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Wiedereröffnung des Cranach-Hofes in Wittenberg nach mehrjähriger Restaurierung

Nach mehrjähriger denkmalpflegerischer Sanierung wurde das Vordergebäude des Cranach-Hofes in der Schlossstraße 1 am 30. Juli 2009 wieder der Öffentlichkeit übergeben.

Im Jahr 1505 berief der kunstsinnige Kurfürst Friedrich der Weise den Maler Lucas aus Kronach in Franken an seinen Hof in Wittenberg. Cranach lebte zunächst in der Malerstube im Schloss. 1512 erwarb er das Grundstück Markt 4 sowie das benachbarte Grundstück Markt 3. Wahrscheinlich hatte Cranach 1512 geheiratet und zog mit seiner Familie an den Markt.

Lucas Cranach der Ältere verkaufte um 1517/18 die Anwesen am Markt, vermutlich, weil sie für die wachsende Werkstatt zu klein wurden und erwarb 1518 das Grundstück Schlossstraße 1, den größten Wittenberger Hof. Wenige Jahre zuvor hatte der Stadtrichter Kaspar Treutschel darauf ein Haus errichten lassen. Der dortige Komplex umfasste schließlich 84 beheizbare Zimmer und 16 Küchen, zeitweise arbeiteten in der Werkstatt Cranachs bis zu 30 Gehilfen. 
1522 kaufte Cranach den Markt 4 jedoch wieder zurück und richtete hier die mit seinem Geschäftspartner Christian Döring gegründete Druckerei ein. Unter anderem verlegte und illustrierte er das Neue Testament Martin Luthers in deutscher Sprache.
 
1540 erfolgte in der Schlossstraße der Bau des hinteren Seitenflügels, der zunächst wohl als Werkstattgebäude diente. Wenige Jahre später wurde der Südflügel errichtet, der dann die Malwerkstatt aufnahm. Dieser den Hof abschließende Querbau besaß ein großes Tor, durch das die in der Cranach-Werkstatt fertiggestellten Altartafeln unzerlegt abtransportiert werden konnten. - Ob die genaue Lage der Werkstatt in der Schlossstraße im südlichen Teil des Ostflügels oder im Südflügel anzunehmen ist, konnte die Forschung allerdings noch nicht abschließend klären. 1550 verließ Cranach d.Ä. Wittenberg und folgte seinem Dienstherrn Johann Friedrich von Sachsen nach Augsburg, wo dieser gefangen gehalten wurde. Den Hof in der Schlossstraße übernahm sein Sohn Lucas Cranach d.J. (1515-1586), der hier die Malwerkstatt fortführte und umfangreiche Aufträge für die Fürstenhöfe in Weimar, Dresden, Dessau oder Berlin übernahm. Nach ihm ging sie auf seinen Schwiegersohn Polycarp Leyser über.

Baubeobachtungen und Dokumentationsarbeiten ergaben, dass der "Gartenflügel" in den 40er Jahren des 16. Jahrhunderts als Stall, Remise oder Werkstattgebäude errichtet wurde, der Ausbau zu Wohnzwecken erfolgte erst um 1572. Es war Leyser, der die ehemaligen Volutengiebel und Zwerchhäuser des Vorderhauses errichten ließ. Barock erneuert wurde das Haus schließlich 1773. Mit dem Umzug der Adler-Apotheke vom Markt 4 zur Schlossstraße 1 im Jahre 1779 wurde das Gebäude um ein Geschoss aufgestockt. 1871 beschädigte ein Brand die oberen Stockwerke.

Alle im Laufe der Zeit vorgenommenen Umbaumaßnahmen an den Höfen haben den originalen Bestand aus Cranachs Zeit dezimiert und zu einer Vereinfachung des äußeren Erscheinungsbildes geführt. Vor allem aber beschleunigte die Vernachlässigung der Bausubstanz in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg den ungehinderten Verfall des Anwesens. 1990 leitete die Cranach-Bürgerinitiative mit dem Transparent "Wo Häuser verkommen, verkommen auch Menschen" die Wiederbelebung des Komplexes ein. Schon früh erhielt sie dabei Unterstützung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die für die beiden Cranach-Höfe Markt 4 und Schlossstraße 1 Spenden in Höhe von insgesamt 500.000 Euro zur Verfügung stellen konnte. Dem historischen Vorbild folgend, sind wieder eine Galerie, ein Weinausschank und eine Druckerstube eingerichtet worden. Im rückwärtigen Gebäudeteil ist eine Malschule für Kinder untergebracht. 
Im Wohnhausensemble am Markt 4 wartete zudem unter mehreren Farbschichten eine Überraschung auf die Restauratoren: An Deckenbalken und Wänden konnten sie Teile der aufwendigen Malereien freilegen, die einst Cranachs Wohnräume verzierten. Die Pigmente der Blau- und Grüntöne sind zermahlene Halbedelsteine – wahrhaft passend für den Meister der Farbe. 
 

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