Ausstellungsbesprechungen

Willi Baumeister International, Kunstmuseum Stuttgart, bis 2. März 2014

Willi Baumeister und seinen internationalen Beziehung widmet das Kunstmuseum Stuttgart eine aktuelle Ausstellung. Bereits in jungen Jahren pflegte er Kontakte mit der französischen Avantgarde und stellte international aus. Während der NS-Dikatur in die innere Emigration gezwungen, knüpfte er nach 1945 an sein früheres internationales Wirken an. Für dien Schau hat das Kunstmuseum in seinen Archiven und denen der Willi-Baumeister-Stiftung gegraben und so einiges gefunden, zum Beispiel die Privatsammlung des Künstlers. Günter Baumann hat sie sich angesehen.

Das Kunstmuseum hat all seine kunstvollen Geschütze aufgefahren und präsentiert »Willi Baumeister international« – spektakulär ist die Ausbeute, was das Werk des Stuttgarter Wegbereiters, wenn nicht gar Vollenders der abstrakten Moderne angeht. Die Schau wird sinnfällig flankiert durch die Baumeister-Ausstellung in der Galerie Schlichtenmaier, die sich gleich um die Ecke hinter dem Kunstmuseum befindet. Deren Sammlung fasst das weite Feld im Kunstmuseum pointiert im kleineren Areal zusammen und macht erst deutlich, wie unverrückbar Baumeisters Stil bei allem Wandel über die unvereinbaren Zeiten hinweg steht (man denke an Arbeiten aus den 1940er Jahren). Im Mief der banalen Nazi-Ästhetik malte er in Deutschland auf europäischem Niveau – freilich unter der Hand.

Wer die Willi-Baumeister-Stiftung im Haus hat wie das Kunstmuseum, kann natürlich aus dem Vollen schöpfen und hat mit der Tochter des Künstlers, Felicitas Baumeister, eine eindruckweckende Beraterin zur Seite, die ihren Vater würdig vertritt. Der Erfolg ist garantiert, zumal der Rang des Hölzel-Schülers so elementar ist, dass sein Werk einmalig in der Kunstgeschichte ist. Dabei hält Baumeisters Schaffen – bei all dem – noch viele Entdeckungen bereit: Die Schätze des Archivs sind lange noch nicht alle gehoben, und der schier unerschöpfliche Kosmos des Malers ist noch immer nicht völlig ergründet. Den Künstler hätte ein anderer Zustandsbericht auch gewundert: das »Unbekannte in der Kunst« war sein Element.

Beim Titelzusatz hat sich das Museum allerdings unnötig aufs Glatteis begeben, sei es dadurch, dass der internationale Anteil der Leihgeber schwächelte, sei es, dass die eigentliche Idee versandete: Wer kann nachvollziehen, dass die Eidos-Bilder fehlen, nur weil Baumeister sie international nicht gezeigt habe – ihre Bedeutung an sich wird ja nicht allein in der zeitlebens regionalen Präsenz bemessen. Die Betonung der Internationalität weckt Neugierde auf Vergleichswerke im großen Stil, bis hin zu Picasso, dem späten Matisse, den Bauhaus-Freunden, Klee. Der Blick über den Tellerrand fiel bescheidener, unscheinbarer aus.

Dass auch die private Kunstsammlung des Meisters seine internationale Verflechtung zeigt, ist eine zauberhafte Idee, die für sich stehen kann, ohne dass man sie ins Rampenlicht stellen müsste. Nicht alles davon ist international bedeutsam, auch wenn man Juwelen finden kann, von Le Corbusier bis eben zu Klee, den Baumeister, Schlemmer und andere gern als Nachfolger Hölzels nach Stuttgart geholt hätten. Der Kabinettcharakter mit enger Hängung ist schön, auch wenn so mancher Besucher ratlos vor den Bildern ohne direkte Beschriftung stehen wird. Immerhin: Die Künstler-Phalanx der Avantgarde hatte ihr Plätzlein in Baumeisters Atelier. Wichtiger als die Bilder sind die gestreuten Widmungszeilen darin. Was in der Ausstellung nur in Ansätzen nachvollziehbar wird, macht der innovativ gestaltete Katalog wett – schon der Einstiegsessay von Brigitte Pedde über »Willi Baumeister und Frankreich« macht deutlich, was man hätte zeigen können: die kleine Bildreihe mit Cézanne, Le Corbusier und Ozenfant spricht für sich. So entwickelt der Katalog, der als Band 4 der Schriften des Archivs Baumeister im Kunstmuseum Stuttgart, ein prächtiges Eigenleben, das über die Ausstellung hinaus wirken wird.

Als Baumeister-Ausstellung ohne den viel zu viel versprechenden Zusatz wäre also nichts verloren, im Gegenteil. Wie die liebevoll gruppierte Fotowand oder das Arrangement der Tori-Serie nach einem Fotodokument zeigen, haben viele Hände mit Bedacht, Faszination und großer Kenntnis an der Gesamtschau gewoben. Und so gewährt das Kunstmuseum über drei Etagen hinweg einen grandiosen Überblick über nahezu alle Phasen des vielfach sich wandelnden Werks, weitgehend aus eigenen Beständen. Dass Willi Baumeister über Deutschland hinaus Beachtung fand, kam ihm insbesondere nach 1933 zugute, als er in die innere Emigration gezwungen wurde, wie er auch nach 1945 profitierte, als man ihn als Bannerhalter der Abstraktion in die Nachkriegsmoderne entsenden konnte. In dieser Zeit entstand auch sein »Saul«-Zyklus, der ein halbes Jahrhundert nicht mehr öffentlich zu sehen war. Aber das ist nicht wirklich erstaunlich verglichen mit der Tatsache, dass es ein halbes Jahrhundert keine Großausstellung zu Baumeister in Stuttgart gegeben hat.

Die Ausstellung im Kunstmuseum ist der Auftakt einer Tour, die Baumeisters Werk noch nach Duisburg und Berlin führt.

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