Ausstellungsbesprechungen

André Masson. Eine Mythologie der Natur

André Masson (1896–1987) lässt sich in keine Schublade zwängen – allenfalls der Surrealismus (anfangs in kubistischer und in Cèzannes, später in informeller Nachbarschaft) bot eine gewisse Konstante im kraftvoll-faszinierenden Schaffen des Künstlers.

In Künzelsau sind rund 80 Arbeiten Massons zu sehen; das Hauptaugenmerk liegt auf dem dynamisierten Spätwerk und seinen vom Elan vital geprägten Privatmythologien. Zentral tritt hier ein Naturbegriff in Erscheinung, der nicht nur den Menschen als ein triebhaft-kreatürliches Wesen deutet, sondern das Zerstörerische als immanenten Teil des Werdens und stetigen Wandels betrachtet – ein Fressen-und-gefressen-Werden, wie es sinnfällig im Gemälde der »Drachenköpfe« (1955) erkennbar wird. Konsequent stellte der Maler auch das ›Non finito‹ über das vollendete Bild.

Konsequent auch traute Masson dem Verstand und dem menschlichen Willem nicht allzu sehr und entwickelte nach taoistischen Studien das »automatische Zeichnen«. Daraus erwachsen die märchenhaft-kosmischen Motive, rauschhaft-visionären Elemente und verrätselten Zeichen in der undurchdringbaren Farbwelt Massons. Der biografische Hintergrund dieser vitalen Naturanschauung hat seine Wurzeln sicher in den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges und den darin entfesselten grausamen und menschlich-antihumanistischen Kräften, die eine offene Wunde in die Geschichte und das menschliche Miteinander rissen. Wichtige Einschnitte für sein Schaffen bedeuteten die frühen 40er-Jahre, in denen Masson mit Goethes »Metamorphose der Pflanzen« sowie mit indianischen Mythologien (als Beispiel für die Umsetzung sei die berauschend schöne »Irokesische Landschaft« von 1942 zu nennen) umging und der Bruch mit André Breton auch eine gewisse Loslösung vom Surrealismus signalisierte.

Einer der Höhepunkte der Schau sind die bislang hierzulande nicht öffentlich gezeigten, an einem einzigen Tag geschaffenen »Zweiundzwanzig Zeichnungen zum Thema der Begierde« (1947). Überraschend sind zudem einige Arbeiten, die von einer ausgeprägten Fähigkeit zu Ironie und Sarkasmus zeugen, etwa das »Ballett der Insekten« von 1934, aber auch das grandiose Bild »Gefrorener Wasserfall« von 1951, das vergleichbare japanische Farbholzschnitte dramatisch aufzuladen scheint.

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Kuratiert wurde die exzellente Ausstellung von Guite Masson, der Schwiegertochter des Malers. Im Begleitprogramm gibt es eine Auswahl surrealistischer Filme (21. November, ab 16 Uhr) und – für Kinder – spielerische Werkbetrachtungen bzw. Work-shops wie »Bevor du malst, tanze dein Bild« (4. November) und »Ich sehe was, was du nicht siehst« (15. Januar). Sehr zu empfehlen ist der Katalog unter dem Titel »André Masson. Eine Mythologie der Natur«, der die Gemälde in brillanter Farbqualität wiedergibt.

 

Weitere Informationen

 

Öffnungszeiten
Mo–So 10–18 Uhr

Führungen
Öffentliche Führungen jeweils sonntags 11 Uhr (4,- €)
Führungen für Gruppen nach Vereinbarung (Tel. 07940-151813)
E-Mail: stefanie.volz@wurth.com

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