Tagungen

Symposium: Richard Neutra – Welt und Wohnung. Zur Idee und Chance verantwortlicher Architektur am 5. Juni 2010 in Herford

Der österreichisch-amerikanische Architekt Richard Neutra (1892-1970), einer der wichtigsten Vertreter der „klassischen Moderne”, wurde vor allem durch seine Häuser in Südkalifornien berühmt. Loos hatte Neutra für die moderne US-Architektur, insbesondere die Bauten Frank Lloyd Wrights, interessiert. Neutra beschloss daher 1923, gemeinsam mit seiner Frau in die USA überzusiedeln. In seinen Entwürfen zeigte Neutra Sinn für die Schaffung eines modernen kalifornischen Stils, er verband darin eine leichte Metallkonstruktion mit Stuckelementen zu einem hellen, durchlässigen Ensemble. Dabei spezialisierte er sich auf die Einbettung von Architektur in sorgfältig arrangierte Gärten und Landschaften, wie es auch seinem eigenen Haus deutlich wurde. Ihn inspirierte insbesondere der Kontrast geometrischer Formen zur freien Natur, – ein Eindruck, der vor allem durch die Fotos populär wurde, die Julius Shulman von seinen Bauten machte.

Das Symposium ist eine Begleitveranstaltung zur Ausstellung „Richard Neutra in Europa – Bauten und Projekte 1960 – 1970“ im Marta Herford in Kooperation mit der Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur

Programm

ab 9.30 Uhr
„Architektenfrühstück“ im Marta Café (nicht in der Tagungsgebühr enthalten)

10.30 Uhr
Begrüßung durch Roland Nachtigäller (Künstlerischer Direktor Marta Herford)
und Hubertus Adam (Zürich)

10.45 – 12.00 Uhr
Bildvortrag von Prof. em. Thomas S. Hines (UCLA, Los Angeles, USA):
„Richard Neutra: A life for Architecture”

Der Vortrag des Neutra-Spezialisten vermittelt einen vielschichtigen Überblick über Leben und Werk des Architekten. Hines würdigt Richard Neutras Beitrag zur Architekturgeschichte und untersucht seine Ideen anhand ausgewählter Beispiele seines Schaffens im Zeitraum von 1927 bis in die 1960er Jahre in und über Kalifornien hinaus: ausgehend von seiner Kindheit und Studienzeit in Wien über seine Tätigkeit in den Büros von Erich Mendelsohn in Berlin nach dem Ersten Weltkrieg sowie von Frank Lloyd Wright in Wisconsin Mitte der 1920er Jahre bis zu seiner Zeit in Los Angeles seit dem Jahr 1925, wo
sich erst eine kurze Zusammenarbeit mit Rudolph Schindler ergab, bevor Neutra sein eigenes Büro gründete. (Vortrag in englischer Sprache)

12.15 – 13.15 Uhr
Bildvortrag von Jens Casper (Berlin):
„Ich habe Neutra nie getroffen“

Als Vertreter der jüngeren Generation gibt Jens Casper einen Einblick in das eigene Schaffen – in die Arbeit eines Architekten, dessen preisgekrönte Wohnhausbauten von denen Richard Neutras in Struktur und Materialität inspiriert sind. In seinem Vortrag stellt Casper außerdem seine persönliche Auseinandersetzung mit dem Werk Richard Neutras dar, und geht in einer theoretisch-künstlerischen Reaktion auch auf die Frage nach der Aktualität von Richard Neutra ein. So untersucht er u.a., inwieweit Neutras Art und Weise, die Fragestellungen seiner Zeit zu erforschen und architektonisch umzusetzen, mit heutigen Herangehensweisen und Interpretationen vergleichbar ist, und in welchem Maße sie für die zeitgenössische Architektur bedeutsam geblieben ist.

13.15 – 14.30 Uhr
„Architektenlunch“ im Marta Café (nicht in der Tagungsgebühr enthalten)

14.30 – 15.30 Uhr
Bildvortrag von Dr. Ing. Rena Wandel-Hoefer (Saarbrücken):
„Zur Architekturtheorie Richard Neutras“

Richard Neutra verstand seine Architekturtheorie als eine „Ethik des Bauens“, eine Verantwortung, die aus dem Wissen um die komplexe Verflochtenheit des Menschen mit seiner Umwelt erwächst. Seine Auseinandersetzung mit philosophischen Grundlagen, seine Einbindung und seine Position innerhalb zeitgenössischer Geistesströmungen, seine Faszination für humanbiologische Wissenschaften wie Medizin, Physiologie und Psychologie, seine sehr eigenständige Interpretation des Funktionalismusbegriffs, die Einflüsse von Lehrern und Vorbildern und schließlich ihre Synthese in Schriften und der architektonischen Ordnung seiner Bauten sind Thema des Vortrags.

15.45 – 16.45 Uhr
Bildvortrag von Stephan Trüby (Zürich):
„Neutra, Psychoanalyse und Architekturtheorie“

Sigmund Freud hatte mit einer Wertschätzung sachlicher Wohnformen, wie sie in Wien um 1900 am prominentesten von Otto Wagner vertreten wurde, nichts am Hut. Stattdessen lebte er inmitten einer überbordenden Sammlung archäologischer Objekte. In diese ebenso dunklen wie familiären Schutz versprechenden Innenräume fällt zwar die Erfindung der Psychoanalyse, ihre weltumspannende Karriere allerdings nicht. Die Architektur der globalisierten Psychoanalyse, so Stephan Trüby, lässt sich vielmehr mit den modernen, lichtdurchfluteten Bauten des gebürtigen Wieners Richard Neutra assoziieren.

17.00 – 17.45 Uhr
Vortrag von Prof. Dr. Ingeborg Flagge (Bonn):
„Neues Denken – neue Welt – neue Architektur“

In ihrem Vortrag beleuchtet Prof. Flagge das Umfeld und die Entstehung der Architektur der 1960er Jahre in Deutschland und ermöglicht aus diesem Blickwinkel eine spezielle Sicht auf das Schaffen Richard Neutras: Im Vergleich zu der verbreiteten Alltagsarchitektur in dieser Zeit nimmt Neutra neben einigen anderen Architekten eine Ausnahmeposition ein, denn das Bauen folgte überwiegend den Gesetzen der Vorfabrikation, wodurch eine zunehmenden Anonymisierung in der Architektur eintrat. Flagge zeigt die politischen, wirtschaftlichen und soziologischen Gründe dafür auf, die diese in besonderem Ausmaß in Deutschland entwickelten „anonymen“ Architekturformen begünstigten und hervorbrachten, da dort aufgrund der Kriegszerstörungen eine erhöhte Bautätigkeit notwendig geworden war.

18.00 – 18.45 Uhr
Abschließende Diskussion / Round Table

18.45 – 20.00 Uhr
Ausklang und gemeinsamer Rundgang durch die Ausstellung „Richard Neutra in Europa – Bauten und Projekte 1960 – 1970“
Moderation der Veranstaltung: Hubertus Adam (Zürich)

Weitere Informationen

Die Tagungsgebühr beträgt 50 Euro, ermäßigt 25 Euro (inkl. Ausstellungseintritt und Kaffee). Um Anmeldung wird gebeten.
Die Veranstaltung ist als Fortbildung (4 Std.) für Mitglieder der Architektenkammer anerkannt. Eine Teilnahmebescheinigung wird vom Veranstalter erteilt.

Kontakt:
Tel. 05221 994430 28
Email: franziska.brueckmann@marta-herford.de

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