»Und sie bewegt sich doch […]« möchte man ausrufen! Mit diesem »Buch Galileo Galilei als Künstler« endet der netzwerktechnisch und wissenschafts-dynamisch genial durchgeführte Versuch Bredekamps »drei für die Moderne maßgeblichen Personen in ihrem Verhältnis zum Formfeld des Visuellen […]« zu untersuchen.
Es sind dies Hobbes (1588-1679), Leibniz (1646-1716), Galilei (1564-1642). Dieses Vorhaben »ist (daher) auch aus dem Bewußtsein entstanden, daß die ungeheuren Leistungen der neueren Philosophie mit Verlusten gewaltigen Ausmaßes erkauft waren.«
Dieses Buch Bredekamps wirkt wie die längst ersehnte Inkarnation der Gerechtigkeit der Geistesgeschichte im 21. Jahrhundert gegenüber allem gemeinen Denken, ja gänzlich gegenüber dem »Fernrohrblick« der vergangenen Jahrhunderte, wie er sich noch im 20. Jahrhundert erhalten hatte und nicht nur durch Goethes mißverstandenes »Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn« transportiert wurde.
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Der Anspruch an Leser und Leserin deutet sich schon im Titel an. Die individuelle Leistung des Einzelnen, die künstlerische Evidenz, die sich ohne die sinnlich-wahrnehmbare Emphase ihres Werdens innerlich und äußerlich sichtbar zu machen, nicht ausdrücken läßt, ist der eigentliche Hauptgegenstand dieses Werkes. Die Florentiner Zeichnungen, die als Vorlage der Stiche dienten, sind sieben Tuschzeichnungen von Galileo Galileis Hand, die dem in Florenz bewahrten Originalmanuskript eingebunden sind.
»Die besondere Qualität der Zeichnungen verdankt sich der Verwendung der braunen Tusche, die in unterschiedlicher Dichte aufgetragen, Modulationsmöglichkeiten von einem tiefen, verschatteten Ton bis zu einem fast in Weiß sich aufhellenden Beige ermöglicht. Wie bereits die erste Darstellung des aufgehenden Mondes zeigt, hat Galilei das matte Weiß-Braun des Papiers als eine eigene Farbe benutzt; sie definiert das Mondlicht in voller Bescheinung. Nach diesem Maßstab bestimmen sich alle folgenden Töne.« (s. S. 137-138)# Page Separator #
Das Erscheinen dieses Werkes im Akademie Verlag 2007 enthält eine zweite Erkenntnis: nur über das Kulturgut »Buch« scheint es möglich, mit der schreibenden und denkenden »Hand« des Wissenschaftlers das Universum weiter zu »zeichnen« und dieses Universum der Philosophie als primär induktive Verhaltensweise im Sog der medientechnischen Sofort-Verbreitung (und damit auch der Sofort-Vernichtung d. A.) gegenüber dem fortschreitenden Gedanken zu gewinnen und darzustellen. Genau dies vor allem, die qualvolle und langwierige Wahrnehmung der originalen Quellen und die versucht-vorurteilsfreie Betrachtung derselben vor dem Spiegel der induktiven Gesetzlichkeit des menschlichen Genius in seinen innersten Zusammenhängen von Sich-Bilden und Forschen ist auch ein Verdienst dieses Buches und seine Botschaft an das 21. Jahrhundert: per aspera ad astra!*
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»Es genügt, daß Ihr das Auge habt, damit Euch nicht der Kurs Euerer Studien abhanden kommt, der Euch mehr als alle Dinge am Herzen liegen möge, da das Leben nun einmal kurz ist.« Lodorico Cigoli, 11.8.1611
»[…] basta che abbiate l’ochio che non vi impesdischino il corso dei vostri studi, il che vi si [a] sopra tutte le cose a quote, pio che la vita è breve.«
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1. ABC der Bilder;Staatliche Museen zu Berlin, 2007, anläßlich der Ausstellung Das abc der Bilder, in Kooperation mit dem Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität zu Berlin
Horst Bredekamp, Sprachkörper: Sprache, Bild, Schrift/Sprachblasen und Spruchbänder
2. Räume der Zeichnung.
Akademie der Künste Berlin und Verlag für moderne Kunst, Nürnberg. Dokumentation des Symposiums 2005
I. Diagramme
Horst Bredekamp, Denkende Hände. Überlegungen zur Bildkunst der Naturwissenschaften