Ausstellungsbesprechungen

Vincent van Gogh – Zwischen Erde und Himmel: Die Landschaften

Es werden am Ende eine halbe Million Besucher gewesen sein, die sich die Landschaften Vincent van Goghs in Basel angeschaut haben. Neben den führenden Köpfen des französischen Impressionismus und Pablo Picasso ist Van Gogh der Garant für volle Häuser und Kassen schlechthin. Da mag man darüber klagen, dass sich endlose Schlangen vor den Museen bilden, man mag sich gruseln angesichts des Nippesmarktes, der sich schamlos in der Gloriole des Meisters breit gemacht hat.

Fasziniert nehmen wir es doch hin und stürzen uns ins Getümmel, um das zu sehen, was wir schon zu kennen glauben (beim Amsterdam-Trip reihen wir uns brav vor den Pforten des Van-Gogh-Museum ein, jede Ausstellung mit Beteiligung Van Goghs macht das Museum automatisch zur Pilgerstätte): Auf Kalendermotive reduziert, das Gesamtwerk wohlfeil auf dem Ladentisch, würde sich der Maler – der zeitlebens ein Bild verkaufte – heute schwer wundern, nicht zuletzt darüber, dass er einer der bekanntesten Künstler überhaupt ist. So wird jede neue Ausstellung über das Werk Van Goghs leicht zum Gemeinplatz. Die Baseler Macher der aktuellen Schau begehen hier eine Flucht nach vorn, wenn sie wacker kundtun, sie zeigten »zum ersten Mal in einer spektakulären Gesamtschau die Landschaftsbilder der großen Künstlerlegende«. Das muss man zunächst so hinnehmen, obwohl auch die Landschaften Van Goghs nun nicht grade ein stiefmütterlich vernachlässigtes Genre in seinem Werk sind.

Aber dann zieht er den Besucher doch rein in sein mal psychedelisches, mal farbsprühendes Schaffen. Zum einen bleibt die Schau tatsächlich keine Phase schuldig – der biographischen Zeitlinie entlang vollzieht das Werk einen weiten Schritt vom erdig-dunklen Maler der Haagse School zum pastosen Farbhymniker über die paar Jahre hinweg, die es Van Gogh nur vergönnt war zu malen (es ist schon trefflich, dass die Ausstellung »zwischen Erde und Himmel« vermittelt und nicht anders herum). »Die Erregung, die mich angesichts der Natur ergreift, steigert sich bis zur Ohnmacht«, schreibt er einmal aus der Heilanstalt. Thematisch zeigt sich Van Gogh sicher in städtischen und ländlichen Motiven, in Darstellungen von Märkten, Gärten und Parks, von Hain- und Weinberglandschaften, die Palette ist von einer Leuchtkraft, dass man sich aufs Neue gefangen nehmen lässt. Im selben Jahr wie van Gogh sind Adolf Hölzel und Ferdinand Hodler geboren, der eine entschiedener auf dem Weg in die Abstraktion, der andere ein Revolutionär des Historienbildes – und doch ragt der Niederländer hervor in seinem zyklischen Denken, aber auch in seiner Naivität, wie er – fast altmodisch – die Landschaft als Lichtblick der Schöpfung ansieht. Das wird deutlich im Kontext mit den Künstlerkollegen, die sich mit der Landschaft auseinandersetzen, und die der Van-Gogh-Show zur Zeite stehen – die rund 40 Beispiele aus der hauseigenen, grandiosen Sammlung gehen weit über eine nur begleitende Statistenrolle hinaus. Und es wird deutlich an der lückenlosen Präsentation, die unzählige Leihgeber ermöglicht haben – einige wenige Arbeiten sind bislang kaum öffentlich in Erscheinung getreten.

Kurzum, selbst wenn man dem Van-Gogh-Museum vielleicht etwas Unrecht tut, in Basel die »weltweit erste Gesamtschau der Landschaftsbilder van Goghs« für sich zu reklamieren, und selbst dann, wenn der einigermaßen Kunstinteressierte durchaus ein umfassendes Bild von dem Landschaftsmaler Van Gogh hat, fasst die Ausstellung in Basel sozusagen all das zusammen, was man zum Thema wissen sollte. Und eines ist sicher: Die Schlangen werden zum Finale wieder alle Rekorde brechen – Tickets über das Internet sind restlos ausverkauft. Eine Verlängerung der Ausstellung, so die Veranstalter, ist ausgeschlossen.

Weitere Informationen

Öffnungszeiten: Montag: geschlossen, Di-Do 9-19 Uhr.

Diese Seite teilen

Besuchen Sie uns