Für gewöhnlich sind Künstler wenig entzückt, wenn man ihnen alte Zöpfe anhängt. Franziska Schemel hatte allerdings allen Grund, sich zufrieden zurückzulehnen – ihr Werk geriet in den Glanz der Ausstellung »Schönheit im alten Ägypten« im Badischen Landesmuseum, Karlsruhe: Dessen Chef, Prof. Harald Siebenmorgen, und seine Kuratorin erkannten in Arbeiten der Künstlerin Scheintür-Motive, Proportionsschemata und eine formale Strenge, die ihnen geeignet schienen, das groß angelegte Ägyptenspektakel gemeinsam mit einigen handverlesenen Kolleginnen und Kollegen – Antes, Brodwolf & Co. – zu flankieren.
Freimütig bekennt Franziska Schemel, dass sie nie über eine symbiotische Nähe ihrer Arbeiten zur ewigkeits- und jenseitsorientierten Ästhetik nachgedacht hat, aber von der bloßen Idee ist sie durchaus angetan. Zwar sieht sie selbst ihr Werk ganz im profanen Raum, wer jedoch eine religiöse Deutungsebene drauflegt, sei willkommen. »Wer weiß«, sagt sie augenzwinkernd, »vielleicht war ich früher einmal ein ägyptischer Tempelbauer«.
Zunächst scheinen solche Zufallseindrücke und -momente – im Gedankenbogen zwischen Karnak und Karlsruhe – weit auseinander zu liegen. Angesichts der Arbeiten von Franziska Schemel werden die Distanzen jedoch spürbar kleiner, wenn man sie substanziell unter dem Eindruck des teils Feierlichen, teils Alltäglichen verbucht. Unterschiedliche Materialien lässt die Künstlerin aufeinander los und der Verdacht liegt nahe, dass die Künstlerin mit all den Widersprüchen und Gegensätzen spielt, sie bewusst aushält oder sie als Herausforderung eines Sowohl-als-auch gestaltet. In erster Linie sind ihr dabei formale Relationen wichtig, Deutungen ergeben sich dann von selbst.
Im Kern ihrer Arbeiten stehen Fotos, manchmal in der Größe einer Briefmarke, sodass man schon genau hingucken muss, um die seriengleich wiederkehrenden Motive zu erkennen: immer wieder »Leute«, genauer gesagt, »Einzelgänger unterwegs«. Im nüchternen Ambiente von Bahnhöfen, kahlen Räumen spürt Schemel dem günstigen Augenblick nach, verbringt halbe Ewigkeiten in Unterführungen, um Menschen im (scheinbaren) Tanz oder im (schnappschussleichten) Schwebezustand vor die Linse zu bekommen. Diese flüchtigen Momente bannt die Fotografin zur Fixierung auf eine leichte, millimeterdicke Aludipondplatte. Soweit wäre der figurative Hintergrund in Franziska Schemels Kunst umrissen – streng genommen fehlte nun nur noch der Rahmen. Doch der übersteigt alles, was er für gewöhnlich verspricht. Zwar umrahmt er das Foto, aber er zelebriert es in einer materiellen Dramaturgie, einem überbordenden Ausmaß und einer formal-geometrischen Vielfalt, dass er sich letztlich in seiner Funktion negiert und eine Eigendynamik entwickelt, die so viel Elan mitbringt, dass das entstandene Gesamtbild als Malerei, Reliefskulptur wie als architektonische Raumphantasie durchgeht.
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Galerie Alfred Knecht
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Öffnungszeiten
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