Die Wiederentdeckung dauert an. Als die Frankfurter Schirn mit ihrer großartigen Uwe-Lausen-Ausstellung ins Rennen ging, musste sich der eine oder andere erst in die eigenwillige Farb- und Raumwelt einfinden. Inzwischen ist die Schau nach München weitergezogen, und der geneigte Betrachter durfte sich einer wachsenden Zahl derjenigen zurechnen, die in Uwe Lausen einen großen Einzelgänger der 1960er Jahre sehen. Anlässlich der bald in Hamburg stattfindenden Ausstellung wirft Günter Baumann einen Blick zurück.
Bevor die rund 50 Gemälde und noch einmal so viele Arbeiten auf Papier noch in Hamburg auftauchen, wird sein Name fest verankert sein unter dem Label einer deutschen Pop Art (die vor Exkursen nicht Halt macht, im Fall Lausens in die Gewaltästhetik eines Bacon), was kein Widerspruch zum Einzelgängerstatus wäre: Hier tummeln sich nur wenige, auf die eine solche Etikettierung passen würde – Gerhard Richter allenfalls am Rande, Immendorf teilweise, am ehesten Polke, gerade er etwa gleichaltrig mit Lausen. Hat man Uwe Lausen in diesem Umfeld endlich verortet, sticht plötzlich seine Qualität heraus, ein absolut kraftvolles Oeuvre, dem man kaum ansieht, dass sein Schöpfer bereits seit 40 Jahren tot ist: 1970 nahm sich der 29jährige im Elternhaus das Leben. Dass der gebürtige Stuttgarter in seiner Heimatstadt nahezu vergessen ist, kann man nach diesem postumen Auftritt in Frankfurt, München und noch in Hamburg nur schwer nachvollziehen.
Die Kunst war dem Autodidakten nicht in die Wiege gelegt. Geboren 1941 als Sohn eines Politikers, durchlief er zunächst ein Philosophie- und Jura-Studium, wenn auch insgeheim mit dem Ziel, Schriftsteller zu werden. Was ihm die Kunst nahebrachte, waren sicher nicht seine Wurzeln, sondern seine Begegnung mit der Münchner Künstlergruppe »Spur«, deren enormer Einfluss auf die Nachkriegskunst in Deutschland erst allmählich aufgearbeitet wird. Asger Jorn konnte so einer der stilistischen Leitsterne für Lausen werden. Im Weg standen ihm die Drogen, ein Hang zu Depressionen, ein aggressiver Charakter, gleich mehrere Gründe, dass diese überbordende malerische Dynamik tatsächlich grenzüberschreitend war – in einen Existenzialismus hinein, der dem Künstler zum Verhängnis wurde. Manch erkennbare Gestik in seiner letztlich immer figurativen Kunst grenzte auch fast an Selbstzerfleischung, sein eigenes Wohnzimmer wurde zum Tatort brutaler Szenerien, wie er sie selbst in seiner Phantasie sah. Um 1969 war Lausen verbraucht, er stieg aus der Malerei aus – ein Jahr später auch aus dem Leben. »Ende Schön Alles Schöne« ist die Ausstellung übertitelt – das Ende war es wohl in Wirklichkeit nicht, wodurch sich der Text in beiden Teilen umkehren lässt: Wenn das Ende eigentlich nicht schön war, schließt man daraus, dass auch die Schönheit keinen Ganzheitsbonus beanspruchen kann. Das entsprechende Bild mit diesem Titel hat etwas Makaber-Zynisches. Und wie das ganze Werk etwas faszinierend Morbides wie auch etwas melancholisch Aus-der-Welt-Gefallenes.
Zusätzlich zum Katalog erschien im Sommer das erste Werkverzeichnis Uwe Lausens, auch im Verlag Hachmannedition.