Im Jahr 1954 ging der 24-Jährige Jasper Johns nach New York um nicht länger Künstler werden zu wollen, sondern um endlich einer zu sein. Er zerstörte seine bis dahin geschaffenen Werke und merzte jede Spur einer Ähnlichkeit mit dem Stil anderer Künstler aus seiner Kunst aus.
Ihn interessierte die konkrete Objekthaftigkeit der Gemälde. Er sah seine Herausforderung darin, die Ambivalenz von Gegenstand und Abbild darzustellen. In diese Phase reihen sich Johns\' »Target«-Arbeiten. Er variierte dieses Motiv in unterschiedlicher Gestaltung der Materialien. Mal monochrom, mal in Enkaustiktechnik oder ganz banal als Gemälde in Öl auf Leinwand. Ihm ging es um die Wirkung, die jedes Mal anders ist.
Stellvertretend steht für diese Phase das bekannte »Target with four faces« aus dem Jahr 1955. Das Bild wird selbst zum Objekt und ragt in den Raum hinein. Durch die Technik der Enkaustik ist die Oberfläche zwar unregelmäßig, wirkt aber weich und transparent. Die eingearbeitete Zeitung blitzt unter dem farbigen Wachs hervor. Die gleichmäßig gezogenen Kreise erhalten durch die unruhige Oberfläche einen bewegten Eindruck. Die Form der Zielscheibe fängt den Blick des Betrachters, der von den vier Gesichtshälften am oberen Bildrand erwidert werden müsste. Da die Kästen den Blick allerdings nur auf die jeweils untere Gesichtspartie frei geben, bleiben die Augen verdeckt.
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Johns Arbeiten stießen damals auf allgemeines Interesse. »Target with four faces« wird prompt auf dem Titelblatt der Zeitschrift »Artnews« abgedruckt und aus einer Ausstellung in der New Yorker Leo Castelli Galerie gehen dieses und andere Werke auf direktem Weg in das Museum of Modern Art.
Nachdem diese Werke mit großer Aufmerksamkeit bedacht wurden, hört Johns nach seinem Galeriedebut auf, in dem Stil zu malen, der ihm Annerkennung brachte. Der Akt des Malens und die materiellen Eigenschaften des Bildes wurden von da an zum zentralen Thema und zur Hauptmotivquelle seiner Kunst.
Johns verwendete mechanische Hilfsmittel, um die regelmäßigen Kreise der Zielscheibe zu ziehen. Nun verankert er die Werkzeuge dauerhaft in den Bildern. Es stellt sich eine Unmittelbarkeit ein, so als ob der Künstler das Werk soeben fertig gestellt und an die Wand gehängt hätte. In den »Skin«-Bildern, scheint der Künstler fast leibhaftig anwesend zu sein. Er presste seinen mit Babyöl eingeschmierten Körper auf die Leinwand und ließ die Spuren durch Kohleübermalungen sichtbar werden. Es ist nicht mehr ein Akt des Malens, der Künstler selbst wird zum Malwerkzeug.
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Es überrascht allerdings, dass das prominente Motiv der Flag in der Ausstellung vollkommen übergangen wird. Interessanterweise beschränkt es sich ausschließlich auf ein Werk, dass vor dem Eingang der Ausstellung hängt. Aber darum geht es auch nicht. Im Fokus steht die Entwicklung der vier Motive Zielscheibe, die drei Grundfarben, Präsenz der mechanischen Hilfsmittel und Körperabdruck. Die Darstellung dieser Entwicklung präsentiert die Ausstellung in überzeugender Konsequenz.
Der gewählte Zeitraum 1955-1965 bezeichnet aber auch die künstlerische Etablierung Johns\' auf dem Kunstmarkt. Im Mai 1959 meldete das Magazin »Time«, dass der bis vor einem Jahr unbekannte Jasper Johns nun »der brandneue Liebling der gescheiten, spröden Avantgarde der Kunstwelt« sei. Johns hat zu diesem Zeitpunkt seinen Wunsch aus dem Jahr 1954 in die Tat umgesetzt — er ist Künstler.
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Trotzdem geht es in der Basler Ausstellung nicht darum Hauptwerke aus dieser Zeit zusammenzustellen. Vielmehr wird dem Besucher die Entwicklung ausgewählter Motive vor Augen geführt. Man begegnet einem Jasper Johns, der seine Grenzen auslotet und innovativ neue Ideen entwickelt. Die Ausstellung, will keine Retrospektive zum Frühwerk sein und genau diesem Anspruch wird sie gerecht. Sie zeigt in chronologischer Anordnung die Verzahnung bestimmter Motive, die Johns\' des Experimentierens willen über den Zeitraum 1955-1965 immer wieder aufgreift.
Wie sich die Arbeitsweise Johns\' später entwickelt hat, kann dann in den neuen Räumen des Kunstmuseums angeschaut werden. Dort hängen zwei Werke von Johns im Kontext der Sammlung zum 20. Jahrhundert.
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr
Montag geschlossen