Die Darstellung exotischer Tiere zählte zu den besonderen Herausforderungen an Künstler der Frühen Neuzeit. Ihr Innovationsbedarf war zweifach, da neben der textlichen Überlieferung der antiken Naturgeschichte die im Zuge der überseeischen Expansion rapide zunehmenden Kenntnisse außereuropäischer Fauna einer visuellen Fixierung bedurften. So bewegten sie sich im Spannungsfeld zwischen Forschung, Repräsentation und der Abbildung gesellschaftlicher Ordnung. Zu diesem Zweck sind Doktorandinnen und Doktoranden sowie Post-Docs aufgerufen, ihre Forschungen vorzustellen. Einsendeschluss für Abstracts: 30. Juni 2017.
That, he looked upon us as a Sort of Animals to whose Share, by what Accident he could not conjecture, some small Pittance of Reason had fallen, whereof we made no other Use than by its Assistance to aggravate our natural Corruptions, and to acquire new ones which Nature had not given us.
(Ein exotisches Pferd schätzt die europäische Zivilisation ein: Jonathan Swift, Gulliver’s Travels, 1726)
Die Darstellung exotischer Tiere zählte zu den besonderen Herausforderungen an Künstler der Frühen Neuzeit. Ihr Innovationsbedarf war zweifach, da neben der textlichen Überlieferung der antiken Naturgeschichte die im Zuge der überseeischen Expansion rapide zunehmenden Kenntnisse außereuropäischer Fauna einer visuellen Fixierung bedurften: Im methodischen Spannungsfeld von humanistischer Textrevision und sammelnd-empirischer Erfassung avancierte das Bild zu einem primären Erkenntnisträger der vormodernen Zoologie. Epochale Forscher wie Ulisse Aldrovandi engagierten etwa Künstler, um ihr Wissen anhand der Visualisierung sowohl externer Bildvorlagen als auch lebender und präparierter Tiere aus den eigenen Sammlungen zu schärfen.
Ihre Erkenntnisse wurden jenseits der Naturkunde in zahlreichen Fällen in illustrierten Flugblättern popularisiert; umgekehrt konnten Flugblätter mit kommentierten Bilddarstellungen unbekannter Arten als Belege für die Forscher dienen. Analog dazu blieb auch die Betrachtung lebender oder präparierter Exoten nicht auf eine elitäre Sphäre begrenzt, sondern zählte zum Repertoire wandernder Schausteller in der frühneuzeitlichen Populärkultur. Zugleich wurden Motive exotischer Tiere im Bereich der repräsentativen Kunst adaptiert, indem sie in Embleme und Allegorien eingesetzt wurden. Neben dem weit verbreiteten Thema der vier Erdteile, für die Exoten zur Markierung insbesondere Afrikas und Amerikas dienten, sei etwa auf die Symbola et Emblemata des Joachim Camerarius verwiesen, die ausschließlich Motive der weltweiten Flora und Fauna beinhalten. Ihnen allen gemein war der Klassifikationsbedarf in einer von Mythen und Legenden geprägten Naturvorstellung sowie der Skala der Naturreiche.
Unter der Annahme, dass der Blick auf einen unbekannten Bereich der Natur mit der Prüfung des eigenen kulturellen Selbstverständnisses verbunden ist, stellt der projektierte Workshop die Frage nach Momenten sozialer und kultureller Normstiftungen in frühneuzeitlichen Bilddiskursen exotischer Fauna. Sie erweist sich dort als besonders triftig, wo Exoten in wertebestimmende Repräsentationssysteme aufgenommen und wo tradierte Ordnungsvorstellungen der Naturgeschichte und des Rangs des Menschen in der Natur durch die Zunahme neuer Erkenntnisse überlastet wurden.
Methodisch-theoretisch reagiert die Veranstaltung damit auf die Herausforderung der Human-Animal Studies: Das Verhältnis vom Menschen zum Tier (oder genauer: zu den anderen Tieren) ist in den vergangenen Jahren zu einem interdisziplinär diskutierten Thema geworden, zu dem die Kunstgeschichte Grundlagen einer historisierenden Perspektive beizutragen vermag. Auffällig ist allerdings, dass der Diskurs der Human-Animal-Studies bislang hauptsächlich domestizierte Tiere fokussiert, die als Nutz- und Haustiere in einer künstlich geprägten Sphäre zwischen natürlichem und vom Menschen bestimmtem Verhalten leben. In der Konzentration auf Exoten sollen nicht zuletzt besonders menschenferne und kaum zu domestizierende Tiere wie Haie, Schlangen und Krokodile thematisiert werden, deren Lebensraum gleichwohl infolge der europäischen Expansion beeinträchtigt wurde und die gerade in ihrer Fremdheit als besonderes Faszinosum auf die frühneuzeitliche Gesellschaft wirkten.
Als kunsthistorischer Workshop mit interdisziplinären Anschlussmöglichkeiten richtet sich die Veranstaltung an den wissenschaftlichen Nachwuchs (Doktorandinnen und Doktoranden sowie Post-Docs) der Kunstgeschichte und Bildwissenschaft ebenso wie benachbarter Disziplinen (Ethnologie, Literaturwissenschaft, Geschichte und insbesondere Wissenschaftsgeschichte sowie Philosophie). Beiträge sollten in Fallstudien auf die folgenden Fragestellungen reagieren:
Die Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Beiträge sollen eine Vortragsdauer von 30 Minuten nicht überschreiten. Um aussagekräftige Abstracts von rund 300 Wörtern nebst einem kurzen Lebenslauf wird bis zum 30. Juni 2017 gebeten:
Für Vortragende werden die Kosten für die Anreise bezuschusst, jene für die Übernachtung während des Workshops übernommen. Eine Publikation der Beiträge wird angestrebt.