Die Ausstellung „The Making of Art“ bietet einen Blick auf das Beziehungsgeflecht der zeitgenössischen Kunst, in dem das Dreieck von Künstler, Kunstwerk und Betrachter längst um ein Vielfaches erweitert worden ist. Nicht selten beeinflusst das Verhältnis zwischen Künstler, Sammler, Galerist, Kurator oder Kritiker den Inhalt der Arbeiten, zunehmend wird dies auch abgebildet.
Die Fragen hat Jörg Immendorff bereits in den 1970ern gestellt: Vor der Kulisse streikender Arbeiter titelte er 1972: »Für was? Für wen?«, 1973 dann forsch: »Wo stehst du mit deiner Kunst, Kollege?« Nun sind die Gemälde wieder zu sehen, frisch wie eh und je. Fragt zeitgleich eine Ausstellung im Münchner Haus der Kunst nach dem, »Was uns antreibt«, geht die Schau in der Frankfurter Schirn noch etwas weiter und zeigt – neudeutsch – »The Making of Art«. Es geht um einen schonungslosen Blick hinter den schönen Schein der Kunst. Die Ausstellung erhebt sie mit Hilfe von 150 Exponaten zum soziologisch relevanten System. Das ist nicht neu, aber es überrascht im Hier und heute. Ausgerechnet in einer Zeit, in der die figurativen Positionen eine vielfach schattierte Bandbreite von realistisch bis phantastisch zeigen, begehen die Ausstellungsmacher konzeptionelle Wege und tauschen das einfachere Sender-Empfänger-Modell durch ein komplexes Netzwerk aus, das aus Künstlern, Kuratoren und Kritikern, Kunst und Markt besteht. Den Traum vom unabhängigen Künstlertum entrümpeln sie auf dem Altar des Kunstmarkts – das aber mit Witz, Gewitztheit und Charme. Von Immendorf bis Ai Weiwei führt ein Flechtwerk von den Aufbrüchen der neuen gegenständlichen Malerei in den 1960er-Jahren bis zu den jüngsten Kunstströmungen, die eine demokratisierte Wertevorstellung von Kreativität und Authentizität vermitteln. Die weiteren Protagonisten der Schirn-Ausstellung, unter denen sich neben »klassischen« Technikern auch installative Netzwerker und Konzeptmaler befinden, sind: Yuri Albert, Pawel Althamer, Azorro, John Baldessari, Tina Barney, Tamy Ben-Tor, Joseph Beuys, Marcel Broodthaers, Stefan Brüggemann, Chris Burden, Chicks on Speed, Anetta Mona Chişa & Lucia Tkáčová, Claire Fontaine, Clegg & Guttmann, Phil Collins, Jessica Craig-Martin, Peter Davies, Jiří Georg Dokoupil, Michael Elmgreen/Ingar Dragset, Tracey Emin, Dan Fischer, Peter Fischli/David Weiss, Andrea Fraser, Ryan Gander, Dieter Hacker, Candida Höfer, Bethan Huws, Christian Jankowski, Martin Kippenberger, Komar & Melamid, Jeff Koons, Sean Landers, Louise Lawler, Marcin Maciejowski, Piero Manzoni, Jonathan Monk, Dave Muller, Manuel Ocampo, Martin Parr, Dan Perjovschi, Raymond Pettibon, William Powhida, Tom Sachs, Chéri Samba, Nedko Solakov, Mladen Stilinović, Thomas Struth, Goran Trbuljak, Andy Warhol & Jean-Michel Basquiat, John Waters.
Der Clou dieser am Nerv der Gegenwart rührenden Ausstellung ist, dass die kunstsoziologisch vereinheitlichten Künstlerindividuen in Anspruch nehmen, in einem freien (Denk-)Raum Kunst zu machen und zugleich am (diesseitigen) Leben teilzunehmen, wodurch die Grenzen aufgehoben werden – wo die Fiktionen hier wie dort in Alltagsszenerien übergehen und umgekehrt, kann allenfalls noch im spielerischen Umgang eine Unterscheidung vorgenommen werden. Joseph Beuys hat das vor Jahrzehnten vorgemacht, die Jüngeren wie Stankowski folgen ihm auf ihre ganz eigene Weise. Leicht macht es die Ausstellung dabei dem Betrachter nicht immer, aber der rasche Szenenwechsel wirkt wie ein Rausch, der einen in ein Kaleidoskop der Lebens-Entwürfe hineinzieht. Und welche Lust nach wie vor auch im Scheitern steckt, zeigt Dan Perjovschi, der sich einmal mehr als einer der ganz wichtigen Zeichner, wenn nicht überhaupt Künstler unsrer Zeit hervortut. In Frankfurt ist er zudem in sehr guter Gesellschaft.