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Tagung: Sharing Heritage - Die Teilhabe am kulturellen Erbe als Bürger- und Menschenrecht, vom 10. bis 13. Mai 2018 in München

Die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte e.V. widmet sich in ihrer Tagung dem Kulturerbethema 2018: Sharing Heritage. Sie geht davon aus, dass jedermann ein Recht auf kulturelle Teilhabe hat, das seinen Einfluss auf den Umgang mit Kulturerbe, seiner Restaurierung und Zerstörung ausübt.

In den zurückliegenden Jahren erfährt das kulturelle Erbe eine stärkere Bedeutungszumessung, die im Falle ihrer breiten Akzeptanz die gesellschaftliche und auch rechtliche Bedeutung von Archäologie und Denkmalschutz nochmals wesentlich verändern könnten. Wir möchten dies im Rahmen unserer Jahrestagung analysieren und debattieren, um frühzeitig auf anstehende Veränderungen und Herausforderungen eingestellt zu sein.

Was in Krisengebieten gilt, sollte auch für Europa gültig sein?
Mit einem Blick insbesondere auf die Zerstörung von Kulturdenkmälern durch Terroristen und den illegalen Antikenhandel ist man geneigt, o. g. Forderungen und Visionen erfreut und mit Überzeugung zuzustimmen. Doch wie, wenn dieses Recht auf kulturelle Teilhabe wirklich umfassend gelten würde, also für Jedermann und auch hier, in Europa? Wie, wenn unterschiedliche Gruppen mit widerstrebenden Ansichten ihre Ansprüche auf kulturelles Erbe erheben, Mehrheitsmeinung gegen (schützenswerte) Minderheiten steht? Der chinesische Künstler Ai Weiwei hatte diese Frage schon vor Jahren auf seine eigene Weise gestellt: Bedeutet Recht auf Teilhabe ggf. auch das Recht, Kulturgut zu zerstören, um Kultur zu schaffen, z.B. eine kostbare Vase der Han-Dynastie zu zerstören oder neolithische Tonvasen erheblich zu transformieren für neue Kunstwerke.

Man nickt schnell, wenn die Zerstörung von Kulturgut in Kriegsgebieten zur Verletzung von Menschenrechten erklärt wird (Human Rights Council, Resolution 33/20). Doch gilt das Menschenrecht auf kulturelles Erbe und eine intakte Kulturlandschaft (Konvention von Florenz, 2000/2004) nicht genauso für – beispielsweise – Bürger in Sachsen und Brandenburg sowie im Rheinland, wo mit riesigen Tagebauen eine flächendeckende, weitestgehend undokumentierte Zerstörung von Kulturgut und -landschaft einhergeht? Wie gehen wir mit den neuen Flächenverbräuchen für die »gute«, begrüßenswerte Energiewende um? Dürfen wir weiterhin, weil es uns für unser Leben als unerlässlich notwendig erscheint, in einer Güterabwägung Kulturgut in so hohem Ausmaß bewusst zerstören? Wie steht es um die Rechte und Pflichten von Bürgern (Nicht-Archäologen) – gerade dann, wenn sie andere Bewertungen vornehmen, als es der Fachwelt aus Denkmalpflegern und Archäologen ethisch oder wissenschaftlich korrekt erscheint?

Eine notwendige Debatte führen, um auf die Zukunft vorbereitet zu sein
Im ersten europäischen Kulturerbejahr 2018 mit dem besonderen Motto »Sharing Heritage« möchte die Jahrestagung der DGUF den Blick dafür schärfen, dass hier nicht ein breiter Konsens und eine umfassende Einigkeit besteht, vielmehr ein Ringen um das Setzen von Prioritäten und rechtlichen Rahmenbedingungen für den Kulturgutschutz notwendig ist und dass der Gedanke einer Teilhabe Aller an kulturellem Erbe ebenso nachvollziehbar wie konfliktbehaftet ist. Ein breiteres Nachdenken, ein Vertiefen des Problembewusstseins, ein genaueres Stellen von wichtigen Fragen und erste Handlungsansätze wären ein wertvolles Ergebnis dieser Tagung.

Aus DGUF-Sicht soll es bei »Sharing Heritage« nicht allein um das optimale Behüten der Vergangenheit gehen, sondern auch um eine Ausrichtung der Archäologie auf einen Nutzen für Gegenwart und künftige Generationen.

Die Vorträge werden in der im Open Access erscheinenden Zeitschrift der DGUF, »Archäologische Informationen«, publiziert.

Programm

Donnerstag, 10. Mai

11.00 Uhr
Vorstands- und Beiratssitzung der DGUF (nicht öffentlich)

14.00 Uhr
Mitgliederversammlung der DGUF, bis 18.30 Uhr. In der Pause: Führung auf Burg Grünwald durch Dr. Harald Schulze, ASM. (für DGUF-Mitglieder)

16.00 Uhr
Stadtführung: »München - Geschichte, Kultur und Biergenuss«, bis 17.30 Uhr. Treffpunkt Marienplatz, Fischbrunnen. (Parallel zur Mitgliederversammlung für anreisende Tagungsteilnehmer)

20.00 Uhr
Fakultativ: Gemeinsames Abendessen im Giesinger Bräustüberl (Martin-Luther-Straße 2, 81539 München)

Freitag, 11. Mai

8.45 Uhr
Diane Scherzler M.A. (DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR UR- UND FRÜHGESCHICHTE E. V.): Begrüßung und Einführung in das Tagungsthema

»Sharing Heritage« - Von der Ethik der Teilhabe und den Schwierigkeiten einer Praxis

9.00 Uhr
Katharina Möller M.A. (PRIFYSGOL BANGOR UNIVERSITY, GROSSBRITANNIEN): Menschenrechte, Bürgerbeteiligung und Denkmalschutz – aber wie?

9.30 Uhr
Elisabeth Monamy M.A. (ARCHEOMUSE): Sharing Heritage. Eine Selbstverständlichkeit?

10.00 Uhr
Sigrid Peter (VEREIN ZUR ERHALTUNG UND ERFORSCHUNG DER BURG RIED AM RIEDERBERG & ARCHAEO PUBLICA - VEREIN ZUR FÖRDERUNG DER BÜRGERBETEILIGUNG AN ARCHÄOLOGIE): »Die sitzen doch alle im Elfenbeinturm!« Oder: Spannungsfelder in der Zusammenarbeit zwischen BürgerInnen und ForscherInnen

10.30 Uhr Kaffeepause

11.00 Uhr
Harald Rosmanitz (ARCHÄOLOGISCHES SPESSARTPROJEKT – INSTITUT AN DER UNIVERSITÄT WÜRZBURG): Über das Bohren dicker Bretter: Bürgerbeteiligung bei der Erforschung von mittelalterlichen und neuzeitlichen Bodendenkmalen im Spessart

11.30 Uhr
Carmen Löw M.A. (KURATORIUM PFAHLBAUTEN): Denkmalschutz in Hallstatt – Eine lehrbuchartige Kommunikationskrise in Österreich

12.00 Uhr
Prof. Dr. Cornelius Holtorf (LINNÉ-UNIVERSITÄT KALMAR, SCHWEDEN): Probleme mit dem Kulturerbe als Modell kollektiver Identitätsbildung

12.30 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr
Dr. Christian Bollacher & Dr. Barbara Hausmair (LANDESAMT FÜR DENKMALPFLEGE IM REGIERUNGSPRÄSIDIUM STUTTGART/ESSLINGEN REFERAT 84.2 OPERATIVE ARCHÄOLOGIE): Dark Heritage – »Lagerarchäologie« zwischen Bürgerinitiativen, Denkmalpflege und Geschichtsvergessenheit

14.30 Uhr
Roland Linde (HISTORIKER UND PUBLIZIST): Die Externsteine – Ein Natur- und Kulturdenkmal im Spannungsfeld von Esoterik, Neuheidentum und Wissenschaftsskeptizismus

15.00 Uhr
Dr. Carsten Paludan-Müller (NIKU - NORWEGIAN INSTITUTE FOR CULTURAL HERITAGE RESEARCh): Hague and Faro – destruction and intention

15.30 Uhr Kaffeepause

16.00 Uhr
Marcus Cyron (WIKIMEDIA DEUTSCHLAND): Sharing Heritage in der Wikipedia: Das Internetlexikon und seine Schwesterprojekte als Global Player bei der weltweiten Dokumentation von Kulturgut

16.30 Uhr
PD Dr. Frank Siegmund (DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR UR- UND FRÜHGESCHICHTE E.V.): »Openness« im wissenschaftlichen Publikationswesen als notwendiger Teil von »Sharing Heritage«

17.30 Uhr
Öffentlicher Abendvortrag von Dr. Harald Schulze (ARCHÄOLOGISCHE STAATSSAMMLUNG MÜNCHEN): Kulturelles Erbe, Raubkunst, Restitution. Fallbeispiele, Theorie und Praxis (bis 18.30 Uhr)

19.00 Uhr
Fakultativ: Gemeinsames Abendessen beim Brückenwirt an der Isar, unterhalb Burg Grünwald

Samstag, 12. Mai

»Sharing Heritage« in internationalen Konventionen und Diskursen, im nationalen Recht und Denkmalrecht

9.00 Uhr
Prof. Laurajane Smith PhD (THE AUSTRALIAN NATIONAL UNIVERSITY, CENTRE FOR HERITAGE AND MUSEUM STUDIES): Vortragstitel folgt

9.30 Uhr
Prof. PD Mag. Dr. Raimund Karl FSA FSASCOT MCIFA (PRIFYSGOL BANGOR UNIVERSITY, GROSSBRITANNIEN): Aufklärung, Menschenrechte und Bürgerbeteiligung an der archäologischen Denkmalpflege

10.00 Uhr
Dr. Gerhard Ermischer (CIVILSCAPE): Das kulturelle Erbe - Eine europäische Herausforderung

10.30 Uhr Kaffeepause

11.00 Uhr
Dr. Sophie Hüglin (VIZEPRÄSIDENTIN EUROPEAN ASSOCIATION OF ARCHAEOLOGISTS): Bewertende Abgrenzung oder begleitende Abwägung: der widersprüchliche Umgang mit dem kulturellen Erbe im 21. Jahrhundert

11.30 Uhr
Dr. Ulf Ickerodt M.A. (ARCHÄOLOGISCHES LANDESAMT SCHLESWIG-HOLSTEIN): Öffentlichkeit, Teilhabe und Geschichtskultur und deren föderalen Umsetzung – Ein archäologisch-denkmalpflegerischer Kommentar aus Schleswig-Holstein zu einer akademischen Scheindebatte

12.00 Uhr
Jens Crueger (DIGITAL-HISTORIKER UND LANDTAGSABGEORDNETER [SPD] IN BREMEN): Öffentliche Beteiligung beginnt mit öffentlicher Sensibilisierung. Der Natur-, Arten- und Tierschutz als Beispiel für den Kulturgüterschutz?

12.30 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr
Meike Gerchow (DENKMALNETZ BAYERN): Denkmalnetz Bayern – Sechs Jahre Erfahrungen mit bürgerschaftlichem Engagement zum Schutz unseres baukulturellen Erbes

14.30 Uhr
PD Dr. med. Tobias Pflederer (BAYERISCHE GESELLSCHAFT FÜR UNTERWASSERARCHÄOLOGIE E. V.): »Sharing heritage« an der Welterbestätte Roseninsel im Starnberger See. Gratwanderung zwischen Miteinander und Gegeneinander aus der Sicht des Ehrenamtes

15.00 Uhr Kaffeepause

15.30 Uhr
Gemeinsame Schlussfolgerungen / World Café mit allen Tagungsteilnehmern und Vortragenden (bis 17:30 Uhr)

19.00 Uhr
Fakultativ: Gemeinsames Abendessen im Hofbräukeller am Wiener Platz (München, Altstadt)

Sonntag, 13. Mai

8.00 Uhr
Exkursion: Die UNESCO-Welterbestätte Roseninsel im Starnberger See (Pfahlbauten, Taucharchäologie, Nutzungskonflikte) (Führung PD Dr. med. Tobias Pflederer & Michael Heinzlmeier M.A.); röm. Villa Leutstetten (Führung Prof. C. S. Sommer, BLfD). Bus & Fähre, Bus endet München HBf. Exkursion bis max. 15 Uhr.

Tagungsort: Archäologische Staatssammlung München, Burgmuseum Grünwald, Zeillerstraße 3, 82031 Grünwald bei München

Informationen zur Anmeldung unter www.dguf.de/451.html.

Weitere Informationen zum Programm und Abstracts der Vorträge unter www.dguf.de.

Informationen zum Europäischen Kulturerbejahr 2018 unter sharingheritage.de.

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