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Tagung: Frankfurt als Zentrum unter Zentren? Kunsttransfer und Formgenese am Mittelrhein 1400 – 1500, am 5. und 6. Juni 2015 in Frankfurt am Main

Die Auf- und Abwertung der „Kunstlandschaft“ als Terminus operandi ist ein Dauerthema der Kunstgeschichte. Am Beispiel des Mittelrheins widmet sich die Tagung dem Transfer zwischen der Region um Frankfurt und anderen Kulturlandschaften.

Die Auf- und Abwertung der „Kunstlandschaft“ als Terminus operandi ist ein Dauerthema der Kunstgeschichte. So fragte die ältere Diskussion der Kunst am Mittelrhein beispielsweise vor allem danach, wie der Mittelrhein als Kunstlandschaft geografisch zu bestimmen und die „mittelrheinische Kunst“ formal zu spezifizieren sei. Die Entwicklung der spätgotischen Kunst am Mittelrhein, die bekanntlich von wiederholtem, strukturellem Wandel begriffen war, wird jedoch besser fassbar, wenn man sie als dynamische Einheit im engen Verbund mit verschiedenen kulturellen Faktoren sowie überregionalen Einflüssen betrachtet. Der Begriff der Kunstlandschaft versteht den Mittelrhein in dieser Sichtweise als Kommunikationsgefüge durchlässiger Grenzen zwischen mehr oder wenig stark ausgebildeten (über-)regionalen Kunstzentren. Die Kategorie „Stil“ stellt sich hierbei als Medium historischer, ästhetischer und kultureller Kommunikation dar. Mit Blick auf die Kunst am Mittelrhein kann Stil einerseits als Ausdrucksform sich wandelnder regionaler Repräsentationsformen bestimmt werden, andererseits als Vermögen, sich vorgegebenen Bildkonventionen zu entziehen und so eine reflexive ästhetische Identität zu erzeugen.

Entscheidend ist zudem, dass beide Aspekte „Kunsttransfer“ und „Formgenese“ im Zusammenhang produktiver, nicht selten sich sprunghaft wandelnder Netzwerke unterschiedlicher Kulturträger gesehen werden. Es wird davon ausgegangen, dass die frappierende künstlerische Heterogenität, die sich formal äußert, ihre Grundlage in der spezifischen Transfer- und Kommunikationsstruktur am Mittelrhein hat und auf diese zurückwirkt und dass sich darin beispielsweise die innovativen Formexperimente um 1400 beschreiben lassen, in der Neugierde am Fremden, an der Verbindung verschiedener Gattungen etc. dominieren. Demgegenüber steht wiederum die passive Heterogenität der lokalen Kunstproduktion um 1500.

Die dynamischen Netzwerke – etwa der Auftraggeber und Künstler – am Mittelrhein aufzuspüren und repräsentative Ausdrucksformen in ihrem kausalen Facettenreichtum zu rekonstruieren, ist Ziel der internationalen Tagung. Erstmals soll insbesondere auch die Rolle der Freien Reichs- und Messestadt Frankfurt als Produktions- und Distributionsort spätmittelalterlicher Kunst genauer beleuchtet und zur Debatte gestellt werden. Es wird weiterhin gefragt, ob die Betrachtung der Kunst am Mittelrhein unter den Parametern der Vernetzung und des (über-)regionalen Kunsttransfers zu übergeordneten Erkenntnissen über die Formgenese im Allgemeinen führen kann.

Programm

Freitag, 05. Juni 2015

09.30 Uhr Corinna Engel/Historisches Museum Frankfurt, Begrüßung der Tagungsteilnehmer

09.40 Uhr Begrüßung und Einführung: Formgenese und Kunsttransfer
Martin Büchsel (Frankfurt am Main)

Sektionsleitung: Berit Wagner (Frankfurt am Main)

10.15 Uhr Regina Schäfer (Mainz): Lokale Zentren ohne Mitte – herrschaftliche Heterogenität und überregionale Vernetzung am Mittelrhein im Spätmittelalter

11.00 Uhr Uwe Gast (Freiburg): Von mittelrheinischer Kunst zur Kunst am Mittelrhein – Glasmalerei um 1430 – 1450 in Frankfurt, Oppenheim und Partenheim

11.45 – 13.30 Uhr Mittagspause

13.30 Uhr Marc C. Schurr (Straßburg): Die stilgeschichtliche Verortung der spätgotischen Architektur des Mittelrheins – ein Problem von Zentrum und Peripherie?

14.15 Uhr Ute Engel (München/Mainz): Virtuosentum. Hängemaßwerk als Import-/Exportgut der Gotik am Mittelrhein

15.00 Uhr Kaffeepause

Sektionsleitung: Jacqueline Jung (New Haven)

15.30 Uhr Bruno Klein (Dresden): “Die Sippe der Eseler“

16.15 Gregory Bryda (New Haven): Raum, Rahmen, und Reliquie: die Eselers am Mittelrhein und in Mittelfranken
17.00 Uhr Assaf Pinkus (Tel Aviv): Materia and Res of Late Medieval Wooden Sculpture in the Middle Rhine

Samstag, 06. Juni 2015

Sektionsleitung: Martin Büchsel (Frankfurt am Main)

09.00 Uhr Juliane von Fircks (Berlin): Vernetzt: Bildaufgaben, Auftraggeber und Formfindung in der Skulptur um 1400 am Mittelrhein

09.45 Uhr Hilja Droste (Frankfurt am Main): Konservatismus als Statement? Die zögerliche Aufnahme von Neuem in der Retabelkunst um 1500 am Mittelrhein

10.30 Kaffeepause

11.15 Uhr Berit Wagner (Frankfurt am Main): Gemälde und Skulpturen für den Kunsthandel? Die Frankfurter Messe als Drehscheibe für den Kunsttransfer im 15. Jahrhundert

12.10 Uhr Michaela Schedl (Bozen): Tafelmalerei in Frankfurt um 1500: eigene Kunstproduktion und Importe

12.45 – 14.30 Uhr Mittagspause (ab 13.30 Kaffee im Rententurmfoyer vor dem Sonnemann-Saal)

Sektionsleitung: Hilja Droste (Frankfurt am Main)

14.30 Uhr Stephan Kemperdick (Berlin): Ein unbekanntes Zentrum der Malerei im 15. Jahrhundert: Frankfurt am Main

15.15 Uhr Martin Büchsel (Frankfurt am Main): Das Gothaer Liebespaar oder Theseus und Ariadne?

16.00 Abschlussdiskussion

Im Anschluss besteht für die Tagungsteilnehmer die Möglichkeit einer gesonderten Turmführung im Kaiserdom St. Bartholomäus im Rahmen der Veranstaltung: „Domturmtag - 600 Jahre Grundsteinlegung“ (Organisation Dommuseum).

Konzeption: Martin Büchsel, Hilja Droste, Berit Wagner (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Veranstaltungsort: Historisches Museum Frankfurt, Leopold Sonnemann-Saal

Kontakt:
bwagner@kunst.uni-frankfurt.de
sowie
droste@kunst.uni-frankfurt.de

Eintritt: frei, verbindliche Anmeldung nicht erforderlich

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