Ausstellungsbesprechungen

Japanische Keramik der Gegenwart. Die Sammlung Crueger. Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig, bis 5.4.2010

Was hierzulande ‚Teezeremonie’ heißt, trägt in seinem Ursprungsland einen viel bescheideneren Namen, nämlich chadô oder sadô- ‚Weg des Tees’, der die verschiedenen Einflüsse des Zen-Buddhismus, Elemente des Konfuzianismus und des Shintoismus in sich vereint. Bereits seit dem 14. Jahrhundert wurden in Japan Teezusammenkünfte außerhalb der Klöster praktiziert. In einer Teezeremonie, die durchaus bis zu vier Stunden dauern kann, soll man den Geist zur Ruhe kommen lassen und sich der Vergänglichkeit des Augenblickes gewahr werden. Dieses kontemplative Ereignis erfolgt nach festen Regeln, bei dem das Teegeschirr eine bedeutende Rolle spielt. In diese Welt ist unsere Autorin Anett Göthe eingetaucht und gibt Einblicke in die Ausstellung.

In Japan sind die Grenzen zwischen der bildenden Kunst und der angewandten Kunst, sprich Alltagskunst fließend, ebenso wie zwischen Tradition und Innovation. Einer Teeschale wird dabei die gleiche Wertschätzung entgegen gebracht wie der Malerei, denn in Japan wird keine Kunstrichtung bevorzugt, Altes wird bewahrt und durch Neues ergänzt. Die japanische Keramik der Gegenwart wird von Vielfalt und einem Nebeneinander uralter Traditionen und moderner Einflüsse bestimmt. Teekeramik genießt im Land der aufgehenden Sonne eine hohe Anerkennung, was sich auch an den zum Teil sehr hohen Preisen für die Objekte bekannter Töpfer erkennen lässt. Zudem hat Japan eine reiche und vielfältige Keramiktradition, die seit dem 16. Jahrhundert mit der Entwicklung der Teezeremonie einen Höhepunkt erfahren hat. Unter der Vielzahl der Brennöfen, die nach japanischem Sprachgebrauch auch eine Werkstatt bezeichnen können, sind die bekanntesten Keramikzentren die ‘Sechs Alten Öfen’ (roko koyo) Tokoname, Bizen, Echizen, Tanba, Shigaraki und Seto. Die einzelnen Keramikgebiete haben sich ihren lokaltypischen Charakter bis heute bewahrt und prägen bis in die Gegenwart die Arbeiten der Keramiker.

Europäisches Porzellan entstand im Vergleich zu China und Japan relativ spät. Erst 1708 gelang es Johann Friedrich Böttger erstmalig die Herstellung von Porzellan. Bereits 1710 wurde auf Befehl August des Starken in der Albrechtsburg die erste europäische Porzellanmanufaktur eingerichtet. Doch bis es soweit war, wurde das Bedürfnis nach Chinoiserien, die Luxusobjekte par excellence waren, durch Exporte vor allem aus China und Japan befriedigt. Bis heute ist der Reiz chinesischer und japanischer Keramik für Europa ungebrochen, was sich in vielen Sammlungen widerspiegelt. Seit fast 40 Jahren sammeln die Mikrobiologen Anneliese und Wulf Crueger neben europäischer vor allem japanische Keramik der Gegenwart. Sie besuchten die bedeutendsten japanischen Keramikgebiete und erwarben die jeweils typischen Stücke. Ihre Sammlung enthält charakteristische Keramik aus dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, die anhand ihrer jahrhundertealten überlieferten Formen und Oberflächen ein Beleg für die ungebrochenen Traditionen der japanischen Keramikkunst und ihre Entwicklungstendenzen sind.

Im Rahmen der ständigen Ausstellung „Asiatische Kunst. Impulse für Europa“ im Grassi Museum für Angewandte Kunst in Leipzig werden noch bis zum 5. April 2010 die wichtigsten und charakteristischsten Objekte der Sammlung Crueger in den zwölf Pfeilern der rekonstruierten Art déco-Halle des Museums präsentiert. Diese Schau sieht sich als thematische Erweiterung der ständigen Ausstellung und ist zugleich die erste Präsentation, die nach Abschluss der Rekonstruktion der Pfeilerhalle in dieser gezeigt wird. Diese Kollektion japanischer Keramik war bereits in mehreren deutschen Museen zu Gast. Als Schenkung ist die mit mehr als 400 Objekten zählende Sammlung japanischer Keramik im Jahr 2006 dem Berliner Museum für Asiatische Kunst übergeben worden, wobei das Leipziger Grassi Museum für Angewandte Kunst den Großteil der europäischen Keramik dieser Sammlung nun sein Eigen nennen darf.

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