Ausstellungsbesprechungen

Zaha Hadid – Une Architecture, Institut du monde arabe, Paris, bis 30. Oktober 2011

Geballte Weiblichkeit im Pariser Institut du monde arabe: Die Stararchitektin Zaha Hadid entwarf ein futuristisches Gebäude - fast schon mit Kunstcharakter - in Paris, dem ehemals konkurenzlosen Dreh- und Angelpunkt europäischer Kultur und Gesellschaft. Günter Baumann berichtet.

Zaha hadid - Architecture institut monde arabe paris © Francois Lacour / AIA Productions 2011, Courtesy Zaha Hadid Architects
Zaha hadid - Architecture institut monde arabe paris © Francois Lacour / AIA Productions 2011, Courtesy Zaha Hadid Architects

Die Architektur ist nicht gerade bekannt für Frauenquoten, auch wenn mehr und mehr Architektinnen die Büros tatkräftig unterstützen, wenn sie nicht sogar den Ton angeben (man denke etwa an Regine Leibinger von Barkow Leibinger Architekten). In der Liga der Megastars mit internationaler Präsenz wird es dünn bei der weiblichen Präsenz, wenn man nicht gleich sagen will: Es gibt ohnehin nur eine Architektin von Weltruf: Zaha Hadid, die erste Frau, die – spät genug – 2004 den Pritzker-Preis erhalten hat. Es ist noch gar nicht lange her, da musste man nach Weil am Rhein pilgern, um mit dem Feuerwehrhaus (1993) einen der wenigen fertig gestellten Bauten der Künstlerin unter den Architekten zu sehen. Seither heimste sie einen Preis nach dem anderen ein, nur die Bauten konnten selten genug umgesetzt werden.

An den Fortschritten der technischen Machbarkeit sieht man, wie rasant sich die Welt verändert – und wenn man Zaha Hadid ein Markenzeichen anheften kann, ist das der Stein und Glas gewordenen Entfesselung von Geschwindigkeit. Offenbar arbeitete die Zeit für ihren temporeichen Stil: In zahlreichen Städten sprießt ihre Architektur in die Höhe, durchklüftet die Straßen und Plätze. Kann es da sein, dass ihre aktuelle Kunst in der Kulturmetropole par excellence, Paris, noch nicht ausgestellt wurde? Es ist tatsächlich so, nur hat das Institut du monde arabe – selbst ein architektonischer Meilenstein, erbaut von Jean Nouvel – diesen Missstand behoben und im Sommer eine schwungvolle Ausstellung inszeniert, die noch wenige Tage zu sehen sein wird. Eigens hat sie im Hof des Baukomplexes einen Pavillon »Mobile Art« entwickelt und bauen lassen.

Betritt man den spektakulären Bau über einen rampenförmigen Zugang, eröffnet sich eine science-fiction-taugliche und zauberhaft ausgeleuchtete Welt mit Modellen, rund 30 Projekten, Plastiken und Gemälden sowie Filmaufnahmen bzw. -dokumente. Hadid hat die Schau selbst zusammengestellt, besser gesagt: in Szene gesetzt, die in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit erregt hat: Die elegante bauliche »Verpackung« wurde als Zwischenlandung eines UFO kommentiert. Die Architektin sah das bescheidener und sprach ironisch von einem »verzerrten Donut« (Nouvels Fassade könnte dann im Vergleich vielleicht als Waffelmuster durchgehen). Die temporäre 80 Tonnen schwere Architektur entstand übrigens nicht speziell für Paris, auch wenn freilich das modellhaft vorgestellte Werk von Zaha Hadid hier am besten platziert ist, sondern bereits 2007 im Auftrag von Chanel – Drahtzieher war kein Geringerer als Karl Lagerfeld: Sie machte Station in Hongkong, Tokyo und New York. Die Nachgeschichte war weniger glamourös: Weil das Projekt zu teuer wurde, verschwand der zerlegte Bau im Containerlager.

Als das Institut du monde arabe auf den Plan trat, stieg das Hadid-UFO wie Phönix aus der Asche und landete ebenda, wo es als Pavillon neu erstrahlte – der Ort ist schon deshalb prädestiniert, weil die Architektin aus dem Irak stammt: Bei aller Internationalität hat die Architektur kaum spürbare arabische Wurzeln. Wenn die Ausstellung zum Hadid-Werk zu Ende geht, bleibt der Bau vorerst stehen, um zeitgenössische arabische Kunst zu zeigen. So bleibt auch nicht nur die Architektur selbst, sondern auch ihr Fortbestand im Fluss – ganz im Sinn Zaha Hadids.

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