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Tagung: Spektakel als ästhetische Kategorie: Theorien und Praktiken, vom 19. bis 21. November 2015 in Jena

In einer interdisziplinären Tagung widmet man sich in Jena und Weimar dem Spektakel. Dieses wird ohne die heute eher negative Wertung des Begriffs untersucht und als ästhetische Gattung in Kunst und Kultur genau unter die Lupe genommen. Zu Wort kommen dabei Wissenschaftler aus Kunstgeschichte und Philosophie, Literatur-, Film-, Tanz-, Theater- und Medienwissenschaft.

Als Spektakel werden alltagssprachlich kulturelle, sportliche oder auch politische Veranstaltungen bezeichnet, die sich an ein größeres Publikum richten und durch Strategien der sinnlichen Überwältigung, des Erstaunens und der affektiven Berührung gekennzeichnet sind. Aufgrund der v.a. sinnlich-körperlichen Rezeptionserfahrung und der Betonung oberflächlicher Schaulust wird das Spektakel dabei oft als Ausdrucksform der Unterhaltungs- und Populärkultur angesehen. Der Begriff dient somit auch als Differenzierungskriterium der so genannten hohen von der niederen Kultur. Insbesondere in der kultur- und medienkritischen Tradition, die in Guy Debords "Die Gesellschaft des Spektakels" (1967) einen Höhepunkt gefunden hat, wird er mit einer sinnentleerten, abstumpfenden und isolierenden Konsumkultur gleichgesetzt. Diese Kritik beruht u.a. auf der Opposition spektakulärer Formate zu bürgerlichen Konzeptionen von Kunst und ihren Idealen der Autonomie, Kontemplation, Distanz, Kritik und tieferen Bedeutung. In der langen und wirkungsvollen Geschichte des Spektakels verlaufen Theorie und Praxis indes nicht immer parallel, oft steht der gesellschaftliche Umgang mit spektakulären Strategien und Effekten sogar im Widerspruch zu deren kulturellen und ästhetischen Bewertungen.

Bei der Tagung wird im Gegensatz zum normativen, moralischen oder kulturellen Verständnis eine neutralere, zunächst v.a. deskriptive Verwendung des Spektakelbegriffs vorgeschlagen. Im Zentrum des Interesses stehen seine charakteristischen Eigenschaften, die theoretischen Dimensionen sowie die historisch unterschiedlichen Typen, medialen Formate, Funktions- und Bewertungsweisen. ‚Spektakel‘ und ‚Spektakularität‘ sollen so als spezifische ästhetische Darstellungs- und Rezeptionsmodi in verschiedenen Kontexten erfasst sowie als analytische Kategorien für kunsttheoretische, kultur- und gesellschaftspolitische Fragestellungen im interdisziplinären Austausch produktiv gemacht werden.

Programm

Donnerstag, 19. November 2015
Ort: Friedrich-Schiller-Universität Jena (Senatssaal, Universitätshauptgebäude, Fürstengraben 1)

13.00 Uhr
Simon Frisch, Elisabeth Fritz, Rita Rieger: Begrüßung und Einführung

Sektion I: Theorien und Begriffsfelder des Spektakels
Moderation: Claudia Tittel (Weimar)

14.00 Uhr
Lorenz Aggermann (Gießen): Guy Debord und die Kirchenväter. Zur Kritik an theatralen und spektakulären Versuchsanordnungen

14.45 Uhr
Carsten Juwig (Hamburg): Schauspiele des Unsichtbaren. Paulinus von Nola und die Kunst des Spektakels

16.00 Uhr
Kirsten Maar (Berlin): Between Spectacle and Theatricality: Zu den Erfahrungsdimensionen aktueller Ausstellungsinszenierungen

16.45 Uhr
Sarah Hegenbart (London): Spektakel und Introspektion: Christoph Schlingensiefs „African Twintowers“

18.00 Uhr
Nicola Gess (Basel): Techniken des Spektakulären: Barockoper ‚revisited‘

Freitag, 20. November 2015
Ort: Bauhaus-Universität Weimar (Oberlichtsaal, Hauptgebäude, Geschwister-Scholl-Straße 8A)

Sektion II: Spektakuläre Medien, Strategien und Wirkungen
Einführung: Elisabeth Fritz (Jena)
Moderation: Linn Burchert (Jena)

09.00 Uhr
Christiane Voss (Weimar): Ästhetik der Illusion

09.45 Uhr
Daniel Hess (Nürnberg): Albrechts Altdorfers Triumphzug: Mediale Innovationen und Bild-Spektakel der Frühen Neuzeit

11.00 Uhr
Martin Hähnel (Eichstätt): Spektakel und Liturgie – Eine rezeptionsästhetische Annäherung

11.45 Uhr
Katherina Keller-Grein (Kassel): Die „spectacles quotidiens“ in „Anicet ou le panorama, roman“ von Louis Aragon

Sektion III: Spektakuläres Wissen: Kunst – Körper – Kultur
Einführung: Rita Rieger (Graz)
Moderation: Eva Gillhuber (Graz)

14.00 Uhr
Antje Géra (Hamburg): Die Bildlichkeit des Spektakels : Traumbild, Spiegelbild und dialektisches Bild

14.45 Uhr
Teresa Hiergeist (Erlangen): Hörner, die die Welt bedeuten. Der Stierkampf im Theater des „siglo de oro“

16.00 Uhr
Kassandra Nakas (Berlin): Spektakel als epistemische Kategorie? Louis Figuier und sein „théâtre scientifique“ (1877-89)

16.45 Uhr
Jadwiga Kamola (Heidelberg): Patienten-Porträts im 19. Jahrhundert: Zwischen Linie und Exorbitanz

17.30 Uhr
Ulf Otto (Hildesheim): Energien des Spektakels

Samstag, 21. November 2015
Ort: Friedrich-Schiller-Universität Jena (Senatssaal, Fürstengraben 1)

Sektion IV: Das Spektakel in Politik, Identitätsbildung und Alltag
Einführung: Simon Frisch (Weimar)
Moderation: Jacob Franke (Jena)

10.00 UIhr
Ivo Ritzer (Bayreuth): Spektakel, Schaulust, Subalterität: Zur Politisierung einer globalen Medienkultur der Attraktionen

10.45 Uhr
Astrid Matron (Berlin/Jena): Geschichte als Bild. Ästhetische Strategien im Historien-Spektakel

12.00 Uhr
Tanja Schwan (Hildesheim/Leipzig): Manzoni und das Melodrama – der Roman als Generator einer Ästhetik des Spektakulären

12.45 Uhr
Micha Braun (Leipzig): „Look, this whole world is but a work of art!“ Künstlerischer Aktionismus der 1980er Jahre in Mittel und Osteuropa und sein Verhältnis zur verborgenen Spektakularität des sozialistischen Alltags

Ein Kooperationsprojekt der Bauhaus-Universität Weimar, Friedrich-Schiller-Universität Jena und Karl-Franzens-Universität Graz. Gefördert durch die Fritz-Thyssen-Stiftung für Wissenschaftsförderung.

Konzept und Organisation

Dr. Simon Frisch
Bauhaus-Universität Weimar, Dozentur Film- und Medienwissenschaft
Bauhausstraße 11, D-99423 Weimar
Tel.: +49 (0)3643 58 37 37
email: simon.frisch@uni-weimar.de
www.uni-weimar.de/de/medien/professuren/film-und-medienwissenschaft

Dr. Elisabeth Fritz
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Kunsthistorisches Seminar, Lehrstuhl für Kunstgeschichte
Frommannsches Anwesen, Fürstengraben 18, D-07743 Jena
Tel.: +49 (0)3641 9 44 165
email: elisabeth.fritz@uni-jena.de
www.kunstgeschichte.uni-jena.de

Dr. Rita Rieger
Karl-Franzens-Universität Graz, Zentrum für Kulturwissenschaften
Attemsgasse 25/II, A-8010 Graz
Tel.: +43 (0)316 380 80 98
email: rita.rieger@uni-graz.at
zentrum-kulturwissenschaften.uni-graz.at

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