Ausstellungsbesprechungen

Garten Eden, Der Garten in der Kunst seit 1900

Auf den ersten Blick schwankt man vor Luzia Simons riesigen Formaten: Sind es hyperrealistische Fotografien von Blumen oder ist es eine reproduzierbereite blumige Fototapete? Tatsächlich legt Simons Tulpen auf den Scanner, der die Pflanzen unmittelbar auf der Glasplatte in einer Schärfe erfasst, dass zuweilen auch noch der Blütenstaub irritierende Glanzlichtlein hinterlässt, der Hintergrund dagegen in tiefem Schwarz verschwindet. Doch ist die Arbeit damit für die Künstlerin nicht erledigt, im Gegenteil:

Am Computer multipliziert sie einige Blumensequenzen nebeneinander, die den gleichmäßigen Rhythmus erzeugen, umspielt diesen aber raffiniert mit der Vergänglichkeit aller Natur: welkende Blätter, steter Wechsel der Blütenphasen: absolute Harmonie und kreatürlicher Aufruhr in einem Bild. Die grandiosen Arbeiten Luzia Simons zeigen Ausschnitte von manipulierter Natur, verweist auf deren vanitashafte Symbolhaltigkeit und auf die anarchische Selbstbehauptung, die sich gar nicht beeinflussen lässt.

 

So rar die opulenten Gärten geworden sind – Simons erinnert bewusst an die prachtvolle Darstellung der gerichteten Natur im Holland des 17. Jahrhunderts, als die Tulpenzwiebeln horrende Summen kostete, und sie erinnert an die Tulpe als die »fremde Schöne«, die über die Türkei in die Niederlande kam, wo sie zum Nationalgewächs wurde. Es ist nur eine Sicht auf das Thema, das in Bietigheim anklingt. In einer sehr klug konzipierten Ausstellung, die in Emden vorbereitet worden ist, reiht sich eine außerordentliche Facette an die andere. Gemalt, fotografiert, gefilmt, modelliert: Immer bleibt der Betrachterradius gewahrt, und doch darf man von der Vielfalt überwältigt sein.

 

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Die Stationen spiegeln dies wider: Die Brücke vom »Vom Dschungel zum Paradies« schlagen u.a. Daniel Gustav Cramer und Thomas Struth mit eindringlich-tiefen bzw. eindringlich -nüchternen Fotos, Cecily Brown und Sophia Schama mit einmal gestischer, ein andermal kalkulierter Malerei, Janaina Tschäpe und Hann Trier mit Detailbildern zwischen Abstraktion und Naturtreue, Katy Grannan und Johannes Hüppi mit dem Blick auf den natürlichen Trieb des Menschen. »Zäune und Hecken« zeigen Richard Bergh, Martin Brockhoff, David Hockney, Karin Kneffel, Max Slevogt, Fritz von Uhde, Marianne von Werefkin u.a. – auch die Grenzen zum Kitsch mit einbezogen. Die Abteilung für den »Gärtner« wird bespielt von Cuno Amiet, Carl Larsson – dem Gartenspezialisten unter den Landschaftern -, Emil Nolde und Camille Pissarro, nochmals Marianne von Werefkin u.a.m.; hart an die Geschmacksgrenze geht Ene-Liis Semper mit einem Video, wo sich der Mundraum einer Darstellerin zum Blumentopf wandelt. Eine weitere Station heißt »Archiv und Ordnung« mit Karl Blossfeldt (sozusagen ein Ahne von Luzia Simons), Piero Dorazio, Alexej von Jawlensky, der wunderbare Paul Klee, erneut Marianne von Werefkin, grelle Positionen von Günter Fruhtrunk, Gotthard Graubner und Fritz Winter, dagegen fleißige Scherenschnitte von Gabriele Basch. Der »Locus amoebus« darf nicht auf der Kapitelliste fehlen: Altmeister wie Paul Cézanne, Max Liebermann, Claude Monet und Heinrich Vogeler geben ihr Bestes. Beachtung findet zudem »Der Garten als Labor«, angelegt von Klaus Fritzer u.a. »Die Dritte Natur« wird gefeiert: von Eugene Atget, Lovis Corinth, Josef Mehoffer und der herausragende Fotograf Wolfgang Tillmans. »Der Zaubergarten« beschließt das Gartenpanorama mit Fischli/Weise, zudem mit Max Ernst usw.


Rund 100 Arbeiten vermögen es, den Betrachter in den Garten zu ziehen, ihn zu bannen oder auch fernzuhalten. Mehr Arbeiten würde die Erkenntnis nicht bereichern, zumal die kleine Parallelausstellung »Vom Gartenreich zum Bauhaus« noch mit einigen Überraschungen aufwartet. Gerade in der Zeichnung sind hier regelrechte Kabinettstücke zu sehen, so etwa von Claudia Berg oder Rolf Julius.

 

 

Öffnungszeiten

Dienstag bis Freitag 11–18 Uhr

Donnerstag 11–20 Uhr

Samstag/Sonntag 11–18 Uhr

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