Ausstellungsbesprechungen

The world of Banksy. Espacio Trafalgar/Barcelona, bis 31. Dezember

Poetisch und aktivistisch bedecken seine Graffitis die Mauern von London bis New York. Der Urheber ist ein künstlerisches Geheimnis. Sein Name: Banksy. Ob ein Kuss zwischen zwei britischen Polizisten, Churchill als Punk–Ikone oder ein kleines Mädchen, das ein Hakenkreuz abdeckt – die schönsten Werke des berühmten Sprayers touren derzeit als Reproduktionen durch Europa. Nach Berlin, Brüssel, Paris und Wien sind sie nun auch in Barcelona zu sehen. Karin Ego–Gaal hat die Ausstellung besucht.

Balloon Girl - London © Wikipedia
Balloon Girl - London © Wikipedia

Unerwartet – auf dem Weg zur Arbeit, U–Bahn, zu Freunden; morgens, mittags, abends; plötzlich ist es da; ein ästhetisches Statement, direkt vor deiner Nase, auf eine dreckige Wand gesprüht mit der Hoffnung, dass es für immer da bleibt. Seit 2002 ziert die Wand einer Treppe in South Bank/London, ein solches Werk: »There is always hope« (Girl and Ballon) ist das Image eines Mädchens, das versucht, einen roten herzförmigen Luftballon zu fangen oder ihn für immer los zu lassen – ein Symbol für Zerbrechlichkeit, Unschuld, Hoffnung oder Liebe. Dies ist eines der emblematischsten Werke von Banksy, einem Künstler, der es trotz seines internationalen Erfolges es noch immer schafft, anonym zu bleiben, während er mit provokanten Wandmalereien sozialkritische und politische Botschaften versprüht.

Die derzeitige Ausstellung »The world of Banksy« in Barcelona präsentiert mehr als 100 lebensgroße Reproduktionen aus den Jahren 2000 bis 2018, die der Künstler in Frankreich, USA, UK, Israel und Palästina kreierte. Audiovisuell und interaktiv werden die Besucher nach Paris und London geführt, nach Bristol, Bethlehem, Los Angeles und Port Talbot. »The world of Banksy« dokumentiert eine Reise durch die Karriere eines Künstlers, der immer wieder überrascht und der seinen ironischen schwarzen Humor durch seine Graffiti– und vor allem Schablonenkunst inszeniert.
»Bomb Hugger « von 2003 ist etwa eines dieser »schwarzen« Werke: Ein Mädchen vor rosarotem Hintergrund umarmt lächelnd eine Bombe. Die Darstellung beschäftigt sich mit der weltweiten Angst vor einem atomaren Angriff während des Kalten Krieges und mit den Nachwirkungen einer ganzen Generation von Kindern, die in dieser Zeit aufwuchsen.

Kissing Policemen - London © Wikipedia
Kissing Policemen - London © Wikipedia

»Ich begann mit der Graffitimalerei im klassischen New York Stil, welche du benutzt, wenn du als Kind zu viel HipHop gehört hast, aber ich war niemals richtig gut darin. Sobald ich meine erste Schablone geschnitten habe, konnte ich die Macht darin spüren. Ihre Rücksichtslosigkeit und Effizienz ist perfekt«, beschreibt Banksy seine Liebe zur Schablonenkunst. Das Besondere und Innovative an seinen Vorlagen: Sie zeigen Bewegung, so als ob seine Figuren lebendig wären und gleich anfangen zu laufen oder aus dem Kontext herausspringen. Die Simplizität der Technik in Verbindung mit den schwarzweißen Kontrasten bietet zudem eine einfache und schnelle Identifikation mit dem Werk. Kein aufwändiger Museumsbesuch oder gar Grundwissen über den Künstler, die Technik oder das Genres sind nötig, um es das Werk zu genießen. Banksy’s Kunst ist schlichtweg Mainstream, deshalb erreichen seine sozialkritischen Statements ein breites Publikum und erregen weltweit Begeisterung.

Über den Menschen Banksy ist fast nichts bekannt, außer dass er eventuell in Bristol/UK um 1974 geboren wurde und bereits Mitte der 90er in der Streetart–Szene mit seinem einzigartigen Stil von sich Reden machte. Blek le Rat (*1951), französischer Graffiti–Künstler und »Vater der Schablonen–Graffiti« gilt als sein Vorbild besonders für die sogenannte »Ratten–Serie« (als Hommage an Blek le Rat und dessen Schablonengraffiti verewigte Banksy ihn in seinen unterschiedlichen Ratten–Entwürfen). »Wenn Graffiti etwas ändern würde – wäre es illegal«, steht in roter Schrift auf einer beschädigten Wand, darunter eine flüchtende Ratte mit roter Hand, welche für die Worte offensichtlich verantwortlich ist. In einem ähnlichen Dilemma befindet sich auch die Ratte in »Roller Rat« von 2006: Im Maler–Anzug, ausgestattet mit Farbeimer und Farbroller, blickt das Nagetier erschrocken auf die mit Graffiti besprühte Wand hinter ihr. Soll sie das Graffiti übermalen, so wie sie beauftragt wurde oder es einfach übersehen?

If Graffiti changed anything it would be illegal - London © Wikipedia
If Graffiti changed anything it would be illegal - London © Wikipedia

Seine sozialen, politischen und ästhetischen Kommentare lassen die Bedeutung von Kunst und öffentlicher Raum überdenken. Als »Englishman in Paris« bereicherte Banksy 2015 etwa die Straßen der französischen Hauptstadt mit »Jungle of Paris«, um seine Unterstützung für Migranten auszudrücken. Diese Hommage an die Opfer der Terroranschläge, die er auf die Tür des Bataclan, einem Theater in Paris, sprühte, wurde übrigens gestohlen, das Werk »girl covering a swastika« zerstört. Erst 2018 waren wieder »Banksys« in den Straßen von Paris zu sehen.

In den USA und Großbritannien finden sich die meisten Banksy–Wandgemälde. Die Themenpalette ist dabei reichhaltig, Ironie und Metaphern pointiert. In seinem Heimatland Großbritannien ist Banksy am produktivsten. Eines seiner ersten großen Werke »The Mild Mild West« tauchte 1997 in Bristol auf, darauf: ein Teddybären, der einen Molotov–Cocktail auf drei Polizisten wirft.
Fast 25 Jahre später greift der Graffiti–Künstler immer noch dieselben Themen auf: Pazifismus, Anti–Establishment und Antikapitalismus.
Seine starke Persönlichkeit, sein ungebrochener Optimismus, sein Mitgefühl für die Missstände der Welt und sein Wille, dass jedes Mitglied der Gesellschaft seinen Beitrag leistet, macht ihn zu einem wichtigen Zeitzeugen und Künstler. Banksy ist ein Phänomen, immer noch anonym, überall und nirgends.

The world of Banksy
Espacio Trafalgar
C/Trafalgar, 34
08010, Barcelona
www.espaciotrafalgar.es

o.T. - Bethlehem © Wikipedia
o.T. - Bethlehem © Wikipedia

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