Ausstellungsbesprechungen

Thomas Offhaus: Bildpodium XI. PUPPENKINO – Malerei, Video, Installation, Buch

Die Erfurter Kunsthalle präsentiert bis zum 9. April 2007 im Renaissancesaal das Bildpodium XI – eine Plattform, die ausschließlich thüringischen Künstlern vorbehalten ist.

Mit Thomas Offhaus stellt nun ein Künstler aus, der mit Sicherheit zu den ambitioniertesten dieser Region zählt und bei dem eine Personalausstellung an diesem renommierten Ort längst überfällig erscheint.

PUPPENKINO ist zugleich Status quo und Ausschnitt seines äußerst produktiven künstlerischen Schaffens, das von einer tiefen Unruhe und einem steten Auf-der-Suche-Sein nach Neuem bestimmt ist. Die Neugier ist dabei der Motor zum Reisen in eine unbekannte Welt. Gefundenes wird analysiert, variiert und synthetisiert. Er ist ein Künstler, der souverän zwischen den Disziplinen und Medien wechselt. Malerei, Grafik, Skulptur, Video, experimentelle Musik – das sind die Bereiche, in denen Thomas Offhaus agiert. In den meisten seiner Projekte durchdringen sie einander, stehen im Dialog – so auch bei dieser Ausstellung.

Abgüsse eines Puppenkopfes unter einem betont horizontal, zeitstrahlähnlichen Gemälde, das sich über die gesamte Länge einer Wand erstreckt; Malerbücher in einer Nische – aus den Lautsprechern unter ihnen ist leise eine Stimme zu vernehmen –; eine Animation auf dem Monitor daneben; grautonige Bilder im Treppenaufgang, die die farbigen an den Seitenwänden des Flures kontrastieren; zwei Videos als Rückprojektion in einem separaten Raum – das ist sein PUPPENKINO für die Kunsthalle Erfurt.

Seine Themen findet er im persönlichen Alltag, bei der permanenten Spurensuche in der eigenen Biografie und in literarischen Texten. Zugleich entspringt aus dem unentwegten Zulassen einer fast kindlichen Neugier und der schier ungebremsten Lust am Experiment sein kreatives Potenzial. Eine elementare Erfahrung oder ein banaler Gegenstand wird zum Ausgangspunkt einer komplexen, meist »mehrmedialen Untersuchung« (Reinhild Schneider), deren Ergebnisse sowohl auf formaler als auch auf inhaltlicher Ebene verknüpft sind. In PUPPENKINO ist es die in unzähligen Variationen erhältliche Plastikpuppe, die zuvor schon in der Serie »Wolfsmaschine« (2006) beseelt wurde. Ihre Präsenz wird zum motivisch verbindenden Bildgegenstand; einmal ist es ihr Unterkörper in »Bildstrich II«, ein anderes Mal ihr überlebensgroßer Kopf in der an einen Still erinnernden Arbeit »Zirkusknoten II«.

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Die Malerei von Thomas Offhaus zeichnet sich durch bildnerischen Erfindungsreichtum und einen kraftvollen Gestus aus. Bei der Umsetzung der Themen geht das bewusste Suchen mit der intuitiven Entscheidung einher. Die Festlegung auf einen Stil ist nicht gewollt: Stil ist eher als Experiment zu verstehen, als Lust am Versuch. Mit dieser Negation steht Thomas Offhaus in der Traditionslinie der Neuen Wilden – von der fotorealistisch figürlichen Darstellung bis zur völligen Abstraktion findet sich alles in seinem Werk. Ähnlich verhält es sich mit den Techniken – es gibt nichts, was nicht ausprobiert wird: von klassischer Lasurmalerei bis zum pastosen Materialauftrag. Im Gegensatz zu seinen früheren Arbeiten, in denen ein wahrer Fundus an Zeichen, Symbolen und Formeln dominiert – ist es hier ein überschaubares Repertoire an Bildfiguren, die sich vor einem monochromen Hintergrund abheben. Diese Reduzierung, die in der Serie »Transfer« durch das Weglassen jeglicher Farbigkeit noch weitergeführt ist, verstärkt die Konzentration auf den zum Teil surreal anmutenden Gegenstand, der aus seiner realen Welt und damit aus seinem Kontext isoliert und verfremdet wird.

Bei den Malerbüchern, erschienen in der Edition Balance, sind es neben der Zusammenarbeit mit Schriftstellern (u.a. Volker Braun) die eigenen Projekte, in die Übermalungen, Überzeichnungen und Drucktechniken einfließen, wie der Siebdruck bei »Puppenkino 1­–4« (Text Raja Weber). Dabei geht der künstlerische Anspruch einher mit dem Streben nach handwerklicher Perfektion.

Video ist bei Thomas Offhaus die konsequente Fortführung der Auseinandersetzung mit Film und Projektion. Es begleitet seine künstlerische Tätigkeit seit fast fünfzehn Jahren, wobei die digitale Bearbeitung der elektronischen Bilder das jüngste Terrain ist, das er sich erschlossen hat und in dieser Form mit »Puppenkino« (»arbeitsproben«) erstmals präsentiert. Er greift in Zeitstrukturen ein, überblendet, kombiniert Realaufnahmen mit Animationen, verbindet Bild und Text, wobei diese durch ihr non-lineares Verhältnis ein zusätzliches Spannungsfeld erzeugen. Im collageartigen Aufbau, der aus dem Schneiden einzelner Frames und Sequenzen nach einem bestimmten Schema und der Gliederung in Kapitel ebenso resultiert wie aus der Art der Montage von Ton und Geräusch, sind Parallelen zur Bildkomposition in seiner Malerei (»Überblendung«) aber auch zur allgemeinen Arbeitsweise zu sehen. Gegenüber diesem mit Elementen der Clipästhetik ausgestattete Video steht das auf Schwarzweiß reduzierte dokumentarische Material von »Ensors Flimmern«.

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Nicht vordergründig, aber dennoch in den Ausstellungskontext eingebunden sind der gesprochene Text der Malerbücher und die an den Wänden hängenden Objekte. Sie ergänzen und erweitern die mediale und symbolische Dimension von PUPPENKINO.

Alles in dieser Kunst ist ein ständiges Sich-Auseinandersetzen mit Entdecktem, ein Entwickeln – alles ist in Bewegung und nimmt Bezug aufeinander, es sind eigene Bildwelten, die die Wirklichkeit transzendieren. Und am Ende des Ausstellungsbesuchs werden wir als Betrachter vielleicht ein Stück von dem verstehen, was Thomas Offhaus meint, wenn er sagt: »Neugierig bin ich auf alles, was möglich ist und auf alles, was dazwischen möglich ist.«

 

Weitere Informationen

 

Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag 11-18 Uhr
Donnerstag 11-20 Uhr

Thomas Offhaus
Goldbachstraße 38
99867 Gotha
krinolder@offhi.de
www.offhi.de

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