Tagungen

Tagung: Stadt(planungs)geschichte als Gesellschaftsgeschichte, am 8. April 2011 in Weimar

Gab es Formen kritischer Öffentlichkeit in den Städtebaudebatten der DDR? Wie verhielten sich Architekten und Stadtplaner im Spannungsfeld von offizieller Baupolitik, Architekturdoktrin und eigenem Berufsverständnis? Welchen Anteil hatten sie an der Formulierung des gesellschaftlichen Auftrags, wie kommunizierten sie mit dem »gesellschaftlichen Auftraggeber«? Diesen Fragen widmet sich die Tagung der Bauhaus-Universität-Weimar.

Um nach dem »Verborgenen Reformdiskurs in der Städtebaudebatte der DDR« fragen zu können, muss die heute verbreitete Dichotomie von Herrschaft und Alltag bei der Analyse der DDR Geschichte überwunden werden.


Wir wollen uns nicht mit der Untersuchung der deklarierten offiziellen Städtebaupolitik und –programmatik von oben zufrieden geben, sondern stärker nach den institutionellen Vermittlungen zwischen Wissenschaft, Politik, der Berufspraxis von Architekten und Ingenieuren und der tatsächlichen Bauproduktion fragen und so die Diskursstrukturen des DDR Städtebaus sichtbarmachen.Weder kann die Stadtplanungsgeschichte nur als Politikgeschichte von oben (als Herrschaft), noch allein als praktische Problemlösung vor Ort (als Alltag) begriffenwerden. Stadtplanung wird erst dann als Gesellschaftsgeschichte erklärbar, wenn die Akteur- und Diskursstrukturen, wenn die Auseinandersetzungen von oben und unten sowie zwischen und in den Institutionen selbst erkennbar werden und zu den realen Entwicklungsproblemen von Architektur und Städtebau in Beziehung gesetzt werden. Es wird sich zeigen, dass hierbei immerwieder auch Formen kritischer Öffentlichkeit eingelagert waren. Allerdings blieben sie strukturell schwach und hatten ihre Schranke im Demokratie-Defizit des Staatssozialismus. Dennoch gilt es, Initiativen, Konzepte, Personen und Institutionen zu identifizieren, die eher für einen partizipativen und problematisierenden, für einen demokratischen Ansatz standen bzw. solche, die eher denmachtgestützten und doktrinären Ansatz repräsentierten.


Die historisierende und (selbst)kritische Problematisierung des Verhaltens von Akteuren von Architektur und Städtebau in der DDR hat dabei keine nur historiographische Perspektive.Die Dialektik von Verhalten und Verhältnissen wirkt auch (wenn auch anders) inmodernen bürgerlichkapitalistischen Gesellschaften fort. Die Beantwortung der Frage nach der gesellschaftlichen Konstitution des Auftrags und des Auftraggebers und die Erarbeitung und Bewahrung einer kritischen, möglichst unabhängigen Haltung von Seiten der Architekten und Planer bleibt auch für zukünftige Generationen integraler Teil ihres Berufsverständnisses und somit notwendig Reflexionsgegenstand jeder Hochschulausbildung. Auch für die Bauhaus-UniversitätWeimar ist dies eine besondere Verpflichtung.

Programm:


10:00 Begrüßung: Prof. Dr.MaxWelch Guerra (Bauhaus-UniWeimar), Dr. Thomas Flierl (Hermann-Henselmann-Stiftung),
Dr. Christoph Bernhardt (IRS)

1. AUFBRÜCHE IN WEIMAR
Moderation: Thomas Flierl
10:15 Dr. ChristianeWolf (Archiv derModerne an der Bauhaus-UnversitätWeimar):
Die Umgestaltung der Hochschule für Baukunst und bildende KünsteWeimar unter ihremDirektor
Hermann Henselmann (1946–1949) und die Städtebaudiskussion des Neuanfangs nach demKrieg.
10.45 Rückfragen/ Diskussion
11:00 Prof. Dr.MaxWelch Guerra: Räumliche Planung und Reformpolitik an der HABWeimar
11:30 Rückfragen/Diskussion

2. INSTITUTIONELLE STRUKTUREN EINER KRITISCHEN FACHÖFFENTLICHKEIT IN DER DDR
Moderation: Christoph Bernhardt
11:45 Dr. Harald Engler (IRS): Die Städtebaudebatte und das institutionelle Systemdes DDR-Bauwesens in den 1980er Jahren
12:15 Dr. Frank Betker (ILS): Die Perspektive der kommunalen Stadtplaner und Architekten auf die Institutionen
und Strukturen des Bauwesens
12:45 Rückfragen/Diskussion
13:15 Mittagspause
14:15 Dr.-Ing.Wulf Brandstätter / Dr.-Ing. Hans-Peter Kirsch: Zu Funktion und Diskurs der Stadtarchitekten
14:45 Prof. Dr. Rolf Kuhn: Stadtsoziologie als Partner der kommunalen Praxis und die Städtebaudebatte in den 1980er Jahren
15:15 Dr. sc. Bruno Flierl: Kommentar
15:30 Prof. Dr.Wolf R. Eisentraut: Kommentar
15:45 Rückfragen/Diskussion
16:15 Kaffeepause


3. ÖFFNUNGEN: DEMOKRATISIERUNG DER STADTENTWICKLUNG
Moderation:Max Welch Guerra
16:45 Dr. Harald Kegler: Die Bauhaus-Kolloquien inWeimar
17:15 Prof. Dr. Harald Bodenschatz / Prof. Dr. Iris Reuther: Das 2.Walter-Gropius-Seminar in Dessau 1989
17:45 Prof. Dorothee Dubrau /Dr.Mathias Berndt: Bürgerbewegungen und Stadterneuerung
18:15 Dr. Bernd Hunger: Planungskultur und deutsch-deutscher Einigungsprozess


ABSCHLUSS
19:15 Dr. Thomas Flierl: Vorläufige Thesen

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