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Tagung: Die Renaissancen der Renaissance. Die Aneigung einer Epoche in der marxistischen Kunstgeschichtsschreibung, am 19. und 20. März 2015 in Greifswald

Dass insbesondere geisteswissenschaftliche Forschung immer auch durch den Zeitgeist geprägt ist, steht außer Frage. Ob Phänomene der Gegenwart oder der Vergangenheit, jede Epoche hat ihren ganz eigenen Zugang zu ihnen. Die Tagung des Alfred Krupp Wissenschaftskollegs in Greifswald will daher den Umgang der marxistischen Kunstgeschichte mit der Renaissance untersuchen.

Die Renaissanceforschung kann als ein Experimentierfeld kunsthistorischer Forschung par excellence betrachtet werden. Mit Jacob Burckhardt beginnend, über die Kennerschaft bei Bernard Berenson, die Formengeschichte Heinrich Wölfflins, die kulturgeschichtlichen Zugänge bei Aby Warburg bis hin zur sozialgeschichtlichen Analyse künstlerischer Prozesse bei Frederick Antal und Deutung der Renaissance in einer global verstandenen Kunstgeschichte, wie sie zuletzt von Hans Belting oder Claire Farago vorgeschlagen wird, war und ist die Renaissance der kunstgeschichtlichen Forschung gleichsam Anlass und Prüfstein neuer Deutungsmodelle, methodischer Überlegungen und Theorien. Eine solche besondere Rolle kam der Renaissance auch in der kunstgeschichtlichen Forschung in den Ländern, die nach 1945 unter die Hegemonie der Sowjetunion fielen, zu. Die Skizzierung einer länderübergreifenden Renaissanceforschung hinsichtlich einer zeitlichen wie räumlichen Ausdifferenzierung kann nur ansatzweise gelingen angesichts der komplexen Verschränkungen von nationalen Diskursen, innerfachlichen Diskussionen und methodischen Ausrichtungen. Es gilt hierbei Traditionslinien, die in der Zwischenkriegszeit geprägt wurden, gleichermaßen zu beachten wie die Versuche eine marxistische Kunstgeschichtsschreibung zu etablieren. Auch wenn sich die Forschung dieser Ideologisierung kaum entziehen konnte, so brachte doch die intensive Auseinandersetzung mit dem Paradigma des Realismus, mit dem Marxismus wie auch mit den aktuellen politischen Bedingungen – sei es in ihrer offensiven Annahme oder subversiven Abwehr – neue methodische Zugänge und Fragestellungen hervor, die einen eigenen Beitrag zur kunstgeschichtlichen Forschung darstellen. Exemplifizieren lässt sich dies anhand der Diskussionen um den Begriff des Manierismus und das Verständnis der damit beschriebenen künstlerischen Erscheinungen. Während in der VR Polen und der USSR aufgrund des eigenen Denkmälerbestandes mit einer ‚vernakulären‘ polnischen Renaissance (Jan Bialostocki) oder einer rudolphinischen Hofkunst eine positive Besetzung erfolgte, herrschte in der Sowjetunion eine negative Beurteilung vor. Diese intern und extern bedingten Differenzen und Verflechtungen in der kulturpolitischen wie historiographischen Beurteilung der Renaissance und des Manierismus sollen im Rahmen des Workshops diskutiert werden.

Programm

Donnerstag, 19. März 2015

18.00 Uhr Abendvortrag
Krista Kodres (Tallinn): Stil und Bedeutung. Konkurrierende Renaissancemodelle in der polarisierten Welt des Kalten Krieges

Anschließend Abendempfang im Krupp-Kolleg

Freitag, 20. März 2015

9.00 Uhr
Thematische Einführung: Marina Dmitrieva (Leipzig) / Antje Kempe (Greifswald)

9.30 Uhr
Maciej Górny (Warszawa): Renaissance ist ein Fremdwort. Marxistische Geschichtsschreibungen Ostmitteleuropas auf der Suche nach 'fortschrittlichen Traditionen'

Pause

I. KONSTRUKTION DER RENAISSANCE
Moderation: Antje Kempe (Greifswald)

10.30 Uhr Impulsreferat
Robert Born (Leipzig): Die Renaissance aus nationaler und in internationaler Perspektive. Beobachtungen zur Situation in Ungarn zwischen 1945 und 1989
Respondentin: Ute Engel (München)

12.30 Mittagspause

II. REKONSTRUKTION DER RENAISSANCE
Moderation: Tomasz Torbus (Gdansk / Leipzig)

14.00 Uhr Impulsreferat
Wojciech Balus (Kraków): Die Sigismundkapelle in Krakau oder die Renaissanceforschung zwischen dem wissenschaftlichen Diskurs der Stalinzeit und dem venezianischen Spiegel des eisernen Vorhangs
Respondent: Ivan Gerát (Bratislava)

Pause

III. DEKONSTRUKTION DER RENAISSANCE: SONDERFALL MANIERISMUS
Moderation: Marina Dmitrieva (Leipzig)

16.00 Uhr Impulsreferat
Milena Bartlová (Praha): Troubles with Mannerism: Czech Art History between Nationalism and Postmodernism
Respondent: Milan Pelc (Zagreb)

Pause

19.15 – 20:15 Uhr
Podiumsdiskussion mit Arnold Bartetzky (Leipzig), Katja Bernhardt (Berlin), Marina Dmitrieva (Leipzig) und Antje Kempe (Greifswald)

Kontakt/Anmeldung: kempea(at)uni-greifswald.de

Veranstaltungsort:
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald
Martin-Luther-Straße 14
D-17489 Greifswald

Konzeption: Marina Dmitrieva (GWZO Leipzig), Antje Kempe (Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald)

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