In der Royal Academy of Arts zeigen aktuell sieben Architekten ihre originelle Baukunst, die die Bedeutung der Architektur demonstriert und die Besucher dazu einlädt, diese mit allen Sinnen wahrzunehmen. Ihre Installationen beleben auf beeindruckende Weise die Räume des Hauses. Karin Ego-Gaal ist durchgewandert.
Traditionelle Architektur, die eine Verführung der Sinne verspricht! »Sensing Spaces: Architecture Reimagined« ist die neue Architekturausstellung in der Royal Academy of Arts. Sieben der originellsten und innovativsten Architekten füllen die Räume der Royal Academy of Arts mit ihren Installationen, um die Bedeutung der Architektur zu demonstrieren. Diese ungewöhnliche Ausstellung bietet Architektur, die zu spüren ist, die angefasst werden möchte, die Fragen stellt, die unsere Sinne verführt und die durch ihre experimentellen Aspekte die Möglichkeit bietet, sich den Raum vorzustellen. Proportionen, Materialien, Geruch und Licht spielen eine bedeutende Rolle in der Wahrnehmung der einzelnen Installationen und verwandeln die Ausstellung in ein sinnliches Abenteuer.
Die sieben auserwählten Architekten eröffnen durch ihre unterschiedlichen kulturellen, geographischen und generationsübergreifenden Aspekte eine Vielfalt von Perspektiven und demonstrieren anhand ihrer Installationen ihr ganz persönliches Verständnis zur Architektur.
Pezo von Ellrichshausen aus Chile kreierte mit »Blue Pavilion« eine überdimensionale Holzbox, getragen von vier Zylindern. Auf den ersten Blick nicht sichtbar, sind die Treppen in jedem Zylinder, die sich wie Spiralen zur Plattform hochschlängeln und begehbar sind. Diese geometrische monumentale Konstruktion reicht fast bis unter die wunderbare Gewölbedecke der Galerie. Die einfache, jedoch durch die Größe, beeindruckende Struktur bietet drei distinktive Erfahrungen für den Besucher: Die erste davon bietet sich beim Herangehen und Umhergehen zwischen den massiven zylindrischen Säulen und kann mit anderen Besuchern geteilt werden; die zweite ist eine individuelle und sinnliche und erfüllt sich mit dem Begehen der Treppen, sie spielt mit der Wahrnehmung von Distanz und Zeit; die dritte ist allerdings die beeindruckendste und äußerst überraschend, denn durch die Höhe der Plattform kreiert sie eine neue Beziehung zwischen dem Besucher und der atemberaubenden Gewölbedecke. Die Installation spielt mit Gegensätzen: mit alt und neu, modern und historisch, mit der Einfachheit der geometrischen Formen und der Komplexität der Decke und kreiert dadurch eine neue Beziehung zwischen dem Besucher und dem wunderbaren Gebäude der Royal Academy of Arts.
»Architektur dreht sich für mich hauptsächlich um die Menschen und um Fragen wie: Wer ist der Benutzer? Wie wird dieses Gebäude genutzt? Kann ich die Bedürfnisse des Benutzers erfüllen? « Gedanken, die den afrikanischen Architekten Diebedo Francis Kere beim Kreieren inspirieren. Seine Installation erinnert an ein Iglu mit einem Tunnel, welches von einem Raum zum anderen führt. 60mm dicke, weiße gemusterte Plastikplatten, die miteinander verbunden sind, formen einen Bogen und stellen somit die Außenstruktur des Gebäudes dar. Diese Platten kommen aus Deutschland und werden normalerweise für Füllungen und Isolierungen zwischen den Wänden und Türen verwendet. Kere versucht oft, neues Potenzial für vorhandene Materialien zu finden und sie anzupassen. Interaktion und Adaption stehen im Mittelpunkt dieser Installation. Die Besucher werden animiert, die leuchtend bunten Plastikstrohhalme, welche in den Platten stecken, zu verändern und mit ihnen zu spielen. Ebenso erlaubt ist, es sich auf den Liegen und Stühlen bequem zu machen und das kokonartige Gebäude zu reflektieren. Keres Interesse ist es, bequeme Räume für informelle Zusammenkünfte zu kreieren und somit den Gemeinschaften zu helfen, ihre eigenen Inspirationen zu kreieren.
Im Gegensatz zu allen anderen Installationen der Ausstellung stellt der chinesische Architekt Li Xiaodong seine Kreation nicht als Objekt in einem Raum vor. »Concept image of environment« ist eher eine sequenzielle Fortführung von »Sensing Spaces« oder im ganzen betrachtet, der gesamten Royal Academy of Arts. Platten aus gleichmäßigen Ästen bilden die Wände des schmalen Ganges, welcher von LED Lampen aus dem Boden angestrahlt wird. Hin und wieder unterbrechen kleine Nischen aus Holz das Labyrinth, das in einem Zen Garten seinen Höhepunkt findet. Gleichmäßige graue Steine als Boden und ein großer Spiegel als Wand präsentieren das Ende des Weges, das Xiaodong als »einen Spaziergang durch einen Wald bei Nacht im Schnee« beschreibt. Der Architekt lädt den Besucher auf eine Entdeckungsreise ein; »sie können die alternativen Welten, die neben ihrer laufen, spüren und sich kreuzen«. Der Zen Garten soll einen Moment der Flucht aus der Realität Londons ermöglichen und zur Inspiration anregen.
Eine wahrhaft sinnliche Erfahrung bieten die beiden Installationen »pavilion « und »cave « des japanischen Architekten Kengo Kuma. Extra dafür gereifte 4mm dicke Bambusstäbe wurden gewählt, um die fragilen Formen zu kreieren und um den flüssigen Geruchsstoff der japanischen Zeder oder Tatami zu absorbieren und wieder freizugeben. Die Matrix aus sich wiederholenden Diamanten geformten Modulen ist einige Meter hoch und findet ihren Ursprung in LED beleuchteten kleinen Löchern im Boden. In den beiden komplett abgedunkelten Räumen erstrahlen die Gebilde wie kleine Wunderwerke: geflochten, inszeniert und durchtränkt spielen sie mit unseren Sinnen.
Wie kann Licht das Verständnis eines Raumes beeinflussen? Haben Sie die Sauelen im Annenberg Hof beim Eingang zur Royal Academy of Arts sofort bemerkt? Welche Installation hat Sie am meisten beeindruckt? Die Architekten der Ausstellung stellen sich und dem Besucher viele Fragen. Durch diese neue Interaktion des Besuchers mit der Architektur entsteht eine neue Wahrnehmung, welche unser Bewusstsein im Umgang mit der Umwelt verändert.