Ausstellungsbesprechungen

14AD – Römische Herrschaft am Rhein, Römisch-Germanisches Museum, Köln, bis 19. Oktober 2014

Als Augustus im Jahr 14 n. Chr. starb, verbreitete sich die Nachricht von seinem Tod wie ein Lauffeuer im ganzen Imperium Romanum. Die antike Welt hielt den Atem an, ja das römische Reich schien ernsthaft in seinem Bestand gefährdet. In Köln drohten Legionäre mit offener Rebellion. Die Ausstellung widmet sich dem Leben im oppidum Ubiorum, wie Köln in der frühen Kaiserzeit genannt wurde, und den angrenzenden Regionen. Rainer K. Wick hat sich vor Ort ein Bild gemacht.

Vor 2000 Jahren, im August des Jahres 14 n. Chr., verstarb nach mehr als vierzigjähriger Regierungszeit Augustus, der erste römische Kaiser. Nach einem blutigen Bürgerkrieg war es ihm gelungen, die Alleinherrschaft zu erlangen und das Imperium zu befrieden. Er gilt als Begründer der Pax Romana, des Römischen Friedens (auch Pax Augusta, Augusteischer Friede). Zwar scheiterte durch die Niederlage des Varus im Jahr 9. n. Chr. die Ausdehnung des römischen Reiches rechts des Rheins bis zur Elbe, doch konnten die linksrheinischen Gebiete dauerhaft dem Imperium Romanum eingegliedert werden. Nicht nur Trier (Augusta Treverorum) als die älteste Stadt Deutschlands wurde in augusteischer Zeit gegründet, sondern auch Autun (Augustodunum) in Gallien, Augsburg (Augusta Vindelicorum ) südlich der Donau und Augst (Agusta Raurica) in der nördlichen Schweiz – alles Orte, die die Ehre hatten, nach Augustus benannt worden zu sein. Auch die Gründung des römischen Köln (zunächst Oppidum Ubiorum, später Colonia Claudia Ara Agrippinensium), seit dem späten ersten Jahrhundert n. Chr. Provinzhauptstadt Niedergermaniens, fand zu Lebzeiten von Augustus statt, und das großartige Römisch-Germanische Museum in unmittelbarer Nähe des Kölner Doms, der Philharmonie und des Museums Ludwig hat das Todesjahr des Augustus nun zum Anlass genommen, das Gebiet zwischen Mosel, Maas und Rhein in der frühen Kaiserzeit, also der Epoche des iulisch-claudischen Herrscherhauses (bis Nero), zum Gegenstand einer sehenswerten Sonderausstellung zu machen.

Im Foyer und im Eingangsbereich der Ausstellung haben zahlreiche Porträtbüsten Aufstellung gefunden, die die Kaiser der iulisch-claudischen Dynastie und Mitglieder der kaiserlichen Familie zeigen; dominant natürlich Augustus, dann seine Frau Livia, ferner unter anderem seine Nachfolger Tiberius, Caligula, Claudius und Nero. Obwohl für die römische Bildniskunst allgemein eine aus dem etruskischen Erbe gespeiste Neigung zum Realismus typisch ist, entfaltete sich in der frühen Kaiserzeit im Rückgriff auf die griechische Klassik der sogenannten augusteische Klassizismus, der Teil eines übergreifenden Regierungsprogramms war und damit zur politischen Kunst wurde. Denn sowohl in Rom als auch in den Provinzen wurden Bildnisse des Kaisers und prominenter Mitglieder seiner Familie in Tempeln, auf Plätzen und in öffentlichen Gebäuden aufgestellt, um für die Untertanen im ganzen Reich gleichsam omnipräsent zu sein. Die Bildniskunst wurde zur Staats- und Repräsentationskunst, was zur Folge hatte, dass die Porträts dieser Epoche tendenziell kühl und streng erscheinen und das Individuell-Menschliche zugunsten der Betonung idealtypischer Grundzüge der Porträtierten in den Hintergrund trat. Augustus selbst hat sich stets als »zeitlos« darstellen lassen; Altersbildnisse existieren nicht. Ohne das Individuelle gänzlich zu unterdrücken, ist das Moment klassizistischer Idealisierung unübersehbar. Bei den meisten Porträtbüsten der Kölner Ausstellung handelt es sich um Stücke aus Marmor. Insofern ist das in Köln ausgestellte Bronzeporträt des Augustus mit fehlender Kalotte eine Seltenheit, denn wie auch im Fall von Statuen in Gold und Silber wurde Bronze später vielfach eingeschmolzen und anderweitig verwendet. (Vom Schicksal römischer Bronzen nördlich der Alpen erzählte kürzlich die Ausstellung »Gebrochener Glanz« im LVR-LandesMuseum in Bonn) Maecenas, Vertrauter und politischer Berater des Kaisers, soll Augustus den Rat gegeben haben: »Du sollst niemals gestatten, dass man Deine goldenen und silbernen Bildnisse herstellt. Sie sind nicht nur kostspielig, sondern reizen zur Vernichtung [...]. Schaffe vielmehr ewig leuchtende und unsterbliche Bilder von Dir in den Seelen der Menschen durch Deine Wohltaten.«

Mehrere hundert Exponate dokumentieren mit Funden aus Köln, Bonn, Neuss, Xanten, Mainz, Nimwegen, Tongeren, Trier und anderen Orten die Pionierzeit römischer Zentren an Rhein, Mosel und Maas.

Die Romanisierung dieser Gebiete war das Resultat einer für Rom kennzeichnenden aggressiven, auf Grenzerweiterung zielenden Eroberungspolitik. Folgerichtig zeigt die Ausstellung römisches Kriegsgerät, mit dem die Infanterie und die Reiterei ausgerüstet waren, so etwa unterschiedlich geformte Helme oder Schwerter. Hervorzuheben ist der aus Nimwegen stammende Maskenhelm eines Reiters mit diademartigem Stirnband aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts. Ein Glanzstück ist auch das sogenannte Schwert des Tiberius (Replik; Original im British Museum London). Es handelt sich um ein Prunkschwert, das aus der Zeit kurz nach dem Tod des Augustus stammen dürfte. Interessant ist es insbesondere wegen seines Reliefs, das die Mündung der Schwertscheide schmückt und sitzend Tiberius, den Nachfolger von Augustus, zeigt, der von seinem in Germanien siegreichen Adoptivsohn Germanicus eine Statuette der Siegesgöttin Victoria entgegen nimmt. Im Hintergrund erscheint der bärtige Kriegsgott Mars, von rechts schwebt Victoria heran.

Auf die militärische Eroberung folgte rasch die Gründung städtischer Siedlungen, der Aufbau ziviler Strukturen, die Schaffung einer effizienten Administration, die Einführung des römischen Geld- und Finanzwesens, die Förderung von Handel und Gewerbe. Wie im gesamten Imperium Romanum, wurden auch im Norden die mauerbewehrten Städte nach dem sogenannten Hippodamischen Schema schachbrettartig angelegt und mit einem zentralen Forum und Marktbasilika, einem Tempel für die Kapitolinische Trias (Jupiter, Juno und Minerva), Amtsgebäuden, Heiligtümern, Aquädukten, Thermen, Theater und Amphitheater ausgestattet. Dabei führten die Römer im Bereich der Repräsentationsarchitektur nicht nur die mediterrane Steinbauweise ein, sondern mit Eierstab und Akanthus auch den Formenschatz des griechisch-römische Dekorationssystems, wie in der Ausstellung ein Architekturglied des frühkaiserzeitlichen römischen Theaters in Mainz belegt.

In den Norden transplantiert wurden ferner die traditionellen römischen Lebensgewohnheiten, und Luxuswaren wie hart gebranntes Tafelgeschirr (Terra Sigillata), Silbergefäße und farbige Gläser wurden aus dem Süden importiert. Die Verstorbenen wurden nach mediterranem Brauch außerhalb der Mauern in Totenstädten (Nekropolen) bzw. links und rechts der aus den Städten herausführenden Fernstraßen, die hier als »Gräberstraßen« dienten, beigesetzt. Um sie vor dem Vergessen zu bewahren, erhielten sie nach italischem Brauch Grabmonumente oder Grabstelen mit Inschriften und in Stein gemeißelten, mehr oder minder porträtähnlichen Brustbildern. Neben Grabstelen von römischen Legionären ist ein besonders interessantes Exemplar der Grabstein der Schauspielerin, Sängerin oder Tänzerin Polla Matidia, die den Künstlernamen Olympia trug und sich der Truppenbetreuung der am Niederrhein stationierten römischen Grenzsoldaten angenommen hatte. Als sie um 25 n. Chr. dreißigjährig starb, errichtete ihr der fünfundzwanzig Jahre ältere Legionsveteran Lucius Iulius, mit dem sie liiert war, diesen Grabstein, wie dem Inschriftentext in römischer Capitalis zu entnehmen ist.

Die material- und facettenreiche, ansprechend inszenierte Ausstellung wird von einem informativen Katalog begleitet, in dem sich biografische Skizzen der bedeutenden politischen Akteure, von Augustus bis Nero, und Beiträge zu historische Sachthemen abwechseln und eine informative und anregende Lektüre ergeben.

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