Ausstellungsbesprechungen

Michael Dweck. Mermaids & Elke Morris. domicile

Nach der Sommerpause präsentiert die Robert Morat Galerie in Hamburg bis 10. November 2008 in einer spannenden Parallelausstellung die fotografischen Werke von Michael Dweck und Elke Morris. Während Dweck sich dem weiblichen Körper in seinen sinnlichen, grazilen Bewegungen im Wasser annähert, rückt für Morris die Architektur von Arbeiterhäusern in ihrer amerikanischen Heimatstadt und deren soziale Ausdrucksfähigkeit ins Zentrum.

Michael Dweck. Mermaids

Im Jahr 2004 machte der in New York lebende Fotograf Michael Dweck mit seinem ersten Buch »The End: Montauk, N.Y.«, das ein großer Erfolg wurde, auf sich aufmerksam. Seitdem wird seine Arbeit international ausgestellt und publiziert. Mit der Veröffentlichung des neuen Bildbandes »Mermaids« startet der Fotograf zugleich eine umfangreiche Ausstellungsserie in den USA, Asien und Europa.

Michael Dwecks moderne Meerjungfrauen schweben scheinbar schwerelos im Raum, gleiten in die geheimnisvollen Tiefen von Seen, von Buchten an den Küsten von Long Island und Florida, tauchen in die Strömungen von Flüssen ein oder lassen sich in Swimmingpools sanft treiben. Dem Betrachter begegnen Frauengestalten, die selbstvergessen und in meditativer Stille unter Wasser zu tanzen scheinen, die sich fallen lassen, so dass ihre Körper eine ganz besondere Anmut und Schönheit erlangen. Diese einfühlsamen Aktstudien, die Michael Dweck oft bei Nacht aufgenommen hat, sind durch Reflektionen und ein magisches Lichtspiel verfremdet und abstrahiert – wir erblicken Märchenwesen einer faszinierend friedlichen Welt, die uns neugierig machen und unsere Augen fesseln.

In diesem Sinne scheint es gar nicht so abwegig, an Novalis’ romantisches Märchenverständnis zu denken, der in seinem »Heinrich von Ofterdingen« schrieb: »Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren / Sind Schlüssel aller Kreaturen, / Wenn die, so singen oder küssen, / Mehr als die Tiefgelehrten wissen, / […] / Wenn dann sich wieder Licht und Schatten / Zu ächter Klarheit werden gatten, / Und man in Mährchen und Gedichten / Erkennt die ewgen Weltgeschichten.« Auch Dwecks »Mermaids« erlangen in ihrer bisweilen verrätselten, aber ästhetisch sehr reizvollen, klaren Präsentation Tiefe und heben sich damit deutlich aus der Masse von oftmals langweiligen Aktaufnahmen heraus.

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Elke Morris. domicile

Die in Deutschland geborene Elke Morris lebt seit Mitte der 1980er Jahre in den USA und lehrt seit 1993 als Professorin für Fotografie und Visuelle Gestaltung am Bates College in Lewiston, Maine. Ihre fotografischen Arbeiten werden seit 1989 regelmäßig ausgestellt und veröffentlicht. Zudem kann die Fotografin mittlerweile auf eine ganze Reihe von Preisen und Auszeichnungen zurückblicken. Ihre Serie »domicile«, die zunächst in den USA in Museen und Galerien präsentiert wurde, findet nun erstmals den Weg in eine deutsche Galerie.

Elke Morris’ Arbeiten bauen eine greifbare Spannung auf, da sie so grundlegend anders sind als jene von Michael Dweck, denn die Fotografin dokumentiert Arbeiter-Häuser in ihrer Heimatstadt Lewiston im Nord-Osten der USA. Soziale Umbrüche in der ehemals florierenden Textilindustriestadt haben dazu geführt, dass ganze Viertel langsam verfallen. Morris kommentiert diesen Prozess allerdings nur indirekt, vielmehr widmet sie sich ihrem Sujet mit wissenschaftlicher Präzision und einer Objektivität, mit der archäologische Fundstellen festgehalten werden.

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Es ist weder ein voyeuristischer Blick auf die sozialen Randgebiete – immerhin erblicken wir einzig die Architekturen und nicht die Menschen – noch artikuliert sich in den Arbeiten von Elke Morris die Suche nach jenen Details des Verfalls. Die Aufnahmen sind aus einiger Distanz gemacht, ermöglichen auf diese Weise das Gefühl kühler Objektivität und lassen den Betrachter dennoch nicht vergessen, dass es der Fotografin obliegt, den Bildausschnitt zu wählen. Elke Morris forscht, sucht nach Spuren, die die Vergangenheit aufzeigen, die Gegenwart erklären und verständlicher machen – und dies tut sie in einer meisterlichen künstlerischen Umsetzung. Indem sie jene leeren, toten Gebäude fotografiert, schenkt sie ihnen neues Leben, macht sie zu etwas Besonderem und vermag im Moment der Betätigung des Auslösers den Verfall – zumindest in den Aufnahmen – zu stoppen.

Zwei Ausstellungsräume – zwei ganz unterschiedliche fotografische Ansatzweisen! Doch in ihrer Gegensätzlichkeit ergänzen die Fotografien einander und machen den Galeriebesuch zu einem faszinierenden und sicher noch lange im Gedächtnis bewahrten Ereignis. Wie gewohnt überzeugt die Robert Morat Galerie durch tolle Künstler, eine klar strukturierte Präsentation und natürlich durch die treffsichere Wahl und einfühlsame Kombination der ausgestellten Werke! Fazit: Diese Ausstellung ist nicht nur ein Appetithäppchen, sondern ein wirklicher Leckerbissen, den es zu genießen gilt!

Weitere Informationen

Öffnungszeiten
Di-Fr 11-18 Uhr
Sa 11-16 Uhr und n. V.

Eintritt
frei

Zusatzinformation
Die Robert Morat Galerie in Hamburg bietet neben wechselnden Ausstellungen deutscher und internationaler Photographen ein ausgesuchtes Sortiment von Büchern und Zeitschriften zum Thema Fotografie.

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