Buchrezensionen, Rezensionen

Stefano Zuffi: Versteckte Botschaften 2. Die Bilder der Meister der italienischen Renaissance entschlüsseln und verstehen, Parthas 2010

Das größte Rätsel des Buches verbirgt sich im Titel selbst: in Stefano Zuffis Buch erfährt man viel Wissenswertes aus der allgemeinen Kunstgeschichte, aber durchaus keine versteckten Botschaften. Ulrike Schuster hat sich für Sie auf Spurensuche begeben.

Zuffi © Cover Parthas
Zuffi © Cover Parthas

Kurz resümiert, stellt es nicht mehr, aber auch nicht weniger dar, als eine ausführliche und grundsolide Einführung in die Bildsprache der italienischen Renaissance: eine ideale Lektüre für den Einstieg in ein großes Kapitel der Kunstgeschichte, die sich jedoch keineswegs abseits der »allseits bekannte(n) kunsthistorischen Kategorien« bewegt, wie im Klappentext verkündet, sondern exakt inmitten derselben. Gerechterweise sollte man jedoch erwähnen, dass es sich hierbei vermutlich um dieselbe Publikation handelt, die im Englischen unter dem Titel „How to Read Italian Renaissance Painting“ erschien, was der Intention des Buches wesentlich besser entspricht.

Der Autor selbst ist der höchst produktive Verfasser von mittlerweile über vierzig Sachbüchern – darunter einer Geschichte des 15. Jahrhunderts, einer Geschichte des 16. Jahrhunderts, eines Bildlexikons »Erzählungen und Personen des Neuen Testaments«, alle gleichfalls bei Parthas erschienen, sowie eines Handbuches über die Renaissance, veröffentlicht bei Du Mont 2008.

Als Spezialist für lexikalisch gegliederte und übersichtlich durchorganisierte Bildbände setzt Zuffi auch diesmal gekonnt seine Stärken ein. Der Fokus der Publikation liegt auf der Erläuterung der wichtigsten Schlüsselbegriffe, die die Malerei der Renaissancezeit geprägt haben. Knapp zweihundert charakteristische Fachwörter, vom Tafelbild bis zum Humanismus, von der Vorzeichnung bis zum Genrebild, von der Zentralperspektive bis Sfumato und Chiaroscuro, werden in einer optisch sehr ansprechenden Präsentation vorgestellt.

Jeder Terminus findet seine Erklärung anhand eines bestimmten Gemäldes. Erfreulicherweise setzt Zuffi in seiner Ausführung nicht nur auf die bewährten Highlights, sondern stellt seinem Publikum auch gerne weniger bekannte Bilder beziehungsweise Künstler vor, womit er ein monotones Abfeiern der bekannten Größen vermeidet und Einblick in den künstlerischen Reichtum der Epoche gewährt.

Die glückliche Auswahl der Beispiele – eine gelungene Mischung von alten Meistern und neu zu entdeckenden Kleinodien – animiert zum Blättern und Schmökern, zumal die Abbildungen durch ihre technische Brillanz bestechen. Einmal ganzformatig wiedergegeben, hebt Zuffi besondere Details des jeweiligen Gemäldes in vergrößerten Ausschnitten hervor und ergänzt sie durch zusätzliche Informationen. Jedes Bild- und Begriffspaar nimmt solcherweise eine Doppelseite ein, woraus eine klare und gut leserliche Gliederung resultiert.

Die Texte sind bewusst kurz gehalten. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, allerdings sind sie manchmal doch recht allgemein und vage ausgefallen. Zuweilen sind sie sogar missverständlich, wie im Falle des Goldenen Schnitts. Zwar schreibt Zuffi richtigerweise, er »basiert auf einem definierten Verhältnis der Teile zum Ganzen«. Anstatt jedoch näher auf das spezifische Proportionsverhältnis einzugehen, lenkt er die Aufmerksamkeit des Betrachters irritierenderweise auf einen Pfeiler in der Architekturkulisse, der die Bildtafel mittig in zwei Hälften teilt.

Falsch liegt er übrigens mit seiner Behauptung, Leonardo da Vinci habe »als Einziger« die Figur des Vitruvs richtig wiedergegeben. Die zeitgenössischen Alternativen zum Vitruvianischen Problem findet man immerhin bereits bei Rudolf Wittkower »Grundlagen der Architektur im Zeitalter des Humanismus« ausführlich kommentiert. Und nicht zuletzt stößt man auch auf altbekannte, offene Interpretationsfragen, wie sie sich bei diesem Thema nicht vermeiden lassen, obwohl Zuffi das heikle Terrain der Ikonologie weitgehend ausklammert und auf der deskriptiven Ebene verbleibt.

Dennoch leistet das Buch im Bereich der Bildbeschreibungen viel Verdienstvolles. Die prägenden Begriffe, Stilmerkmale und Themen der bewegten Epoche werden anschaulich vor Augen geführt. In Kombination mit der chronologischen Reihung der Bilder spannt sich ein weiter Bogen, der die italienische Malerei des Quattro- und Cinquecento in ihrer Vielseitigkeit und Komplexität widerspiegelt. Die unterschiedlichen Schulen, regionale Unterschiede und die großen Entwicklungslinien werden übersichtlich dargelegt, ebenso wird die prominente Rolle der Auftraggeber deutlich herausgearbeitet.

Als opulenter Leckerbissen, als vergnügliche Bilderreise durch die Welt der italienischen Renaissance, aber auch als potentielles Nachschlagewerk, hat »Versteckte Botschaften 2« durchaus seine Qualitäten anzubieten.

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