Ausstellungsbesprechungen

Sandra Eades & Reinhard Klessinger, Counterparts

In der Ausstellung »Counterparts. Sandra Eades – Reinhard Klessinger«, begegnen sich in einer spannungsvollen Gegenüberstellung die kombinierten Bildtafeln von Sandra Eades und die transparenten Raum- und Wandobjekte aus Spiegeln und Glas von Reinhard Klessinger. Dabei wird die dem englischen Begriff »counterpart« innewohnende Bedeutungsvielfalt – es kann sowohl »Gegenstück« als auch »Pendant« bedeuten – in mehrfacher Hinsicht für das Künstlerpaar sinnfällig, erfasst sie doch die Künstler selbst noch mehr aber ihre Arbeit.

Sandra Eades verbindet Fotografie, monochrome Malerei und filigrane, durchsichtige Aquarellzeichnungen in großflächigen Wandbildern. Es sind »jene unspektakulären, aber charakteristischen Teilaspekte von Räumen«, die die Arbeiten der Künstlerin prägen, wie Nicole Nix-Hauck in der Einleitung des Kataloges schreibt. Eades hat sich mit großer Sensibilität alltäglichen Details, Farbnuancen, Spiegelungen, wechselnden Perspektiven und Distanzen angenähert. So gehen die fotografierten Architektur- und Raumausschnitte, die daraus abgeleiteten Farbstimmungen und die reduzierten, fragil wirkenden zeichnerischen Formen einen intensiven Dialog ein. Dabei überraschen die Arbeiten den Betrachter durch die ihnen eingeschriebenen Kontradiktionen wie: offen und geschlossen, dynamisch und statisch oder voll und leer.

 

Zu ihrer Werkserie »Colours of Berlin«, die im Parterre der Galerie zu sehen ist, wurde Sandra Eades durch die besondere Atmosphäre in den U- und S-Bahnhöfen der Stadt inspiriert. Diese Orte sind noch heute durch das frühe 20. Jahrhundert geprägt, als der schwedische Architekt Alfred Grenander sie mit Wandfliesen und Baukeramik in jeweils unterschiedlichen Kennfarben gestaltete. Jene markanten Farbstimmungen, die von den meisten Menschen nur beiläufig registriert werden, beeinflussten die Künstlerin nachhaltig in ihren Arbeiten.

 

 

Stärker als in dieser Serie schlägt sich der biografische Bezug jedoch in der Werkgruppe »Vanitas« nieder, die von zwei Leitmotiven geprägt ist: vom Schriftzug mit dem Vornamen der Künstlerin, der sich in Graffitis oder in oft rudimentären Wandkritzeleien im urbanen Raum findet und vom Spiegel, der kein Abbild reflektiert. Sowohl im Spiegel – Symbol der Vergänglichkeit – als auch im Schriftzug artikuliert sich die Suche der Künstlerin nach Selbstreflexion und Selbstvergewisserung. Doch »die Identitätssuche an fremden und auch an vertrauten Orten, bleibt letztlich ergebnislos und desillusionierend«, so Nix-Hauck.

 

Für Reinhard Klessinger ist der Spiegel nicht Motiv, sondern Gestaltungsmittel. Seine transparenten Objekte aus Spiegel und Glas reflektieren den Raum und die Umgebung, aber auch den Vorgang der Wahrnehmung durch den Betrachter, der durch die Spiegel in das Kunstwerk eingewoben wird. Dabei evozieren Klessingers Arbeiten nicht selten Irritationen durch »die optischen Phänomene der Reflexion, durch Dopplungen und Vervielfältigungen, Facettierungen, Überschneidungen und gebrochene Perspektiven, die das Objekt unaufhörlich verändern, und immer wieder durch die Schrift«, wie Nix-Hauck es formuliert.

 

 

Klessinger graviert oder ätzt häufig Worte und poetische Texte in die Glasflächen und drückt dem Gespiegelten so einen »Stempel« auf. Wunderbar und an Intensität wohl kaum zu steigern ist der sich in der ersten Etage entfaltende lyrisch anmutende Zyklus. Diese in Spiegeln eingefangenen Metaphern, die auf dem Kopf, als Fragmente oder in Spiegelschrift erscheinen, sind ein wichtiger Faktor im Spiel der Reflektionen.

 

Eades und Klessinger fangen in ihren Bildern und Objekten die Begegnung mit Orten ein und übersetzen diese in einen neu konstruierten künstlerischen Kontext. Der Ort präsentiert sich als »Gegenüber«, das dem kontinuierlichen Wandel unterworfen ist und gemeinsam mit dem Betrachter stets eine neue Ausgangsposition schafft. Indem der Ausstellungsbesucher sich auf die Kunstwerke einlässt, sich selbst in ihnen spiegelt, wird er in das Wechselspiel der »Counterparts« eingebunden.

 

Mit der Ausstellung »Counterparts. Sandra Eades – Reinhard Klessinger« ist der Städtischen Galerie eine vielseitige und absolut sehenswerte Ausstellung gelungen, die sowohl durch ausführliches Informationsmaterial zu überzeugen weiß als auch durch geschickte Positionierung der Kunstwerke, wodurch das spannungsreiche Wechselspiel zwischen »Gegenstücken« und »Pendants« erst zur Geltung kommen kann. Fazit: Eine Ausstellung, die man sich nicht entgehen lassen sollte!

Weitere Informationen

Öffnungszeiten

Di, Mi, Fr 10-12.30 Uhr und 14-17 Uhr

Do 10-12.30 Uhr und 14-18 Uhr

Sa 14-17 Uhr

So und an Feiertagen 14-18 Uhr

 

Kostenlose öffentliche Führungen

Sonntag, 30. September, um 15 Uhr

Dienstag, 23. Oktober, um 18 Uhr

 

NEU: »Kunst in der Pause«
Für Berufstätige und alle, die es eilig haben, hat die Galerie ein spezielles Angebot: »Kunst in der Pause«, die 20-minütige Kurzführung am Mittag, findet am Dienstag, 9. Oktober, um 12.30 Uhr statt.

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