Kataloge

Schlunk, Andreas / Robert Giersch: Die Ritter. Geschichte - Kultur - Alltagsleben, Katalog zur Ausstellung 'Die Ritter', Oktober 2003, Stuttgart 2003.

Noch bis zum 26. Oktober 2003 präsentiert die Ausstellung "Die Ritter" im Historischen Museum zu Speyer anhand zahlreicher Originale das faszinierende Phänomen des mittelalterlichen Rittertums.

Ziel ist es, dessen historischen Grundlagen neu zu klären sowie die mit ihm verbundenen zentralen ritterlichen Themen zu veranschaulichen. Noch heute prägt zumeist eine romantisch verklärte Auffassung vom Leben auf der Burg, von den Taten der Ritter, etwa ihrer Bewährung im edlen Minnedienst oder beim Turnier, unser Bild vom Rittertum. Diese Vorstellung ist nicht generell falsch, denn tatsächlich war das Rittertum nicht allein eine militärische Struktur, sondern prägte als eine zentrale Kraft des mittelalterlichen Europas eine ganze Weltanschauung. Ritterliche Lebensformen, Werte und Tugenden entwickelten sich zum Leitbild einer ganzen Epoche und besaßen bis in die Neuzeit hinein eine besondere Anziehungskraft.

Ausstellungsbegleitend erschien ein Katalog, in dem die Autoren ein lebendiges Bild des Rittertums entwerfen und die historischen Hintergründe desselben erläutern. Der reich bebilderte Band präsentiert sich in sehr übersichtlicher Gestalt. In chronologischer Reihenfolge behandeln einzelne Kapitel das ritterliche Leben von den Anfängen bis zum Niedergang bei zugleich sinnvoller thematischer Unterteilung in verschiedene Bereiche des Lebens und der Sachkultur. Unter Rückgriff auf historiographische und archäologische Quellen werden Kampftechnik und Bewaffnung ebenso thematisiert wie ritterlich-höfische Kultur, der Alltag auf einer Burg oder die Stellung des miles innerhalb der christlich geprägten Gesellschaft. Zahlreiche Abbildungen tragen zur Anschaulichkeit des Gesagten unmittelbar bei.

Beginnend mit einem einleitenden historischen Überblick führt die Abhandlung weiter über den (in der Forschung vieldiskutierten) Ritterbegriff und die ritterlichen Tugenden sowie der Problematik der Spannung zwischen ritterlichem Ideal und Wirklichkeit hin zum "typischen" Lebenslauf eines Ritters. Dem Bereich der Familie und Ehe ist ein weiteres Kapitel gewidmet, in dem auf die Bedeutung ehelicher Verbindungen ebenso eingegangen wird wie auf das Hochzeitszeremoniell und die Rolle der Ehefrauen und Töchter. Ein weiterer Abschnitt widmet sich dem sehr eng mit dem Ritterbegriff verbundenen Themenbereich Liebe und Minne. Vor allem das Ideal der höfischen Liebe war von zentraler Bedeutung innerhalb der mittelalterlichen Welt. Die Geschlechterliebe erscheint hier als Gegenstand einer kunstvollen Stilisierung von Gefühlen, als elitäres Spiel mit Normen und Verhaltensmustern, welches veredelnd auf denjenigen wirkte, der sie pflegte, aber auch systemstabilisierende Funktion innehatte, da es den Adel an die höfischen Zentren band.

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Mehrere Kapitel widmen sich anschließend den Rüstungen und der Waffentechnik sowie ihrer anhand von Beispielen aufgezeigten Entwicklung im Zeitraum vom 11.-16. Jahrhundert. Deutlich wird, dass die Körperrüstung von Anfang an permanenter technischer Veränderung unterworfen war. Im Laufe der Zeit wurde die Rüstung jedoch nicht nur hinsichtlich des Leibesschutzes perfekter, sondern ihre Gestaltung wurde zunehmend aufwendiger und auch kostspieliger. Zur besseren Unterscheidbarkeit wurden die Rüstungen alsbald mit persönlichen Erkennungszeichen, den untrennbar mit dem europäischen Rittertum verbundenen Wappen, versehen.

Wie die sich anschließenden Kapitel zur Kreuzzugsthematik und den Ritterorden aufzeigen, manifestiert sich die Verbindung von Rittertum und christlichem Glauben besonders deutlich in der Kreuzzugsbewegung. Der Kreuzzug wies den Kriegern einen neuen Weg. Der Schutz der Armen und Schwachen sowie die Abwehr des Bösen sollte erste Aufgabe und Ziel eines Ritters sein. Insbesondere der Kampf gegen die Ungläubigen und die Befreiung des Heiligen Landes standen im Mittelpunkt des Interesses, denn als "miles Christi" konnte der Ritter den höchsten, himmlischen Ruhm sowie Ehre erringen.

Im Anschluss hieran widmen sich mehrere Kapitel dem steingewordenen Symbol des Rittertums, der mittelalterlichen Burg, wobei auf die Bau- und Raumprogramme ebenso eingegangen wird wie auf die Verteidigung und die Wohnverhältnisse oder auf Alltagsleben und Festlichkeiten innerhalb der Burgmauern. Das Leben auf der Burg wird anhand von Modellen und Gegenstände der Alltagskultur anschaulich entworfen. Exemplarische Lebensläufe ausgesuchter Personen, etwa Markward von Annweiler oder Oswald von Wolkenstein, sowie Ausführungen zum Niedergang des Ritterwesens schließen den Band ab. Dieser bietet dem Leser mit einschlägigen Vorkenntnissen sicher nicht viel Neues. Dem interessierten und in der Materie nur wenig bewanderten Laien ist der Katalog mit der übersichtlich präsentierten und leicht verständlichen Zusammenfassung des Forschungsstandes, der anschaulichen Bebilderung, der überschauenden und einfachen Darstellung sowie den ergänzenden Literaturhinweisen jedoch zur Lektüre sehr zu empfehlen.

Bibliographische Angaben

Historischen Museum der Pfalz, Speyer: Schlunk, Andreas / Robert Giersch: Die Ritter. Geschichte - Kultur - Alltagsleben, Katalog zur Ausstellung \'Die Ritter\', Oktober 2003, Stuttgart 2003.
160 Seiten mit 230 meist farbigen Abbildungen.
ISBN 3806217912

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