Buchrezensionen, Rezensionen

Wolfgang Thöner/Ute Ackermann: Das Bauhaus wohnt, Das Bauhaus isst, Das Bauhaus leuchtet, 3 Bde., E.A. Seemann Verlag 2009

Vom Wohnen und Arbeiten bis zum Essen und Trinken: Drei Publikationen dokumentieren die Bauhauskultur. Mit einer Zeitleiste, Kurzbiografien, originalen Bauhaus-Rezepten und einer Vielzahl von Abbildungen.

Der erste Band der Reihe beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Licht und Architektur am Bauhaus. Bereits im Titelbild zum Bauhausmanifest 1919, welches Feiningers Kathedrale zeigt, wird auf die besondere symbolische Bedeutung des Lichts im Sinne einer erhellenden bzw. erlösenden, weit ausstrahlenden Idee hingewiesen. Licht war als Motiv, das die Formen des Denkens am Bauhaus durchdrang, unabhängig davon, ob es sich um einen metaphysischen Ausdruck handelte oder eine elektrotechnische Installation. In diesem Kontext steht Ittens «Turm des Feuers» von 1920. Durch das spiralförmige Gerüst, auf dem verschiedenfarbige Glasplatten montiert sind, entsteht beim Anstrahlen eine spannungsvolle Ambivalenz zwischen den Formen und deren Verweisen, nämlich dem Turm zu Babel und die neueste Elektro- und Flugtechnik.
Das zweite Kapitel widmet sich der Umsetzung von Licht in den verschiedenen Bauhaus-Architekturen. So stellt sich das Bauhausgebäude in Dessau durch die reflektierende Glasfassade je nach Blickwinkel als transparent oder undurchsichtig dar, bei Nacht und eingeschalteter Beleuchtung sogar als entmaterialisierter (Kunst-)Leuchtkörper. Diese Gestaltung resultierte aus der Beschäftigung Moholy-Nagys 1923 mit den Grundlagen der statischen und kinetischen optischen Gestaltung mit Licht, die auch für das Medium Film richtungsweisend waren.
Anders ging Mies van der Rohe bei den Umbauten des Direktorenhauses der Meistersiedlung in Dessau vor 1931: Samtig-dunkle Vorhänge bzw. Wandbeläge schufen im Wohnraum klare große Flächen sowie eine Negierung des Blick-Kontakts zum Außenraum.
Das folgende Kapitel befasst sich sinnvollerweise mit der Entwicklung von Leuchtmitteln am Bauhaus. Diese wurden je nach Verwendungsort entworfen. So kamen die Kugel- oder Halbkugelleuchten von Marianne Brandt vor allem im Wohnbereich zum Einsatz, Röhrenleuchten hingegen im Arbeits-/Werkstattbereich. Exemplarisch wird die Gestaltung im vierten Kapitel an ausgewählten Beispielen wie dem Arbeitsamt in Dessau (1928-29 von Gropius erbaut), der Siedlung Dessau-Törten (1926-28 von Gropius erbaut) und dem Haus Fieger (1927 erbaut) untersucht. Allerdings beschreibt Thöner mehr die Architektur der Bauten, weniger deren Beleuchtung.
Im fünften und letzten Kapitel schließt Thöner seine Auseinandersetzung mit der Lichtgestaltung der Bauhäusler mit dessen Bedeutung für die Nachwelt. Demnach symbolisieren die Bauhausgebäude als Lehrstücke lichter Architekturen nicht nur das Prinzip der Offenheit bzw. Freiheit, sondern auch die Hoffnung und den gesellschaftsverändernden Anspruch.
Insgesamt betrachtet bietet das Buch einen interessanten Einblick in das bisher wenig beachtete Licht-Thema des Bauhauses durch sachlich aufgebaute Texte.

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Im Teilband «Das Bauhaus isst» untersucht Ute Ackermann die Geschichte der Kantine am Bauhaus, besonders in der Weimarer Zeit. Unterhaltsame Kapitelüberschriften wie «Republik der Geister mit Kartoffeln und Rhabarber» oder «Durchlaucht erleuchtet» laden zum Schmökern ein.
Das erste Kapitel beinhaltet den historischen Kontext der Lebensmittelknappheit und Armut der Bauhaus-Studenten in der Nachkriegszeit als Auslöser für die Einrichtung einer Kantine. «Erst muss der Mensch wohlgestaltet sein, dann erst kann ihm der Künstler das schöne Kleid gestalten», begründet Gropius selbst diesen Schritt. Die nun folgenden sieben Kapitel geben genauer über die Entwicklung der Kantine Auskunft. Anfang Oktober 1919 war die Mensa aus Spenden mit einer Wirtschafterin und drei Hilfskräften bestückt, die täglich fünf Essen für die Studenten kochten. Da die Speiseanstalt oft der einzige Raum war, der richtig beheizt wurde, entwickelte sie sich auch bald zum „Wohnzimmer“ des Bauhauses, in der die Bauhausmeister mit ihren Schülern speisten. 1920 wurde sogar ein eigener Gemüsegarten Am Horn angelegt, um preiswerter an Lebensmittel heranzukommen. Die mit der Berufung von Johannes Itten im Herbst 1919 einhergehende Verbreitung eines vegetarischen Speiseplans nach der Mazdaznan-Lehre mag dazu auch zum Vorteil gereicht haben.
Im achten Kapitel geht Ackermann auf die Entstehung und die Entwicklung der Keramischen Werkstatt am Bauhaus ein, was in Bezug auf das Thema des Buches nur sinnvoll erscheint. Der Werkstatt stand Gerhard Marcks von 1920 bis 1924 als Formmeister vor, der Töpfermeister Max Krehan aus Dornburg als Handwerksmeister. In den ersten zwei Jahren entstanden hauptsächlich Mustöpfe, was nach Marcks Einschätzung «für einen gebildeten Menschen […] eine harte Lehre [gewesen sein muss]». Bis Ende 1923 erfolgte schließlich die Entwicklung als Versuchs- und Musterwerkstatt.
Im Gegensatz zur Weimarer Zeit war das Essen in der Kantine in Dessau eine «eher peinliche Quälerei», wohingegen in den Etagenküchen des Studentenwohnheims „Prellerhaus“ ein reger Austausch von Rezepten stattfand. Der Wandel in der Dessauer Zeit war der vermehrten Konzentration auf den Schulbetrieb geschuldet, der die Gemeinschaft zunächst außen vor ließ.

Das Buch macht durch seine lockere, unterhaltsame Schreibweise Lust aufs Lesen. Jedes Kapitel beginnt mit einer zeithistorischen Einbettung des behandelten Gesichtspunktes und endet mit einem individuellen Zitat. Inhaltlich gibt jeder Text genug Informationen, ohne gleich eine überzogen wissenschaftliche Abhandlung zu sein. Etwas gemindert wird dieser Gesamteindruck nur durch selten auftretende Nominalkonstruktionen. Ein weiteres Plus sind die Rezepte aus dem Mazdaznan-Kochbuch, die der neugierige Leser am Ende des Buches auch einmal selbst ausprobieren kann.

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Der Teilband «Das Bauhaus wohnt» von Wolfgang Thöner beschäftigt sich mit den Meisterhäusern von Gropius, Moholy-Nagy, Feininger, Muche, Schlemmer, Kandinsky und Klee in Dessau.
Im ersten Kapitel stellt Thöner die Umstände zur Entstehung der Meisterhäuser dar, was durch die Unterteilung, einmal in Meisterhäuser in den 1920er Jahren und heute bzw. in aktuellen Zitaten, interessant gruppiert ist. Im zweiten Kapitel geht Thöner zu einer ausführlichen und teilweise langatmigen Architekturbeschreibung über, in der er die Häuser als Bekenntnis zu Typisierung und Normierung eines industriellen Bauens herausstellt. Das dritte Kapitel beinhaltet eine Beschreibung der Interieurs und des alltäglichen Lebens in der Meisterhaussiedlung, was durch persönliche Zitate der Bewohner sehr anschaulich ist. Im vierten Kapitel geht Thöner auf die Schäden durch den Zweiten Weltkrieg, anderweitige Nutzung und Rekonstruktion ein.

Auch dieser Teil der Reihe zum Bauhaus liest sich gut. Da die Texte allgemein und überblickshaft gehalten sind, ist das Buch aber eher für den interessierten Laien gedacht. Negativ wirkt sich das Layout des Buches aus. Der Leser fühlt sich durch die eingerahmten mit Schwarz, Weiß, Ocker oder Orangebraun unterlegten Textpassagen nahezu erschlagen, wenn er das Buch öffnet. Zudem ist die Platzierung des Textkörpers zum unteren Ende der Seite hin für das Leseverhalten der Augen ungünstig gewählt.

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