck, Murillo und Justino de Neve und Adriaen van der Velde geplant.

Der 1615 in Arenella (Sizilien) geborene Salvator Rosa war einer der wagemutigsten und schöpferischsten, aber auch einer der ungewöhnlichsten Künstlerpersönlichkeiten im Italien des 17. Jahrhunderts. Er war nicht unbedingt ein Maler der Götter und Heroen, eher der Banditen und Einsiedler, der seine Sujets wählte, nicht um die Betrachter seiner Bilder zu belehren oder zu erhöhen, sondern um in ihnen die Gefühle von Erbarmen und Grauen zu erzeugen.

Die frühen Arbeiten Rosas, insbesondere seine Landschaften, sind hell und reich an pittoresken Motiven – verfallene Türme, Boote an der Meeresküste, farbenfrohe Reisende, die gefährliche Brücken überqueren oder Straßenräuber, die liegend in steinigen Hohlwegen warten. Später entwickelte sich seine Malerei in Richtung eines großartigen und prachtvollen Stiles, der von einem intensiven Hell-Dunkel-Kontrast mit kräftigen Farben, die eine suggestive Atmosphäre schaffen, geprägt ist und ganz ohne Effekthascherei auskommt. Kein anderer Künstler schuf diese vom Wind gepeitschten expressiven und emotionalen Landschaften. Seine Figuren, die eine dunkle und grüblerische Intensität aufweisen, wirken gleichsam aufrichtig und frei von Zwängen.

Zerborstene Baumstämme und erdrückende Felsüberhänge lassen die winzigen Figuren in seinen Bildern bedeutungslos erscheinen. Hexen, die auf Waldlichtungen und in rauchgeschwängerten Höhlen obszöne Zeremonien aufführen und unaussprechliche Grausamkeiten vollbringen, erscheinen derart in der Kunstgeschichte zum ersten Mal. Man kann sagen, dass Rosa sogar eine neue Art der Malerei entwickelte. Ob allegorische Bilder, die sich durch eine eindringliche und melancholische Poesie auszeichnen, ob fantasiereiche Porträts romantischer und geheimnisvolle Figuren oder makabre und erschreckende Darstellungen mit einem philosophischen Bezug, immer zeigt Rosa in seinen Werken eine Originalität, die ihn als Prototypen des romantischen Künstlers ausweist und in dieser Form bis zu seinen Lebzeiten sicher so noch nicht gegeben hat.

In einem Selbstporträt um 1647 stellt sich Rosa als einen langhaarigen Poeten und Philosophen dar, der triste Gedanken auf einen menschlichen Schädel schreibt und damit ein typisches Vanitas-Motiv in der Malerei des Barock darstellt. Sein Haupt ist mit Zypressenzweigen gekrönt, was auf die Bedeutung der Zypresse als Friedhofsbaum und als Symbol für Vergänglichkeit hinweist. Rosa stellt sich hier als ein Geschöpf der Nacht dar – introvertiert, sensibel und als einen Mann abseits der Menge.

Stolz und melancholisch scherte sich Rosa nur wenig darum, den potentiellen Käufern seiner Bilder zu gefallen und wies die Idee, nur für Geld zu malen, entschieden von sich. Seine einzige Motivation, so behauptete er, war sein unerschütterlicher Glaube an seine Schöpferkraft. Ebenso wie durch seine Figuren und Landschaften konnte Rosa seine einflussreichen Mäzene durch seine eigene geheimnisvolle und individuelle Persönlichkeit faszinieren.

Die Retrospektive Salvator Rosas in der Dulwich Picture Gallery zeigt seine bedeutendsten Werke in Form einer thematischen Anordnung. Interessant ist die Information, dass nur ein geringer Teil seiner Arbeiten aufgrund eines Auftrages entstand. Im Gegensatz zu einem Großteil seiner zeitgenössischen Malerkollegen fand Rosa erst nach der Fertigstellung seiner Bilder die entsprechenden Käufer. So konnten Sammler in Rom seine Werke nur in öffentlichen Ausstellungen sehen, wie etwa die jährlich im März stattfindende Ausstellung im Pantheon. Während der Ausstellung waren seine Werke nicht zu verkaufen. Stattdessen empfing er die potentiellen Käufer in seinem Atelier, wo er auch seine Werke nach Beendigung der Ausstellung verkaufte. Diese Methode des Verkaufes führte zu gewaltigen Kontroversen mit konkurrierenden Malerkollegen, wie etwa mit dem in Florenz sehr bedeutenden Gian Lorenzo Bernini, was dazu führte, dass Rosa im Jahre 1640 Florenz verließ.

Rosa war ein Freidenker und Exzentriker und stand vielen Wissenschaftlern, Philosophen und Literaten seiner Zeit nahe. Viele seiner Arbeiten visualisieren deren neue Denkwelt und verbinden rationale Wissenschaft mit Magie und dem Mysterium der Kraft der Natur.

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