Ausstellungsbesprechungen

Schaber, Adelmann und Harald Hermann, Stuttgarter Galerienhaus, bis 27. Juli 2013

Für Kurzentschlossene lassen sich noch drei Tage lang im Stuttgarter Galerienhaus Entdeckungen machen. Günter Baumann hat dies schon getan.

Eine der wichtigen Spielstätten in der Stuttgarter Galerieszene ist seit Jahren das Galerienhaus, ein Zusammenschluss dreier Galerien (Merkle, Schacher und Molliné), die unabhängig voneinander, aber doch mit zeitgleichen Terminbindungen agieren. Die Synergie-Effekte sind enorm, zumal wenn die Künstler mit dialogischem Eifer aufeinander zugehen wie in der aktuellen Ausstellung. Monika Schabers daseinsphilosophische Holzschnitte und Zeichnungen bei Merkle fügen sich wunderbar zu den Polaroids von Felix Adelmann in Schachers benachbartem Kunstraum, die einen morbiden Touch aufweisen – sie sind übrigens nur kurz, am Wochenende, zu sehen, nachdem die Vorgängerschau mit »Feldversuchen« von Hartmut Landauer und Andreas Opiolka gegen die Taktung im Galerienhaus vor kurzem abgebaut wurde. Hintergrund ist das gemeinsame Sommerfest, das an diesem Wochenende stattfindet, mit dem die Saison ausklingt: Für die Stuttgarter Galerienszene ist das ein bemerkenswertes Event. Als sei die dritte Ausstellung im Galerienhaus eine Art Quintessenz, gipfelt der Parcours bei den eindringlichen Arbeiten von Harald Hermann: Erst jüngst füllte die Galerie Molliné die Kunsthandels-Troika auf – als Nachfolgerin der vielgelobten, aber letztlich glücklosen Galerie 14-1. Nun sinniert sie im Untertitel ihrer Schau über die Aussicht: »vielleicht ändert sich ja doch nichts«.

Monika Schaber schafft topographische Felder, die sich mikro- oder makrokosmisch deuten, jedoch nicht festlegen lassen. Der Betrachter fühlt sich in den Arbeiten immer auf ein Zwischenmedium verwiesen, sei es durch den inhaltlich begründeten Fern- bzw. Distanzblick, sei es durch die technische Nähe in der Darstellung zu Ultraschall- oder Röntgenaufnahmen. Stets drängt sich ein wissenschaftlicher Objektivismus auf, der von den archaischen Elementen in der Wahrnehmung subjektiv aufgefangen wird: Oft denkt man an Ausgrabungsmotive. Spannend ist zudem der Zeichencharakter vieler Holzschnitte, die sich aus dem landschaftlich Anmutenden ins Abstrakte verfeinern. Sicher kommt der 1958 geborenen Künstlerin ihre Ausbildung zur chemisch-technischen Assistentin zugute – man stelle sich die Grafik eines Laborbefunds in der Bearbeitung der an Rudolf Schoofs geschulten Zeichnerin vor.

Felix Adelmann bietet großformatige »Polarisierungen«, sprich fotografische Interventionen mittels der betagten Polaroid-Technik. Anders als Hockney, der dieses Medium zu großen Ehren brachte, behandelt Adelmann seine Schnellschüsse mit Händen und Skalpellen, dreht sie in die Schreibmaschine und schafft so einen eigenen Kosmos zwischen flüchtiger Zustandsschilderung und Vanitas-Symbolik. Die technisch bedingten und absolut gewollten Unschärfen lassen an surrealistische Filmsequenzen à la Bunuel denken.

Der Dritte im Ausstellungsreigen der Galerien ist der Berliner Harald Hermann, der wunderbar die Fernblickästhetik Schabers und die surrealen, halbfilmischen Aufnahmen Adelmanns ergänzt durch urknallartig Energiefelder, die von der Kriegsmalerei genauso inspiriert ist wie von interstellarischen Untergangsvisionen. Ohne die interaktiven und multimedialen Errungenschaften wäre diese feuerbrünstige Kulisse sicher anders ausgefallen, doch in der Tat waren es pyrotechnisch waghalsige Festivitäten in Südamerika, die als Vorlage für die Arbeiten fungierten - neben dem Erlebnis selbst griff Hermann auf Fotos zurück, die weniger den dokumentarischen Charakter als vielmehr den rituellen Aspekt des Ereignisses unterstreichen. So fremdartig diese Kunst im friedlichen Mitteleuropa wirkt, so eindringlich macht sie darauf aufmerksam, dass in weiten Teilen der Erde ein explosiver Ausnahmezustand vorherrscht.

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