Seit jeher versucht die Politik dabei, der Kunst ihre ästhetischen und natürlich auch inhaltlichen Vorstellungen überzustülpen und sie in ihren Dienst zu stellen: vom relativ klaren politischen Bildprogramm der römischen Cäsaren bis zu den Kanzlerbildnissen der Gegenwart. Auch subtilere Vorgehensweisen können Künstler nutzen, um ihre Botschaften zu transportieren: Herrscherbildnisse zum Beispiel zeichnen sich durch eine umfangreiche Symbolik aus. Insignien wie Krone oder Szepter, aber auch Mantel oder Apfel weisen den Herrscher als solchen aus; weitere Beigaben wie Wappen, Kreuze oder gemeine Figuren aus der Heraldik ordnen ihn einer Dynastie und bei Bedarf einem Orden oder einer anderen Gemeinschaft, der der Herrscher angehört, zu. Neben diesen klassischen Porträts gibt es Darstellungen des Herrschenden in oder nach einer Schlacht, im Kampf mit seinen Gegnern, auf der Jagd und noch so einiges mehr. Insbesondere in der Renaissance kommen diese stark individualisierten Bildnisse auf.
In der Neuzeit werden auch Darstellungen aus dem Alltag der Herrscher gern als Bildmotiv verwendet: Ludwig XIV. im Kreis seiner Familie (im Gegensatz zum Paradebild Rigauds, das prächtiger und förmlicher kaum sein kann), Rubens' Zyklus mit den Bildern der französischen Königin Maria de Medici oder Goyas Bildnis der Familie Karls IV. von Spanien setzen die Herrschenden in einen Kontext und präsentieren zugleich den königlichen Machtanspruch und den ihrer Nachkommen.
Mit der Krise des Herrscherporträts im 19. Jahrhundert finden wiederum neue Darstellungsformen Eingang in die Gattung. Der persönliche Charakter der Dargestellten wird in ihrer Körperspannung und ihrer Mimik sichtbar, sie werden weniger mystifiziert dargestellt, von Gottesgnadentum oder einer göttlichen Abbreviatur ist immer weniger zu merken. Mehr und mehr werden bürgerliche Attribute genutzt: Der Herrscher am Schreibtisch sitzend in seinem Arbeitszimmer oder das Familienbild vom friedlichen Beisammensein im Garten, im Salon oder an anderem Ort – die Person des Herrschers rückt in den Fokus des Betrachters, der Blick geht weg vom Amt. Das Herrscherporträt transportiert nun eher ein Image und ist nicht mehr nur Legitimationsstrategie: So inszeniert Francois Gerard Ludwig den XVIII. 1823 als eifrig arbeitenden Herrscher, während sich Königin Victoria I. 1846 von England schon einmal erstaunlich locker im Kreis ihrer Lieben abbilden lässt.
Zum neuen Umgang mit dem Herrscherbild trägt vielleicht auch die Fotografie ihren Teil bei, bilden die Fotoapparate doch detailgetreu ab und sind obendrein transportabel, sodass man sich auch einmal draußen ablichten lassen kann.
Die politischen Umbrüche seit Beginn des 20. Jahrhunderts lassen Staaten ohne Monarchen entstehen. Eine herrschende Kaste ist zwar immer noch vorhanden, Staatsmänner ebenso. Doch die Fokussierung auf den Staat an sich lässt nun mehr als einen Hauptprotagonisten auftreten und die Kunst muss nun obendrein die Prinzipien und Inhalte des Gemeinwesens formulieren: Die Erfolgsgeschichte des Plakats beginnt. Ob klassisches Wahlkampfplakat oder in Szene gesetzte Mobilisierungstapeten – leicht lesbar musste es sein und zugleich ansprechend. Das schreit förmlich nach Experimenten mit Sprache und Bild, mit Erzähltraditionen und Motiven. So experimentierte die Russische Kunst der frühen Sowjetunion mit verschiedenen Bildformen gänzlich ohne Helden und erst ab Mitte der 1920er Jahre lässt man etwa Lenin gern wieder als Vertreter der Führungsriege auftauchen. Auch hier aber ist ihm seine herausgehobene Stellung, seine (intellektuelle) Überlegenheit immanent, wenn er als Redner in erhöhter Position und dozierend abgebildet wird – kein Herrscher, aber ein Vorbild, das bald regelrecht kultisch verehrt wird.
Im Nationalsozialismus dagegen konzentriert sich im Zuge des Führerkults die Staatskunst erneut auf die Person Hitler, der sich gern in Uniform, vor undefiniertem Hintergrund – quasi zeitlos – porträtieren lässt oder aber bei Fritz Erler vor einer Monumentalarchitektur mitsamt den klassischen Reichssymbolen Adler und Schwert. Nicht zu vergessen auch die heute größenwahnsinnig anmutenden Bauprojekte oder die Hinwendung zu einer vermeintlich »deutschen«, »arischen« Kunst, die weder Raum für eine Avantgarde noch für irgendeine Form von Experiment ließ. Dieser aggressiven Staatskunst widersetzen sich hinter verschlossenen Türen, aber auch im Exil zahlreiche Künstler und schufen Werke, die sich gegen den Extremismus in Deutschland, aber auch in Italien oder Spanien richtete.
Auch heute noch gibt es diese Herrscherporträts: Allen voran die der englischen Königin, aber auch unsere Kanzlerporträts im Bundeskanzleramt, die Porträts unserer Bundespräsidenten oder anderer Staatsoberhäupter legen Zeugnis ab vom Selbstverständnis der Staaten und ihrer Regierungen. Ein Sonderfall ist dabei übrigens Deutschland, das zwar jeweils zum Amtsantritt eines Bundeskanzlers ein offizielles Porträtfoto aufnehmen lässt, wo jedoch die gemalten Porträts, die erst nach Ende der Amtszeit die Ahnengalerie im Kanzleramt schmücken werden. Sie lässt täglich jeden aktuellen Bundeskanzler an seinen Vorgängern vorbeigehen und seit Willy Brandt werden die Bilder auch eigens in Auftrag gegeben. Hier präsentieren sich die Kanzler mit Rückblick auf ihr Werk und lassen sich als Staatsmänner, als Väter und bald auch Mutter der Nation verewigen.