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Tagung: II. Forum Kunst der Neuzeit: Codierungen. Phänomene der Umwertung von Kunst, vom 4. bis 6. Oktober 2018 in Bonn

Das zweite Forum Kunst der Neuzeit des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft e.V. in Bonn und dem Kunsthistorischen Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ist dem Phänomen der Überschreibung, Neubewertung oder Umwertung in der deutschen Kunst von der Frühen Neuzeit bis zum ersten Drittel des 19. Jh.s gewidmet.

»Code«, ein Leitbegriff der semiotischen Analyse von Zeichensystemen, prägt Modelle der Codierung, die spätestens seit Stuart Halls Aufsatz Kodieren/Dekodieren (1977) einen zentralen Bereich auch der Kulturwissenschaften darstellen: Die Übertragung einer Nachricht müsse kontextgebunden analysiert werden, der Empfänger oder Konsument habe ebenso großen Einfluss auf den Produzenten wie umgekehrt. Luhmann definierte Kunst nicht als Summe der Artefakte, sondern der Kommunikationen über Kunst, Umberto Eco wies in La struttura assente (1968) auf die Bedeutung visueller Codes für die Verbindung von Bedeutungs- und Ausdrucksebene hin.

In welchen Bereichen frühneuzeitlicher deutscher Kunst kommt es zu Umwidmungen und Umwertungen? Das Konzept der Codierung soll erstmals grundlegend anhand kunsthistorischer Problemfelder definiert und diskutiert werden. Ausgehend von der soziologischen, semiotischen und medienwissenschaftlichen Definition ist zu konstatieren, dass Kunstwerke, ob Gemälde, Medaille, Radierung, in den meisten Fällen eine Codierung, Decodierung oder Umnutzung erfahren, durch neue Besitzer, einen veränderten räumlichen Kontext (Museum, Kupferstichkabinett, Bibliothek, Archiv), aber auch durch bauliche Veränderungen. Bereits bei der kunsthistorischen »Dokumentation«, bei der Fotografie, findet eine Codierung statt. In welchen Kontexten ist Codierung von Farbe zu konstatieren, welche Artefakte wurden einer Codierung von Nationalität/Ethnie/Geschlecht unterworfen? Wie funktionieren Überschreibungen/Neucodierungen im Bereich der Kunsttheorie oder der Künstlerbiographik?

Welche Schulen haben innerhalb der Fach- und Wissenschaftsgeschichte spezifische Codierungen geprägt, gefestigt, revidiert? Welchen Anteil daran hat die spezifische Situation territorialer Zersplitterungen, konfessioneller Konflikte, des Verhältnisses von Peripherie und Zentrum im Alten Reich? Die Praxis, die Kunstwerke einer Epoche unter einem einzigen Begriff wie »Deutsche Reformationskunst« oder »Deutsche Aufklärungskunst subsumiert, impliziert auch eine Codierung der Medien, die erst in der Zukunft – im Rückblick – erfolgen kann. Lassen sich Codes für die Jahrhunderte der Neuzeit für das Alte Reich und im Vergleich hierzu Gemeinsamkeiten und Unterschiede bezogen auf Nachbarländer oder die sogenannte Neue Welt ausmachen? Auch aktuelle Positionen im Bereich der Sammlungsgeschichte und Provenienzforschung wie auch der Wissenschaftsgeschichte im Hinblick auf Codierung und Umwertung sollen innerhalb der Tagung verhandelt werden.

Programm

Donnerstag, 4. Oktober 2018

14:00 Uhr
Ortstermine / Führungen:

  • Kurfürstliches Schloss (Hauptgebäude der Universität) und Poppelsdorfer Schloss -Georg Satzinger / Eric Hartmann, Bonn
  • Gipsabguss-Sammlung - Harald Wolter-von dem Knesebeck, Bonn

Treffpunkt: Tagungsbüro im KHI, Hauptgebäude Regina-Pacis-Weg 1, Universität, 1. Obergeschoss (Tagungsbüro)

KHI, Übungsraum
Workshop: Inschriften als Mittel der Codierung – Leitung: Helga Giersiepen (Bonn)

  • Jörg H. Lampe (Göttingen): Vom spätmittelalterlichen Altarretabel zum lutherischen Kanzelaltar. Umgestaltung und (Re-)Kontextualisierung anhand von Beispielen aus dem niedersächsischen Raum
  • Verena Kessel (Bonn): Über-Schriften in unendlicher Zahl? Umwertung durch Inschriften in der lutherischen Kirche in Lieberhausen
  • Sonja Hermann (Bonn): Codierung durch Schrift I: Die Frühhumanistische Kapitalis
  • Helga Giersiepen (Bonn): Codierung durch Schrift II: Epigraphische Schrift und Schriftelemente als Bedeutungsträger in der frühen Neuzeit

18:00 Uhr
Festsaal
Grußworte

  • Prof. Dr. Volker Kronenberg, Dekan der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
  • Birgit Ulrike Münch, Geschäftsführende Direktorin des Kunsthistorischen Instituts
  • Wolfgang Augustyn, Vorsitzender des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft

18:30 Uhr
Festsaal
Podiumsdiskussion
Moderation: Birgit Ulrike Münch / Roland Kanz (Bonn)

  • Daniela Bohde (Stuttgart)
  • Nils Büttner (Stuttgart)
  • Daniel Hess (Nürnberg)
  • Bernhard Maaz (München)
  • Anna Schreurs-Morét (Freiburg)

Freitag, 5. Oktober 2018
KHI Übungsraum/HS IX

09:00 Uhr
Sektion: Akademisches und museales »doing Renaissance« im Vergleich – Leitung: Anne-Marie Bonnet (Bonn)

  • Joseph Imorde (Siegen): Die Jugendwerke des Michelangelo
  • Sandra Hindriks (Konstanz): Dem »sterbenden Mittelalter« entrissen? Zur epochalen Neubewertung der Niederländischen ars nova in Musealer Ausstellungspraxis und im akademischen Diskurs
  • Corina Meyer (Stuttgart): Der lange Arm der Gründung? Untersuchung der Neuzeit-Konzepte heutiger Museumspräsentationen vor dem Hintergrund der Sammlungsentstehung

10:30 Uhr Kaffeepause

11:30 Uhr
Sektion: Neuer Besitzer, neue Bedeutung? – Sammlungsgeschichte und Objektbiographie – Leitung: Eckhard Leuschner (Würzburg)/ Susanne Müller-Bechtel (Würzburg)

  • Constanze Köster (Kiel): Das Goschhof-Retabel im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum. Funktions- und Deutungswandel in 500 Jahren
  • Antonia Putzger (Bielefeld): »… ein schönes Kunst- und gut papistisch Stück«. Zur Rezeption des religiösen Bildes in der Kammergalerie Maximilians I. von Bayern
  • Susanne Wegmann (Köln): Anleitung zur Deutung. Zur Funktion von Kopien in den Sammlungen Kurfürst Maximilians I. von Bayern und Kaiser Rudolfs II.

13:00 Uhr Mittagspause

14:30 Uhr
Sektion: Fragmente und Fragmentierungen als Codes in der Kunst der Vormoderne – Leitung: Charlotte Mende (Bonn)/ Esther-Luisa Schuster (Köln)

  • Kirsten Lee Bierbaum (Köln): Fragment und Erzählung. Zerstörung und Inszenierung von Spolien im barocken Lateran
  • Anna Degler (Berlin): »Oublier la destruction«? Aneignung und Umwertung des Torso Belvedere im Kontext frühneuzeitlicher Kunst und Kulturgeschichte

15:30 Uhr Kaffeepause

16:30 Uhr
Sektion: Eiserne Körper: Rüstungen als Medien höfischer Repräsentation in der Frühen Neuzeit – Leitung: Ariane Koller (Bern)/ Anna Pawlak (Tübingen)

  • Jeannet Hommers (Köln): Die Rüstung des Hofriesen Bartlmä Bon als Schauobjekt und Medium höfischer Repräsentation
  • Antje Kempe (Greifswald): Die letzten Rüstungen. Der Harnisch als memoriales Körperbild
  • Judith Rauser (Hamburg): Unvergänglich stählern, ewig männlich, wahrhaft deutsch? – oder: Von der Reaktivierung der Rüstung an der Schwelle zur Moderne

19.00 Uhr
LVR-LandesMuseum Bonn
Empfang
Grußwort von Dr. Gabriele Uelsberg, Direktorin
Vortrag von Lothar Altringer (Bonn) zur geplanten Neugestaltung der Dauerausstellung
anschließend Abendöffnung und Umtrunk im Foyer

Samstag, 6. Oktober 2018

09:00 Uhr
KHI, Übungsraum
Sektion: Umcodierung in der deutschen Romantik – Leitung: Iris Berndt (Potsdam)

  • Anke Fröhlich-Schauseil (Dresden): Sehtraditionen und ihre Umwertung im Zeitalter der Empfindsamkeit. Zur Ikonografie spätbarocker Figurenszenen im Werk des Malers Johann Eleazar Zeißig, gen. Schenau (1737–1806)
  • Christian Neddens (Saarbrücken): Neubestimmte Wirklichkeit. Zur Theologie des Bildes bei Caspar David Friedrich zwischen Spätorthodoxie und Frühromantik
  • Christian Scholl (Hildesheim): Wie die Romantiker sich von der Autonomieästhetik zu lösen suchten und von dieser wieder vereinnahmt wurden

10:30 Uhr Kaffeepause

11:30 Uhr
KHI Übungsraum/HS IX
Sektion: Technik-Codes – Leitung: Magdalena Bushart (Berlin)/ Henrike Haug (Berlin)

  • Andreas Huth (Berlin): Guter Ton, schlechter Ton. Codierungen glasierter Terracotta aus der Della Robbia-Werkstatt
  • Christine Göttler (Chicago): Recodierungen der Ölmalerei um 1600: Karel van Mander, Cornelis Ketel und Hendrick Goltzius
  • Monika Wagner (Hamburg): »Das Bildhauerische und das Plastische«. Die taille directe im Industriezeitalter
  • Philippa Sissis (Berlin): Aus der Zeit – in die Zeit? Die humanistische Minuskel als Artefakt und Produkt

13:00 Uhr
Schluss der Veranstaltung (das Hauptgebäude wird abgeschlossen)

Konzeption und Organisation:

  • Wolfgang Augustyn (München)
  • Dorothea Diemer (Augsburg)
  • Roland Kanz (Bonn)
  • Birgit Ulrike Münch (Bonn)
  • Andreas Tacke (Trier)

Tagungsorte:
Hauptgebäude der Universität Bonn, Regina-Pacis-Weg 1, 53113 Bonn
LVR-LandesMuseum Bonn, Colmanstraße 14-16, 53115 Bonn

Anmeldung und weitere Informationten unter www.dvfk-berlin.de

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