Call for Papers

Call for Papers: Symposium: Produktion - Affektion - Rezeption, vom 17. bis 18. Februar 2012 in München

Das Symposium befasst sich mit den Vorgängen rund um Kunstproduktion und -rezeption. Angesprochen sind vor allem Nachwuchswissenschaftler aller kunstwissenschaftlichen Fächer (Film-, Musik-, Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte, Kunst- und Musikpädagogik). Im Sinne des interdisziplinären Gedankens des Promotionsprogramms ProArt ist das Symposium auch offen für alle weiteren kunstnahen Diskurse. Einsendeschluss für Abstracts: 30. November 2011

Der Begriff »Affektion« umfasst eine der frühesten und beständigsten Fragen von Kunstproduktion wie -rezeption: Gemeint sind die divergierenden Pole von »Erregung« einerseits und »Kontrolle« andererseits, welchen die Wahrnehmung von Kunst stets unterliegt. Während bereits die Antike auf ein »Gefahrenpotential« der Kunst, das Publikum zu infizieren und zu überwältigen, hinweist, erlangt der Rezipient in der Moderne zunehmend eine eigenständige Rolle und wird mitunter zum »Co-Akteur« oder gar zur eigentlichen Autorenfigur erhoben. Gelten in Stoa wie auch Barock etwa Affekte noch als Abkehr von Tugend, kehren mit der Aufklärung eine freiheitliche Nutzungsprämisse und ein daran angelehnter Ästhetizismus zurück, die im 20. Jh. ihre Höhepunkte finden. Dort gilt es schließlich, den Rezipienten soweit wie möglich zu distanzieren, damit er den Manipulationen der Kunst widerstehe.

Mit Anerkennung der Affektion als ein performativer Anteil an Kunstproduktion – und nicht als bloße medizinische Diagnose einer »Entzündung« – erhält die Vorstellung des Mit- und Nacherlebens jedoch eine vollkommen neue Bedeutung: Erregung und Kontrolle unterliegen nicht länger dem Verdacht der Manipulation. Diese Termini ordnen sich heute der Überschrift der »Emotion« unter, in deren Begrifflichkeit die Komponente der Fremdaktivierung jedoch einen zu geringen Widerhall erhält. Emotionen werden mit neuzeitlichem Denken strenger an biologische und neurophysiologische Vorgänge gebunden und erhalten in den 1960er Jahren darüber hinaus eine kognitivistisch-theoretische Grundlage, die das Feld der modernen Zuschauerforschung eröffnet. Allerdings soll durch die wissenschaftliche Beobachtung der Wirkung von Kunst der Bereich zwischen beiden Polen in seiner Dynamik in einem Feld erfasst werden, das nicht allein der »audience research« vorbehalten ist. Denn Affektion bedeutet eine Zustandsänderung, eine Erregung »in der« und »durch die« Kunst.

Den Kunstwissenschaften kommt hierbei die Aufgabe zu, sich den neuen Herausforderungen zu stellen, die das weite Gebiet der Kunstproduktion wie der Kunsterfahrung zwischen Evozierung und Rezeption bereithält. Die beiden Begriffe bilden hier nur die äußersten Punkte eines zu ergründenden komplexen (Diskurs-)Raums, in dem aisthetische und synästhetische Einflüsse korrelieren. Eine interdisziplinäre Kunstwissenschaft, die dieser Fragestellung nachgehen möchte, sieht sich allerdings – angesichts der polyvalenten Terminologie ihrer Teildisziplinen – einem heterogenen Themenbereich gegenüber. Die vielfältigen Begriffe wie »Zuschauer« von Theater- oder Filmvorführungen, »Zuhörer« von (Live-)Konzerten, »Betrachter« von Gemälden und Installationen in (oder außerhalb von) Museen wie auch »das« Publikum, »das« Auditorium oder »der« teilnehmende Beobachter bezeugen die Schwierigkeit, den differenten Wahrnehmungskriterien der jeweiligen Rezipienten verschiedenster Künste gerecht zu werden. Nicht zuletzt deshalb sind sie damit Gegenstände eines aktuellen Diskurses zwischen Natur- und Kunstwissenschaft geworden: Die Kunst(-Wissenschaft) muss die Hand des Kunstkonsumenten erfassen, um über das Auge des Zuhörers sprechen zu können.

Im Mittelpunkt dieses Symposiums für Nachwuchswissenschaftler steht daher die Ergründung künstlerischer Prozesse im Spannungsfeld zwischen Kunstgegenstand, Kunstproduktion und (aktivem) Rezipieren. Darüber hinaus soll es um die Annäherung an eine interdisziplinäre Betrachtung der unterschiedlichen Kommunikationsformen gehen, die gegebenenfalls zur Überwindung einzelner Barrieren des kunstwissenschaftlichen Austauschs führen. Dementsprechend ergeben sich in diesem Kontext folgende Themengebiete:

  • Welche neuen Aktivierungsmöglichkeiten von Affekten bzw. Emotionen hält die Kunst bereit? Wie lassen sich diese in einen interdisziplinären kunstwissenschaftlichen Kontext stellen?
  • Inwieweit lässt sich der Künstler in seiner Doppelfunktion als Produzent und aktiver Rezipient oder auch als Konsument seiner eigenen Arbeit begreifen?
  • Wie verändert sich das Spannungsfeld der Affektion im Zeitalter einer modernen, global funktionierenden Netzkultur? Inwieweit erlebt die Kunst einen konzeptionellen Wandel in ihren Affizierungsstrategien, sofern z.B. der User selbst zum Künstler, zum »ProdUser«, wird?
  • Was muss ein teilnehmender Beobachter angesichts der interdisziplinären Kunstproduktion für ein multimediales und synästhetisches (Gesamt-)Kunstwerk zu leisten im Stande sein? Was wird seinem Sinnesapparat abgefordert?

Themenvorschläge für einen 15-minütigen Vortrag in deutscher oder englischer Sprache sind als Abstract von max. 1.800 Zeichen (inkl. Leerzeichen) in Form eines word.doc einzureichen unter: affektion@lrz.uni-muenchen.de

Kontakt und Informationen unter:

Website: www.lmu.de/proart
Email: affektion@lrz.uni-muenchen.de
Tel: +49 (0) 89 / 2180 – 6786
Fax: +49 (0) 89 / 2180 – 5316

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