Buchrezensionen, Rezensionen

Wassily Kandinsky/Gabrielle Münter: „Lege dein Ohr an dein Herz und horche“, Hörbuch von Ulrike Gondorf u. Pierre Oser, Hörbuchverlag Westfire Entertainment 2008

Dieses Hörbuch ist eine vertonte Liebesgeschichte zweier Künstler. Es bietet eine chronologische Zusammenstellung der Briefe von Gabrielle Münter und Wassily Kandinsky und zeichnet somit ihre bewegte Beziehung nach. Dabei wird der Fluss der Nachrichten von mehreren Intermezzi durchkreuzt, die Kandinskys Bühnenbildentwurf „Der Gelbe Klang“ aufleben lassen. Das Zusammenwirken der oft leisen und sensiblen Momente der Korrespondenz mit den expressiven Bildern des „Gelben Klangs“, machen das Hörbuch zu einem genussvollen Hörerlebnis. Elena Korowin hat sich die Geschichte angehört.

Gondorf/Oser © Cover Westfire Entertainment
Gondorf/Oser © Cover Westfire Entertainment

1901 wird Gabrielle Münter Schülerin von Wassily Kandinsky. Ihr Talent begeistert den Künstler und lässt ihn immer häufiger die Nähe der jungen Frau suchen. Die Zeit der ersten Treffen und Annäherungen ist einerseits bewegend schüchtern und dynamisch, als auch von Zweifeln und ersten Auseinandersetzungen geplagt. Der verheiratete Kandinsky verfiel Zeit seines Lebens in melancholische depressive Stimmungen, was ihn innerlich unruhig machte und ihn die Isolation und Einsamkeit suchen ließ. Münter und er lebten eine wilde Ehe über 15 Jahre hinweg, in München und Murnau, wo auch der „Blaue Reiter“ geboren wurde. Diese Jahre waren eine kreative und produktive Zeit in der Vita der beiden Künstler. Das Hörbuch bietet einige Einblicke in das künstlerische Schaffen und die Beziehungen zu Künstlern wie Franz Marc und August Macke. Vor allem Gabrielle Münter schreibt ihrem Geliebten oft über ihre künstlerische Arbeit und ihre Auseinandersetzungen mit der Form. Trotzdem überwiegt in den Briefen das Thema der ständigen räumlichen und oft auch der geistigen Trennung, die beide gleichsam quält. Kandinsky hielt sich oft in Russland auf und Münter blieb in Deutschland zurück, hoffend, dass ihr Geliebter sich endlich scheiden ließe, um ganz bei ihr zu sein. Man kann mitfühlen, wie die Hoffnungen und Sehnsüchte der jungen Künstlerin immer mehr verschwinden und zu einer kalten Abgeklärtheit und Einsamkeit führen, die in jedem ihrer späten Briefe spürbar wird. Kandinsky scheint von seinen Eindrücken und seinem Leben, hin und her geworfen zu werden – er ist einerseits glücklich und freut sich über die Schönheit, die ihn umgibt und dann ist er wieder zu Tode betrübt. Diese beiden Menschen sind auf der Suche nach sich selbst und nach dem Anderen und verlieren sich schließlich im Dickicht ihrer komplexen Gefühlswelten. Als die Beziehung bereits ausweglos zu sein scheint, schreibt Kandinsky in einem Brief, dass er in der Kunst stets alles im Griff hat, während das Leben ihn zerreist, so ging es auch seiner Partnerin Gabrielle Münter. Beide haben eine unglaubliche Tiefe in ihrem Schaffen erreichen können, während sie ihre Beziehung nicht retten konnten.

Ein sehr schönes Hörbuch für Liebhaber der beiden Künstler mit einem ebenso gut ausgearbeiteten Booklet, das einige zusätzliche Informationen und Fotos bietet. Hier geht es vordergründig um das Innenleben der beiden, die Kunst wird größtenteils ausgeblendet. Wer sich auf dieses Hörbuch einlässt, bekommt eine sorgfältig nachgezeichnete Liebesgeschichte mit traurigem Ausgang, wie sich das für große Menschen gehört.

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