Ausstellungsbesprechungen

Tapas – Spanish Design for Food, Musseu del Disseny Barcelona, bis 21. Mai 2017

Tapas erfreuen sich großer Beliebtheit und beeindrucken gerne einmal durch ihr hübsches Arrangement auf dem Teller. Doch auch das Tapas-Geschirr selbst hat einiges zu bieten. Eine Ausstellung im Design-Museum in Barcelona widmet sich den kreativen Ideen, die rund um die kleinen Snacks entstanden sind. Karin Ego-Gaal hat sie sich angesehen und ist begeistert.

Tapas sind cool, trendy, klein, perfekt zum Teilen und werden sogar als gesundes Fast Food bezeichnet. Dieser kleine Happen Köstlichkeit eroberte nicht nur die Welt der Gourmets, sondern auch die des Designs. Es gibt viele Geschichten über seine Tradition und Herkunft: In Andalusien etwa wurden Weinkaraffen mit einem Stück Brot bedeckt, um den Wein vor Fliegen zu schützen. Die plausibelste Erklärung jedoch ist, dass die Tapas in Wirtshäusern kostenlos angeboten wurden, um die Gäste zu animieren, Wein zu trinken.

Die derzeitige Ausstellung »Tapas« im Design Museum Barcelona beweist einmal mehr, dass Kochen und Design nicht nur einen weltweiten Boom erleben, sondern vor allem in Spanien schon seit längerem eine Avantgarde-Rolle für sich beanspruchen. Alles rund um den Genuss von Tapas steht im Mittelpunkt der Ausstellung, welche in drei Teile unterteilt ist: Küche, Tisch und Essen. Eine Explosion von Farben und Formen; Sinnlichkeit und Innovation stehen im Einklang mit talentierten Designern und herausragenden Chefs.

Eine bedeutende Rolle in der Beziehung zwischen industriellem Design und Essen spielen das Restaurant »elBulli«, welches fünfmal als bestes Restaurant der Welt ausgezeichnet wurde, und sein Sternekoch Ferran Adria. Er vor allem initiierte 1997 die Zusammenarbeit mit spanischen Designern und sogar Juwelieren. Ferran Adria hatte ganz klare Vorstellungen von der Präsentation seiner kulinarischen Kreationen und wollte vor allem für seine »petit-fours« etwas ganz Besonderes und Anspruchsvolles; das Resultat waren »little lunacies«, kleine Metallteller, inspiriert von den Origami-Formen des Designers Riera Gasso. Ein großartiger, inspirierender Dialog begann damit.

Viele Designs faszinieren durch das Zusammenspiel von außergewöhnlichen Materialien, Formen und Funktion, wie etwa die Teller und Tassen von Gerard Tejero Lopez. »Taca« ist eine aus weißem Porzellan geformte längliche Tasse, in die perfekt ein Biscuit hineinpasst, ohne dass man ihn zerteilen muss. So ist das Getunke hiermit zumindest salonfähig. Das gilt gleichermaßen für seine Teller, welche am Rand eine kleine Vertiefung haben zum perfekten Ausschlürfen von Suppe oder Soße.

Ein anderes ikonisches spanisches Design ist die Olivenölkaraffe von Rafael Marquina. Eigentlich hat er diese schon 1961 designt, sie wurde aber erst 1980 bekannt; zuerst jedoch als Avantgarde-Objekt, dann aber als alltäglicher Gebrauchsgegenstand. Das kluge Design dieser aus Glas geformten Karaffe hat den Vorteil, dass das Olivenöl beim Ausgießen nicht tropft. Ihr Designer Marquina erzählte die Geschichte dazu, dass er als kleiner Junge immer Ärger mit seiner Mutter hatte, als er wegen der tropfenden Olivenölkaraffe oft die Tischdecke ruinierte. Anspruch trifft hier auf Perfektion und es ist kein Wunder, dass dieses Modell zu den am meist kopierten der Welt zählt.

Ohne Design wäre das Essen oft wohl etwas schwieriger und langweiliger. Sogar die Lebensmittel selbst wurden Designstandards unterzogen wie z.B. die Makkaroni-Pasta. Mit ihrer zylindrischen Form ist sie nicht nur ideal zum Kochen, sondern hält auch die Soße perfekt fest. In Spanien ist die gefüllte Olive ebenfalls ein Objekt höchster Begierde. Äußerst clever und einfach ist sie eine köstliche Mischung aus einem salzigen Meerestier und der Frucht des Landes. Und wie letztendlich bekommt man Kinder dazu, Gemüse zu essen? Mit den »Candy Vegetales« von Mr. Simon. Brokkoliröschen oder Radieschen aufgespießt auf einen Lutscher-Stiel, damit sie der süßen Versuchung ähneln.

Eine innovative Mischung aus Essen und Technik ist der »Citrus Spray« von Alberto Azra; eine äußerst clevere Methode, an den Saft im Innern einer Zitrone zu gelangen und diesen sogar direkt in der Frucht aufbewahren zu können. Eine Schraube mit Sprühkopf dreht sich in die Zitrone und sammelt den Saft, der sodann über den Salat gesprüht werden kann; außerdem wird die Zitrone vor dem Austrocknen geschützt. Natürlich ist dies ebenso sehr ein Spielzeug wie der Tischfussball-Tisch des Chefkochs Jose Andres, welcher ein normaler Tischfussball darstellt mit einer Glasplatte darüber, damit er wie ein ganz normaler Esstisch benutzt werden kann. Diese persönliche Kreation des ehemaligen elBulli-Kochs soll eine Metapher sein für die Art und Weise Tapas zu essen; man kann spielen während man isst; Spaß und informelles unkompliziertes Benehmen bei Tisch.

Design plus Funktion gleich perfekte Innovation. Dafür gibt es in der Ausstellung viele Beispiele: »Phantom« von Martin Azua heißt der neueste Brotkorb, eine Stoffserviette, die mit Hilfe von zwei Stahlringen zu einem Brotkorb umfunktioniert wird; »Malla« von Curro Claret ist ein neuartiger Obstkorb, welches ein skelettartiges Gestell aus Stahl darstellt, an dem man das Netz, im dem die Orangen oft verpackt werden, einhängt und somit den Boden kreiert. »Bakus« von Tati Guimaraes hilft dabei, Erinnerungen in Form von Korken zu sammeln. Ein exklusiver viereckiger Behälter aus Stahl, den man mit Korken füllt und auf dem man schlussendlich heiße Gefäße stellt. Nicht zu vergessen, der Flaschenöffner »Doble palanca« von David Olaneta, der gleichzeitig die Flasche zur Skulptur macht.

Spanische Kreativität und die Innovation der Designindustrie zeigen uns ein Land, das imaginativ, leidenschaftlich und modern ist, vor allem aber sein Essen über alles liebt.

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