Call for Papers

Call for Papers: Kolloquium: Wissenschaft, Sentiment und Geschäftssinn. Landschaft um 1800, vom 14. bis 15. Juni 2012 in Zürich

Das Kolloquium widmet sich Fragen nach der Landschaftswahrnehmung und -vorstellung sowie ihrer Darstellung mit besonderem Fokus auf den Paradigmenwechsel in der Kunst um 1800. Das Schweizerische Institut für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA) ruft in Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Zürich zu Referat und Publikation auf. Einsendeschluss für Abstracts ist der 10. Dezember 2011.

Zu einer ersten Blüte kam die noch junge Gattung der Landschaftsdarstellung im 17. Jahrhundert in Rom und nördlich der Alpen in den Niederlanden. Die künstlerischen Leistungen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf demselben Gebiet, zumal in der Schweiz und in Deutschland, standen lange im Schatten dieses Goldenen Zeitalters. Im Vergleich mit den späteren, auf Entgrenzung angelegten Landschaftskonzepten der Romantik wurde ihnen oftmals nur kleinmeisterliche Qualität zugeschrieben. Erst in jüngerer Vergangenheit setzte ein Umdenken ein, das diese Epoche der Landschaftsdarstellung als Forschungsfeld für die Kunstwissenschaft erschloss.

Zur Beantwortung der Fragen, die sich heute stellen, ist ein Bezugsrahmen abzustecken, der sowohl kunsttheoretische wie auch soziokulturelle, wahrnehmungspsychologische, ökonomische und technische Aspekte berücksichtigt: Wie wirken sich die erstarkenden Naturwissenschaften auf den Landschaftsbegriff der Ästhetik aus, die erst im 18. Jahrhundert zur eigenständigen Disziplin geworden war? Welchen Stellenwert haben ästhetische Kategorien wie das Heroische, das Erhabene oder das Pittoreske in der Landschaftsdarstellung an der Schwelle zur Romantik? Welche Funktion und Bedeutung kommt der Naturstudie vor dem Motiv zu? Inwiefern lassen sich Neuerungen in der bildkünstlerischen Landschaftsauffassung auf Naturwissenschaft, Optik oder Wahrnehmungspsychologie zurückführen? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit sich gemalte und gezeichnete Sehweisen von Nähe und Distanz in der Rezeption durchsetzen können? Welche Auswirkungen hatten reproduktionsgrafische Techniken auf die Landschaftsauffassung und welchen Beitrag leisteten Künstler als Lehrer und Unternehmer für die Verbreitung neuer Bildkonzepte? Wie ist der Begriff des Originals neu zu definieren angesichts der Werkstattbetriebe von Künstlern, deren Produktion in erster Linie auf Marktabsatz hin ausgelegt war? Welche Kundenkreise bediente die neue Auffassung von Landschaft? Welche Auswirkungen hatten die Anfänge des neuzeitlichen Tourismus auf Landschaftsauffassung und Sehweisen?

Gleichzeitig mit dem Kolloquium organisiert das Kunsthaus Zürich in Zusammenarbeit mit dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden die Ausstellung «Wegbereiter der Romantik. Adrian Zingg (1734-1816) und sein Kreis». Besonderes Augenmerk soll deshalb auch Adrian Zingg und seiner Werkstatt in Dresden gelten, namentlich der »Zingg'schen Manier«, deren Einfluss auf Caspar David Friedrichs Sepia-Landschaften von der Forschung kaum mehr bestritten wird. Ziel der Tagung ist es, die Bedeutung der Landschaftsdarstellung um 1800 vor dem Hintergrund der gewonnenen
Erkenntnisse neu zu definieren und die Leistungen Zinggs in einen kunsthistorischen Kontext einzubetten.

Die Veranstalter laden interessierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein, das Problemfeld in Bezug auf die folgenden möglichen Bereiche zu untersuchen:

1. Gezeichnete Sehweisen Entdeckung der heimischen Landschaft, Naturstudie und Exkursionen, subjektive Wahrnehmung, topografische Rückung, Arrangement und Staffierung, der Betrachter im Bild, Zeichenschulen, optische Hilfsmittel wie Fernrohr und Claude-Glas, Landschaftsauffassung und naturwissenschaftlich-technische Neuerungen, ästhetische Reflexion von Naturverhältnis und Landschaft

2. Reproduzierbare Landschaft Sepiazeichnung oder lavierte Umrissradierung? Vermarktungsstrategien: die Aura des Originals in Wiederholung, Variation, Appropriation; Bilderfindung und Motivtransfer, geteilte Motive, Staffage als Versatzstücke, Postkartenmotive

3. Adrian Zingg und die Zingg-Werkstatt Arbeitsablauf, Schüler, Mitarbeiter, Zuschreibungsprobleme, Meisterschule und kommerzieller Betrieb, »Zingg'sche Manier« und Sehweisen der Zingg-Schule, Qualitätsmerkmale, Rezeption (bei Ludwig Richter u.a.)

4. Kunstproduktion, »kollektive Landschaften« und Tourismus Entdeckung neuer Landschaften, Tourismusinteressen und Bildproduktion, Wiedererkennbarkeit landschaftlicher Motive, Funktion von »kollektiven« Landschaften, Marktverhältnisse für Reproduktionsgraphik

Für die Referate sind je 30 Minuten vorgesehen. Reisespesen (2. Kl./economy) und Aufenthaltskosten werden gegen Vorlage der Belege von den Veranstaltern übernommen. Eine Publikation der Beiträge ist geplant. Exposés für Referate (max. 1 Seite) in Deutsch, Französisch oder Englisch mit kurzem Lebenslauf werden per E-Mail erbeten bis zum 10. Dezember an Regula Krähenbühl (regula.kraehenbuehl@sik-isea.ch).

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