Call for Papers

Tagung: Zwischenräume – Geschlecht, Diversität und Identität im Comic, vom 17. bis 19. September 2018 in Köln

Die Jahrestagung der Gesellschaft für Comicforschung (ComFor) widmet sich der Frage wie Geschlechter im populären Medium wiedergegeben werden. Freilich begegnen den Lesern hier oftmals Stereotype, aber der Comic besitzt auch das Potenzial diese Stereotype zu unterwandern. Die Tagung widmet sich dem Phänomen.

Der Comic ist über Dekaden hinweg als populärkulturelles Massenphänomen wahrgenommen worden, das (geschlechter-)stereotype Darstellungen manifestiert und damit gesellschaftlich fest- und fortschreibt. So gehört etwa das Bild des besonders hilflosen, passiven, dafür aber umso attraktiveren weiblichen Opfers genauso zum Repertoire des Darstellungskanons wie die Repräsentation eines strahlenden, weißen, heterosexuellen, muskulösen Helden, dessen Hauptaufgabe darin besteht, die Welt und ihre Bewohner*innen vor unsäglichem Unheil zu bewahren. In diesem Sinne scheint sich der Comic also nicht zwingend von anderen (massen-)medialen Formen zu unterscheiden, die im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit eine Tendenz zur Verallgemeinerung und zum Klischee aufweisen. Auch die Reaktionen auf die weltweiten Anti-Comic-Kampagnen der 1950er-Jahre und die damit einhergehende Selbstzensur vieler Comicverlage verweisen aus historischer Perspektive exemplarisch auf heteronormative und oftmals xenophobe Tendenzen der massenmedialen Comic-Kultur, die sich lange in der Demographie ihrer Produzent*innen widerspiegelten. Als populäres und oftmals marginalisiertes Medium ist der Comic jedoch nie in dieser Rolle als (reaktionärer) Stabilisator aufgegangen. Vielmehr verfügt das Medium über eine gesellschaftspolitische Dimension, die Comic-Schaffende seit jeher dazu veranlasst hat, Zwischenräume kreativ zu nutzen, um (gesellschaftliche) Normen zu hinterfragen und zu unterlaufen.

Comics sind bildliche und zugleich ‚sequenzielle Kunst’: Es handelt sich um ein visuelles Medium, welches sich genauso durch die statische Abfolge von Bildern wie durch die Leerstellen zwischen diesen Bildern definiert. Die sequenziellen Bilder des Comics folgen also nicht ‚nahtlos’ aufeinander, sondern sind durch eine Ansammlung von Lücken gleichzeitig voneinander getrennt und miteinander verbunden. Diese ‚Zwischenräume’ können als Verweis auf einen Ort des ‚Nicht-Gezeigten’ inszeniert oder interpretiert werden, welcher einer endgültigen, in sich geschlossenen ‚Wahrheit’ entsagt und die Möglichkeit alternativer Weltsichten eröffnet, die jenseits des gesellschaftlichen Status Quo angesiedelt sind. Gleichzeitig bezieht sich der Titelbegriff der geplanten Tagung ‚Zwischenräume’ aber auch auf die Hybridität und Uneindeutigkeit des Bild und Text kombinierenden Mediums Comic: Als ‚Zwischen-Medium’ stellt der Comic eine grenzüberschreitende Form dar, die sich gängigen, auf hierarchischen und hegemonialen Strukturen basierenden Klassifizierungen sowie Ausschlussmechanismen widersetzt und dabei das (produktive) Potenzial besitzt, als ‚natürlich’ geltende binäre Oppositionen – wie z.B. Subjekt/Objekt, Natur/Kultur, Mann/Frau, echt/unecht, gut/schlecht, normal/anormal, weiß/schwarz oder heterosexuell/homosexuell – ins Wanken zu bringen. Unter gewissen Umständen besitzt der Comic also das Potenzial, rigide Dichotomien aufzubrechen, und eröffnet somit einen Raum für die Darstellung von ‚Zwischentönen’ – von Brüchen, Differenzen und Vielfalt.

Im Rahmen der 13. Wissenschaftstagung der Gesellschaft für Comicforschung wird diesem produktiven Potenzial des Mediums nachgegangen und es sollen somit verschiedene Formen der Zwischenräume und -töne im Comic, aber auch in seiner Produktion und Rezeption sichtbar gemacht werden. Im Vordergrund der sowohl international als auch interdisziplinären Tagungsbeiträge wird dabei die Frage stehen, wie Geschlecht, Identität und Diversität in der sequenziellen Kunst dargestellt und verhandelt werden. Indem queer-feministische und intersektionale Perspektiven sowie Ansätze der Disability Studies mit aktuellen Ansätzen der interdisziplinären Comicforschung verbunden werden, soll das diskursive Ineinandergreifen und Zusammenwirken gesellschaftlich konstruierter identitäts- und differenzstiftender Kategorien wie Geschlecht, Sexualität, Alter, Klasse, Nationalität, Dis/Ability, Religion oder Ethnizität in den Fokus der Veranstaltung rücken. Die 13. Jahrestagung der Gesellschaft für Comicforschung soll so dazu beitragen, Ausschließungen, Machtstrukturen sowie (hetero-)normative Zuweisungen im Medium Comic aufzuspüren und ihre gesellschaftspolitische sowie mediale Form der (Re-)Produktion einer differenzierten Betrachtung sowie kritischen Analyse zu unterziehen.

Programm

Montag, 17. September 2018

10:30 Uhr
Mitgliederversammlung der Gesellschaft für Comicforschung e.V. (ComFor)

12:00 Uhr Mittagspause

13:00 Uhr
Begrüßung und Einführung: Organisatorinnen | ComFor-Vorstand | Prorektorat für Gleichstellung und Diversität der Universität zu Köln

13:30 Uhr
Artistic Lecture
Philip Crawford (Berlin, GER): My Noose Around That Pretty’s Neck
Moderation: Barbara Margarethe Eggert

14:15 Uhr
Panel 1: Representations of Dis/Ability
Moderation: Anne Waldschmidt

  • Olga Tarapata (Köln, GER): Between Crooked Lines: Disability in E.T. Russian’s Feminist Comic Books
  • Natalie Veith (Frankfurt a.M., GER): Othering Voices and the Voice of the Other: The Depiction of Joseph Merrick in From Hell
  • Jonas Neldner (Köln, GER): Noir Surrealism: The Hybrid Bodies of Charles Burns

15:45 Uhr Kaffeepause

16:15 Uhr
Panel 2: Graphic Medicine: Intersections of Comics, Health and Corporeality
Moderation: Christina Maria Koch

  • Susan Merrill Squier (Pennsylvania, USA): The Spaces Between: Negotiating Gender and Race in Transdisciplinary Comics Collaborations
  • Irmela Marei Krüger-Fürhoff (Berlin, GER): Telling and Showing Dis/Continuities: Comics on Dementia
  • Alexandra Alberda (Poole, UK): The Gaze, the Other and the Exhibit: Curating Graphic Medicine

17:45 Uhr Kaffeepause

18:30 Uhr
Keynote 1
Tahneer Oksman (New York City, USA): An Art of Loss
Moderation: Véronique Sina

Dienstag, 18. September 2018

9:30 Uhr
Panel 3: Making Comics and Exhibiting their Physicality
Moderation: Christine Gundermann

  • Erin La Cour (Amsterdam | Utrecht, NL): No Longer In-Between: Towards a Social Abstraction in Comics Exhibitions
  • Ann Miller (Leicester, UK): The Nude and the Naked: from Fine Art to Comics
  • Katharina Brandl (Basel, CHE) | Anne Elizabeth Moore (Detroit, USA): Do What You Love, or: About Precarious Living and Working Conditions in the Comics Industry

11:00 Uhr Kaffeepause

11:30 Uhr
Panel 4: (Trans-)Cultural Identities
Moderation: Laura Schlichting

  • Anne Magnussen (Odense, DNK): Mexican Comics and the Revolution
  • Anna Nordenstam (Gothenburg, SWE) | Margareta Wallin Wictorin (Karlstad, SWE): Talking Back Strategies in Swedish Feminist Comics
  • Nina Mickwitz (London, UK): Precarity and the Gendered Migrant Body in Nina Bunjevac’s Heartless

13:00 Uhr Mittagspause

14:45 Uhr
Panel 5: (De-)Constructing Race and Ethnicity
Moderation: Marie Schröer

  • Priscilla Layne (Chapel Hill, USA): Weyhe’s Postcolonial Approach to the Documentary Graphic Novel
  • Jonathan W. Gray (New York City, USA): Descendants of Kings and Queens: Black Panther and Entangled African Cosmopolitanism
  • Jaqueline Berndt (Stockholm, SWE): Destabilizing Gender but not Race? Effeminate Boys, Caucasian Appearances, and Uncertain ›Gutters‹ in (Shōjo) Manga

16:15 Uhr Kaffeepause

16:45 Uhr
Panel 6: Superheroes Revisited: Intersections of Gender and Genre
Moderation: Stephan Packard

  • Jeffrey Brown (Ohio, USA). Batman: Anchor for the Space Between
  • Ranthild Salzer (Wien, AUT). bjectifying the Male: Early Superhero Comics as Fantasies of Masculinity
  • Olivia Hicks (Dundee, UK): »No Place for Trespassers«: The Supercats and the British Superheroine

18:15 Uhr Kaffeepause

19:00 Uhr
Keynote
Carolyn Cocca (New York City, USA): Reproducing Inequality and Representing Diversity: The Politics of Gender in Superhero Comics
Moderation: Nina Heindl

Mittwoch, 19. September 2018

9:00 Uhr
Panel 7: Structures of Power and Difference in Superhero Comics
Moderation: Lukas R.A. Wilde

  • Markus Engelns (Duisburg-Essen, GER): The ›Man of Tomorrow‹ as Copy Template – Male Hegemony and its Reproduction in Superhero Comics
  • Thomas P. Scholz (St. Louis, USA): Deconstructing the Superhero Genre: BDSM, Hypersexuality and Marshal Law
  • Juliane Blank (Saarbrücken, GER): Rethinking the World of a Female Superhero. Marvel’s Jessica Jones as an Example of a Gender-Sensitive Marvel Adaptation

10:30 Uhr
Kaffeepause

11:00 Uhr
Panel 8: Queering Comics
Moderation: Daniel Stein

  • Frederik Byrn Køhlert (Norwich, UK): Queer as Style: Ariel Schrag’s High School Comic Chronicles
  • Romain Becker (Lyon, F): The Binary Comics of a Non-Binary Artist: How Vaughn Bodé’s Gender Structures his Work
  • José Alaniz (Seattle, USA): TranSiberia and Queer Comics in Russia

12:30 Uhr Mittagspause

14:00 Uhr
Panel 9: Fluide Körper
Moderation: Ole Frahm

  • Marina Rauchenbacher (Wien, AUT) | Katharina Serles (Dresden, GER): Gerahmt und zerstückelt. Zeichenhaftigkeit und Wahrnehmung von Körpern in Comics
  • Anna Beckmann (Berlin, GER): Strategien der Ambivalenzen – Uneindeutige Geschlechteridentitäten im Comic
  • Daniela Kaufmann (Graz, AUT): Color Change & Gender Fluidity. Zur Korrelation von Farbe und Geschlecht bei George Herrimans Krazy Kat

15:30 Uhr Kaffeepause

16:00 Uhr
Panel 10: Alternative Comics und Feminismus
Moderation: Dietrich Grünewald

  • Sylvia Kesper-Biermann (Hamburg, GER): »…denkt lieber mal nach, wie das so zu Hause bei euch läuft«. Geschlechterverhältnisse in Alternativ-Comics der 1970er Jahre
  • Kalina Kupczynska (Łódź, PL): BLUT, oder: Gender und Nationalität im polnischen Comic
  • Sophie Bürgi (Basel, CHE): »Common scents«: Geruchsregime und affektive Zwischenräume in Lynda Barrys Comic One! Hundred! Demons!

17:30 Uhr
Abschlussdiskussion
Moderation: Nina Heindl | Véronique Sina

Konzeption: Christine Gundermann (Universität zu Köln | Historisches Institut), Nina Heindl (Universität zu Köln | a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne), Véronique Sina (Universität zu Köln | Institut für Medienkultur und Theater)

Tagungsorganisation: Nina Heindl (Universität zu Köln | a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne), Véronique Sina (Universität zu Köln | Institut für Medienkultur und Theater)

Ausstellungsorganisation: Christine Gundermann (Universität zu Köln | Historisches Institut)

Kontakt: comfortagung2018@gmail.com

Anmeldung: Für die Teilnahme an der Tagung bitten wir um vorherige Anmeldung bis zum 31. August 2018 per Mail an: comfortagung2018@gmail.com.

Weitere Informationen auf der Website der Gesellschaft für Comicforschung.

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