Ausstellungsbesprechungen

Peer Hanslik, Menschen am Meer

Die Robert Morat Galerie präsentiert in der Ausstellung „Peer Hanslik. Menschen am Meer“ acht äußerst interessante Arbeiten des in Berlin lebenden und arbeitenden Fotografen. Peer Hanslik, der an der Hochschule der Künste in Bremen Visuelle Kommunikation studiert hatte, schafft ausdrucksstarke Arbeiten, die in internationalen Ausstellungen großen Anklang finden, darüber hinaus bereits mit Auszeichnungen versehen und in zahlreichen Publikationen veröffentlicht wurden.

Die in der Ausstellung gezeigten Fotografien wurden in den vergangenen Jahren an ganz unterschiedlichen Orten der Welt, wie beispielsweise in Rio, an Italiens Amalfi-Küste oder an Polens Ostseestrand aufgenommen. Was aber interessiert den Fotografen bei diesen Aufnahmen von Stränden und Menschen? „Mich interessiert der Moment, in dem Unterschiede sich auflösen und die Menschen sich in einem kindlichen, embryonalen Zustand den Elementen aussetzen“, so erklärt der Fotograf seine Arbeit. Hanslik ist fasziniert von dem Prozess der Aufhebung gesellschaftlicher Barrieren. Durch sein Kameraobjektiv hindurch beobachtet er, wie die Menschen am Meer sich von der Hülle ihres sozialen, gesellschaftlichen Kontextes trennen und Status oder Hierarchie im Begriff sind, sich nach und nach aufzulösen. Der Mensch verschwindet zusehends als Individuum und es entstehen neue Wesen am Meer, die sich zeitlos der Sonne und der Muße hingeben.

 

Diesem Interesse an Auflösung und Entindividualisierung wird besonders durch die Vogelperspektive, die Hanslik mal in gemilderter Form, mal in extremer Form der Aufsicht verwendet, Rechnung getragen. So etwa trifft der Besucher der Ausstellung auf die ausdrucksstarke Aufnahme eines Pools in Havanna. Die Fotografie erfährt sowohl vertikal als auch horizontal eine klare Strukturierung. Markant trennt eine vertikale Linie das rechts befindliche, zwei Drittel des Gesamtbildes einnehmende türkisfarbene Wasser von einer Fläche grauer Steinplatten. Die Steinplatten sind ihrerseits von sechs horizontal aufgestellten weißen Liegestühlen, auf denen sich Menschen sonnen, gegliedert. Ein dynamisches Element, das sich jedoch dem geometrischen Schematismus nicht entzieht, bildet eine junge Frau, die mit kraftvollen Armzügen parallel zur Vertikallinie vom unteren zum oberen Bildrand schwimmt. Interessant erscheint bei dieser Fotografie besonders der Blickwinkel, denn gerade die Aufsicht löst die abgebildeten Menschen von ihrer Individualität und stellt sie in einen größeren Zusammenhang.

 

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Noch deutlicher wird der Auflösungsprozess des Menschen in der Masse durch die Aufnahme des Lido in Sorrent. Auch hier blickt Hanslik mit seiner Kamera von oben auf die Menschen herab, die sich an einem grauen, partiell schwärzlichen Strand tummeln – es wird erzählt, geschlafen, sich eingecremt und gesonnt. Neben den Menschen ist besonders das Konglomerat der leuchtend bunten Badetücher zentral für das Bild, weil dieses die menschlichen Handlungen in den Hintergrund treten lässt und sie bisweilen in Objektivität aufzulösen sucht.

 

Bei der Strandszene in Ipanema schließlich hebt Hanslik das Individuelle durch die Technik des „gegen die Sonne Fotografierens“ auf – hier sind nur noch die menschlichen Silhouetten erkennbar. Tauchen im Hintergrund die von Sonnenlicht und nebelartigen Schleiern verschwommen wirkenden Hotelburgen und im Mittelgrund das Meer mit seinen tanzenden Wellen in sanften Formen auf, so ist auch der Mensch mit seinen mal mehr mal weniger forcierten Konturen in diese Art der „Verklärung“ aufgenommen und integriert. Die Menschen sind in dieser Fotografie Scherenschnitten vergleichbar, die zwar das Wesentliche erkennen lassen, das Individuelle der Person jedoch kaschieren.

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Eine ganz andere Art der Auflösung von Unterschieden findet sich in der Fotografie eines Paares. Erneut die Aufsicht wählend, führt der Fotograf dem Betrachter nun zwei Menschen aus direkter Nähe vor Augen. Zu sehen ist eine auf einem Schemel im Zentrum der Aufnahme sitzende, korpulente Frau in gemustertem Badeanzug und einem Hut, der ihr Gesicht zum Betrachter hin abschirmt. Rechts davon ist ein mit einer schwarz-weiß gestreiften Badehose bekleideter Mann zu sehen, der sich nach vorne beugt, so dass auch sein Gesicht für den Betrachter im Verborgenen bleibt. Es entsteht durch die Nähe der beiden Personen zum Betrachter und die gleichzeitige Anonymität ein interessantes Spannungsverhältnis, das jedoch in der gelassenen Haltung der Personen und durch die gewählte Perspektive einen ausgleichenden Ruhepol erfährt.

 

Insgesamt ist diese Ausstellung ein sommerlicher Bonus, der den Besucher sicherlich in den Bann ziehen wird. Peer Hanslik sind mit „Menschen am Meer“ Aufnahmen gelungen, die keineswegs mit flüchtigem Blick gestreift werden wollen, sondern die den Betrachter zu einem Dialog auffordern, ihn geradezu in direkter Manier ansprechen und ihm Fragen mit auf den Weg geben. Es sind sommerliche Streiflichter mit verborgener Tiefe, die entdeckt werden wollen!

 

 

Öffnungszeiten

Di-Fr 11-18 Uhr

Sa 11-16 Uhr und n. V.

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