Flüsse, tiefe Seen und Meere sind beliebte Metaphern, auch in der Kunst – und in der Kunstgeschichte! Sie beschreibt Entwicklungslinien als Fluss, verweist auf Einflüsse und fluide Formen. Die Tagung will beleuchten, welche Grundlagen für diese Metaphern bestehen, welche Vorstellungen dabei mitspielen und noch einiges mehr. Einsendeschluss für Abstracts: 30. April 2016.
Kunstgeschichte ist von Anfang an im Fluss. Die neuzeitliche Malerei strömte „wie kleine Bäche“ aus der „unerschöpflichen Quelle“ Giotto hervor – so beschreibt es bereits kurz vor 1400 Filippo Villani. Wenig später wurde konstatiert, dass es eines besonderen „Einflusses“ der Gestirne bedürfe, um mit einer speziellen Begabung zum Künstler prädestiniert zu sein. Bei Winckelmann üben dann die Klassiker einen „Einfluß“ aus, bei Semper das Material, bei Albert Ilg, dem Mitherausgeber der Quellenschriften zur Kunstgeschichte, die Technik.
Und mit Arcisse de Caumont beginnen die unzähligen Fluss-Diagramme von kulturell-künstlerischen „Strömungen“.
Kunstgeschichte bediente sich freilich nicht nur von Anfang an eines aquatischen Metaphernfeldes, sie scheint mit der Zeit auch immer noch fluider zu werden. Denn die kritische Auseinandersetzung mit Wissenschaftsgeschichte und Methoden der Kunstgeschichte hat bislang wenig Bedeutung für eine reflektiertere Verwendung entsprechender Begriffe, Sprachbilder und Denkmodelle gehabt. Trotz wichtiger Impulse für die Debatte (Michael Baxandall, Harold Bloom, Christopher Wood) wurde die Problematik bislang noch nicht zusammenhängend thematisiert, sondern kommt vor allem dann zur Sprache, wenn etwa eine bewusste Stilwahl im Unterschied zur überpersönlichen Dynamik von „Einflüssen“ begründet oder wenn anstelle von Ursprungs-Postulaten komplexere Vorstellungen von Zeitlichkeit, Wirkung und Kontextualisierung eines Werkes entwickelt werden sollen. „Ursprünge“, „Einflüsse“, „Strömungen“, „Quellen“ und Fluida im weitesten Sinne sprudeln jedenfalls im 20. und noch im 21. Jahrhundert munterer denn je, wenigstens der schieren Anzahl von Buch- und Aufsatztiteln nach zu schließen, die sich dieser Begriffe bedienen. Selbst die Künstler tragen zu diesem ‚aquatic turn‘ bei: etwa wenn die Bewegung des Fluxus seit 1960 die Grenze von Kunst und Leben ‚liquide‘ zu machen versucht oder wenn „Salt Water“ das Leitthema der jüngsten Biennale in Istanbul vorgibt.
Das Kolloquium will diese aquatischen Metaphern und Denkmodelle der Kunstgeschichte im Zusammenhang untersuchen. Vier große Fragenbereiche wären vorstellbar:
Themenvorschläge für ca. 30minütige Vorträge im Umfang von maximal 2000 Zeichen bitte bis zum 30. April 2016 an: einfluss@zikg.eu