KunstGeschichten

KunstGeschichte: Das Fresko

Kunst ist subjektiv, ihr Wert und ihre Schönheit liegen im Auge des Betrachters. Das ist grundsätzlich nicht neu, sondern allgemein bekannt. Diese allgemeine Weisheit verbindet Erich Wurth in seiner neuen KunstGeschichte mit der Not, sich manchmal zwischen zwei Dingen entscheiden zu müssen, die man beide gerne hätte, aber nicht unbedingt haben kann – und schafft damit eine Geschichte über das Leben und den Platz, den Kunst in ihm einnimmt.

Seit Jahren schon hatte Martina Köhler auf das alte Haus ihr begehrliches Auge geworfen. Jetzt endlich war es so weit.
Obwohl es immer wieder heißt, Frauen seien Spitzenpositionen in der Privatwirtschaft nicht oder nur sehr schwer zugänglich – Martina hatte es geschafft. Sie war geschäftsführende Gesellschafterin der „K & M Immobilien Verwertung Ges.m.b.H“, fuhr einen weißen Bentley und führte einen aufwendigen Lebensstil. Sie war unverheiratet, etwas über vierzig, und man musste schon genau hinsehen, um ihr Alter richtig einzuschätzen. Wären nicht die kleinen Fältchen in den Augenwinkeln gewesen, die sie übrigens ohne Bitterkeit akzeptierte, man hätte ihr etwas über dreißig Jahre zugestanden.

Martina war die geborene Chefin. In erster Linie ihre Zielstrebigkeit hatte sie an die Spitze des Unternehmens gebracht, in das sie vor über zwanzig Jahren als blutjunge Absolventin der Handelsakademie eingetreten war. Damals hatte die Firma natürlich noch nicht K & M (die Anfangsbuchstaben der Namen Köhler und Moracek) geheißen, erst im Lauf der Jahre hatte sie die Firmenanteile an sich gebracht.
Ihre Mitarbeiter behandelte sie streng, aber korrekt. Von ihrem Kompagnon Laurenz Moracek ließ sie sich nicht reinreden und Laurenz kam deshalb nur einmal pro Woche ins Büro des Unternehmens in der Hietzinger Hauptstraße, um die erforderlichen Unterschriften zu leisten, zwei bis drei Tassen Kaffee zu trinken und sich mit den weiblichen Angestellten der Firma sehr angeregt zu unterhalten.

Martinas Privatleben war ruhig, ohne Skandale, aber hin und wieder war sie auf Gesellschaften der High Society Wiens anzutreffen. Wenn man über ein gewisses Vermögen verfügt, wird man zwangsläufig zu Wohltätigkeitsveranstaltungen eingeladen. Und wenn man dann tatsächlich hingeht, gerät man mit der Zeit in den Kreis der so genannten Prominenz, auch wenn man das gar nicht beabsichtigt.

Martina hatte im Grund nichts dagegen, dass man manchmal über sie berichtete. Es waren ohnehin keine Sensationen. Man wusste allgemein von ihrem Verhältnis mit Karl Pribil, einem Bauunternehmer, der die meisten Bauvorhaben der K & M durchführte, sich die Ausdrucksweise der einfachen Bauarbeiter bewahrt hatte und sich in Overalls wohler fühlte als im Nadelstreif, denn weder Martina noch Karl machten ein Geheimnis daraus. Allerdings gab es, was dieses bereits seit Jahren bestehende Verhältnis anbetraf, keinerlei Stoff für die Klatschpresse. Schön, sie waren nicht verheiratet. Aber das war auch schon alles, was an der Beziehung zwischen den beiden möglicherweise bemerkenswert war. Sie lebten getrennt, jeder führte seinen eigenen Haushalt, aber sie verbrachten viele Nächte gemeinsam, entweder in Martinas Appartement oder in Karls Haus.

Als es nun endlich so weit war, dass Martina das alte Haus, auf das sie es abgesehen hatte, kaufen konnte, war es natürlich Karl Pribil, den sie als ersten anrief.
„Charly, mein Lieber, ich hab die alte Hütte in der Gloriettegasse endlich gekriegt. Um eins Komma fünf Millionen.“
„Net grad billig“, kommentierte Karl.
„Ich hätt’ auch zwei gezahlt! Sei so lieb und schau dir’s doch an. Ich will die Bude möglichst schnell abreißen.“
Karl, der in seinem geräumigen Büro hinter dem Schreibtisch saß, sah in seinen Terminkalender. „Heut Abend kommst zu mir, da hamma für so was ka Zeit. Aber morgen können wir gleich in der Früh hin. Liegt ja eh am Weg in dein Büro.“
„Perfekt! Was gibt’s denn heut Abend?“
Karl zierte sich ein bisschen. „Ah, ich hab mir gedacht, a Hasse mit Senf und a paar Blechhülsen…“
„Mmmm! Köstlich!“ Martina kannte ihren Charly.
„Lass Di net pflanzen, Puppi. I hab vom Georg zwa frisch g’schossene Fasane gekriegt. Da mach i a Trüffelsauce dazu.“ Karl Pribil hatte sich zwar die Ausdrucksweise der Leute vom Bau bewahrt, nichtsdestotrotz war er sehr kultiviert und ein vorzüglicher, erfahrener Hobbykoch.

Gleich nach Büroschluss fuhr Martina zu ihrem Charly. In dessen Bungalow in Perchtoldsdorf blieb sie auch über Nacht (sie hatte einen eigenen, wohl gefüllten Kleiderschrank dort) und am nächsten Morgen wurde der von Martina neu erworbenen Villa ein Besuch abgestattet.
Das Haus lag in der Nähe jener Villa, die seinerzeit von der Hofschauspielerin Katharina Schratt bewohnt worden war und in der Kaiser Franz Josef so häufig, fast täglich, zu Besuch geweilt hatte, in einer der vornehmsten Gegenden des 13. Wiener Gemeindebezirks. Für Martina war es deshalb so interessant gewesen, weil das Nachbargrundstück bereits ihr gehörte und sie sich ein gutes Geschäft davon versprach, auf den beiden, zusammen gelegten Gründen eine Anlage mit Luxuswohnungen zu errichten, die gerade in diesem Teil Wiens exzellente Mieteinnahmen garantierten. Die sich bereits im Eigentum der Firma K & M befindliche Nachbarvilla war zwar an ein kleines Unternehmen vermietet, das sich mit Webdesign befasste, aber dieser Mietvertrag konnte leicht gekündigt werden.

Parkplätze waren in dieser Gegend kein besonderes Problem, da die meisten Villen über Garagen verfügten und Mehrparteienhäuser in Hietzing eher die Ausnahme bildeten. Martina konnte ihren Bentley fast direkt vor dem neu erworbenen Grundstück abstellen.
Dann nahmen Charly und sie eine genaue Inspektion des Objekts vor.
Allein schon die Größe des Grundstücks rechtfertigte den hohen Preis, den Martina gezahlt hatte. Es waren mehr als 1500 Quadratmeter und in diesem Bezirk war der Quadratmeterpreis einer der höchsten in der gesamten Stadt. Das Haus selbst war nicht viel wert.
Es musste um 1870 erbaut worden sein und war in einem seltsamen Mischstil ausgeführt. Charly erkannte einige wenige klassizistische Elemente, einige Simse und Verzierungen erinnerten ihn an den pompösen Ringstraßenstil und die gartenseitige Fassade war – wohl in den Dreißigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts – auf dilettantische Art renoviert worden, wobei sämtliche Verzierungselemente entfernt worden waren. Alles in allem war das Haus wirklich kein erhaltenswertes Objekt.

Deshalb konzentrierte Charly sich jetzt auf die wirtschaftlichste Art, das Bauwerk abzureißen. In diesem Teil der Stadt kam natürlich nur ein schonender Abbruch in Frage, der die Anwohner möglichst wenig belästigte. Es war also ganz ausgeschlossen, das Gebäude mit einem Raupenfahrzeug einfach niederzuwalzen.

Charly und Martina machten einen Rundgang durch das Haus und Charly registrierte im Geiste die tragenden Wände um sich bereits jetzt die günstigste Vorgehensweise zurecht zu legen. Dann stießen sie im ersten Stock auf eine Wandvertäfelung, die offenbar erst vor wenigen Jahren angebracht worden war, denn es waren teilweise billige Spanplatten verwendet worden. Charly riss eine davon herunter.
Dahinter kam eine Wandmalerei zum Vorschein. Charly wurde neugierig. Einige Platten konnte er noch leicht von der Wand lösen, dann wurde es schwieriger. Er brauchte Werkzeug. Da sie mit Martinas Wagen gekommen waren, hatte er natürlich keines zur Verfügung.
„Wart einmal, ich schau, ob es da wo Werkzeug gibt“, bat er Martina.
„Für was brauchst denn Werkzeug?“, fragte sie erstaunt.
„Da is a Fresko hinter dem Holz!“
„Na, und? Is doch egal!“
Charly schüttelte den Kopf. „Das is net egal. Das schaut interessant aus!“
„Charly, mach di net lächerlich. Die Villa is kane hundertfuffzig Jahr alt, glaubst, da hast a mittelalterliches Fresko entdeckt?“
Aber Charly ließ sich nicht bremsen. In einem Holzverschlag im Garten entdeckte er eine Axt. Damit rückte er der Vertäfelung zu Leibe.

Je mehr von der Wandmalerei zum Vorschein kam, desto vorsichtiger wurde Charly. Schließlich war der Großteil des Bildes freigelegt.
Es war eine allegorische Figurengruppe. Um eine zentrale Götterfigur drängten sich Gestalten, die alle irgendetwas mit Medizin zu tun hatten: Eine üppige junge Dame, die Kräuter pflückte, ein junger Mann, der chirurgische Instrumente in der Hand hielt und eine weitere junge Dame, die etwas in einem Mörser pulverisierte. Alle Figuren waren mehr oder weniger unbekleidet.

Charly sah das Fresko längere Zeit an. „Hans Makart“, stellte er dann ruhig fest.
„Spinnst du?“, fragte Martina. „Der vom Makartstrauß?“
Charly nickte nur ehrfürchtig.
Martina war beunruhigt. „Bist sicher?“
„Ziemlich“, antwortete Charly. „Die Villa hat anscheinend a Arzt bauen lassen. Und der Arzt war einigermaßen g’stopft.“
„Scheiße!“ Martinas Ausruf kam vom Herzen.
„Was is denn?“, fragte Charly. „Wenn des wirklich a Makart is, dann is des a klane Sensation!“
„Eben!“, jammerte Martina. „Dann stellt die Gemeinde die Hütten unter Denkmalschutz und i kann mi mit mein’ schönen Projekt brausen!“
„Na, dann richt i dir die Hütten anständig her und du vermietest die Bude an ein’ Botschafter! Aa net schlecht!“
„Charly, bitte bleib bei deine Ziegel und lass des Kalkulieren mir über! I wollt da an Wohnblock hinstellen mit zehn bis zwölf Luxuswohnungen. Da hätt i zehn bis zwölf Botschafter rein kriegen können, net nur an anzigen! So rechnet si des net!“
Charly zuckte nur die Schulter. „Pech g’habt, Puppi. Typischer Fall von ätsch.“
„Oder, wir reden nix drüber und reißen die Hütten möglichst schnell weg!“ Schon als Martina den Satz aussprach, wusste sie, dass Charly nicht darauf eingehen würde. Dazu war er mittlerweile zu kultiviert geworden und brachte der Kunst zu viel Ehrfurcht entgegen.

Charlie sah Martina lange nachdenklich an, dann verschränkte er die Hände auf dem Rücken und begann, in dem leeren Zimmer auf und ab zu gehen. Seine Schritte hallten in dem relativ großen Raum.
„Puppi, des können wir net machen. Jetzt müss’ ma erst einmal an Experten kommen lassen, der si die Malerei anschaut, dann red ma weiter.“
Panik stieg in Martina hoch. Das schöne Projekt!
Betont ruhig sagte sie: „Charly, jetzt bitte nix über’s Knie brechen! Wart a paar Tag und lass mi überlegen! Des is a völlig neue Situation.“
Charly war noch auf seiner Wanderung im Zimmer auf und ab. „Warum willst warten?“
„I hab dir ja g’sagt, i möcht’ mir des überlegen! Auf zwei, drei Tag kommt’s ja wirklich net an! Und bitte, sag noch niemandem was davon! Das gäb’ nur ein’ unnötigen Rummel.“
„Na schön“, gab Charly nach.
„Komm, ich fahr dich ins Büro“, bot Martina an. Charly willigte ein.
Unterwegs schärfte ihm Martina nochmals ein, ja kein Wort über das Fresko zu verlieren. Alle möglichen Argumente führte sie an, um Charly zum Stillschweigen zu veranlassen. Charly brummte nur dazu und hing seinen eigenen Gedanken nach. Aber als er ausstieg, beteuerte er nochmals, nichts über die Entdeckung verlauten zu lassen.
Trotzdem war Martina bedrückt, als sie in ihr eigenes Büro fuhr. Was, wenn Charly doch nicht den Mund halten konnte?

Den ganzen Tag über zerbrach sie sich den Kopf und war mit ihren Gedanken meist bei dem unseligen Fresko. Sogar den netten jungen Markus, der die Buchhaltung erledigte, schnauzte sie wegen einer Kleinigkeit an und der Bursche war ganz konsterniert danach.
Martina entschuldigte sich später bei Markus und schützte Kopfschmerzen vor. Sie versuchte, sich zusammenzunehmen, aber auch am Nachmittag konnte sie sich nicht konzentrieren. Immer wieder nahm sie die kleine Planskizze hervor, die sie selbst gezeichnet hatte und die als Grundlage für die eigentliche Planung der künftigen Wohnanlage, die sich über beide Grundstücke erstrecken sollte, dienen sollte.
Richtig verliebt hatte sie sich schon in das Projekt. Sie konnte sich einfach nicht mit dem Gedanken abfinden, dass ein blödes Fresko, das ihrer persönlichen Meinung nach sogar hart an Kitsch grenzte, ihrer Vision den Garaus machen sollte.

Im Laufe des Tages bemerkte sie mit Schrecken, dass sich ganz hinten in ihrem Gehirn ein boshafter, absurder Gedanke immer intensiver bemerkbar machte. Immer wieder schob sie den Gedanken mit einer gewissen Willensanstrengung beiseite. Immer wieder drängte sich der unmögliche, böse Gedanke in den Vordergrund.
Abends hatte Sie eine Einladung zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung. Sie hatte zwar nicht die geringste Lust dazu, beschloss aber, trotzdem hinzugehen. Möglicherweise brachte sie der Affenzirkus dort auf andere, angenehmere Gedanken.

Wenn man in Wien über ein Vermögen verfügt, das eine bestimmte Grenze übersteigt, ist diese Tatsache vor gewissen Leuten nicht zu verheimlichen. Diese gewissen Leute sind jene, denen es ein Bedürfnis ist, Prominenz um sich zu versammeln und dadurch selbst zu den Reichen und Schönen gerechnet zu werden – zumindest in den Klatschspalten der Zeitungen. Wohltätigkeitsveranstaltungen sind ein ideales Mittel dazu, denn außer der Befriedigung des eigenen Geltungsbedürfnisses dienen diese doch tatsächlich dazu, unterstützungswürdige Aktionen und Organisationen zu sponsern. Noch dazu auf Kosten Anderer.
Martina erhielt viele solcher Einladungen, denn es war allgemein bekannt, dass Geiz nicht zu ihren Charaktermerkmalen zählte.

Sie fuhr heim in ihr Appartement, nahm ein Bad und machte sich für diese Party in der Innenstadt zurecht. Dann nahm sie ein Taxi, weil sie vorhatte, den dort gereichten Champagner zur Bekämpfung des bösen, kleinen Gedankens, der immer noch in ihrem Kopf rumorte, einzusetzen.

Die Wohltätigkeitsparty war genau so öde, wie sie es sich vorgestellt hatte. Eine Menge Prominenz drängte sich da, es wurden ausschließlich Gemeinplätze gesprochen. „Ah, meine liebe Frau Köhler, Sie sind auch da? Wie geht’s? Haben Sie sich noch immer kein Hunderl zugelegt? Ich sage Ihnen, diese Pekinesen sind die perfekten Schoßtiere! Sie sollten doch endlich…“
Ein alter, auf jung zurechtgemachter, bekannter Burgschauspieler machte ihr gehörig den Hof, eine Fernsehmoderatorin bekleckerte sie daraufhin mit Mayonnaise – offenbar aus Eifersucht – und ein stadtbekannter Baulöwe, Konkurrent ihres Charly, versuchte, sie in ein geschäftliches Gespräch zu verwickeln.

Um 23 Uhr, als die Party noch gar nicht so richtig im Gange war, schützte Martina Migräne vor, spendete noch ihren obligaten Obolus für die Gesellschaft zur Bekämpfung des genetisch bedingten Plattfußes (oder welche Organisation das immer auch war, zu deren Gunsten man sich getroffen hatte) und ließ sich ein Taxi rufen.

Die vier oder fünf Gläser Champagner hatten den bösen Gedanken nicht aus ihrem Kopf vertreiben können. Im Gegenteil! Auf der Fahrt im Taxi kam der Gedanke endlich zum Durchbruch und war plötzlich klar formuliert in ihrem Hirn:
‚Martina, du bist zielstrebig und erfolgreich’, lautete der Gedanke. ‚Martina, das Wohnungsprojekt in der Gloriettegasse ist deine größte Sache bisher und du hast alles dran gesetzt, es endlich zu verwirklichen. Ein blödes Fresko kommt jetzt dazwischen. Von diesem Fresko wissen nur du und dein Charly. Aber Charly wird die Schnauze nicht halten und dir alles kaputt machen. Was ergibt sich daraus? – Richtig: Das Fresko muss weg, bevor er plaudert und jemand was dagegen tun kann! Auch wenn der Charly dann stinksauer sein sollte! Hin ist hin, dann kann der Charly nichts mehr machen.’
‚Aber ich hab den Charly doch so gern! Das Fresko heimlich vernichten ist doch so etwas wie Betrug dem Charly gegenüber! Wenn er das nicht verzeihen kann?’, meldete sich ein anderer Gedanke.
‚Dann hast du Pech gehabt. Du musst dich entscheiden!’, der erste Gedanke war wieder da. ‚Dein Wohnprojekt oder Charly. Beides geht offenbar nicht!’

Als Martina mit dem Aufzug zu ihrem Appartement hinauffuhr, fühlte sie sich innerlich zerrissen. In ihrer Wohnung setzte sie sich in den Salon und goss sich einen großen Cognac ein. Sie hörte ein bisschen Musik, schickte dem Cognac einen zweiten zur Unterstützung hinterher und schließlich beruhigte sie sich.
Sie würde Charly noch eine Chance geben. Sie würde ernsthaft mit ihm sprechen und ihm klar machen, wie viel ihr an ihrem Projekt lag. Entschied sich Charly dann für sie, war alles in Ordnung. Entschied er sich für einen längst toten Maler, dann musste sie eben schweren Herzens tun, was zu tun war.

Am nächsten Morgen hatte Martina die Kopfschmerzen tatsächlich, die sie am Tag vorher nur vorgegeben hatte. Sie schluckte zwei Aspirin und trank im Büro mehr Kaffee als sonst. Gegen zehn rief Charly an und schlug vor, gemeinsam mittags essen zu gehen. Natürlich sagte Martina zu.
Sie verabredeten sich bei einem kleinen, gemütlichen Chinesen in der Lainzer Straße und Charly war schon dort, als Martina das Lokal betrat.

Sie bestellten Ente und dann fragte Martina: „Sag einmal, was ist an dem Makart so besonderes?“
Charly überlegte einige Zeit. „Kunstgeschichtlich is er ein Vorläufer von Gustav Klimt. War wichtig für den Historismus im Ringstraßenstil. Er hat sich ein bisserl an Rubens orientiert, aber doch einen ganz eigenen Stil entwickelt, besonders in seinen Kolossalgemälden. Warum fragst mich das?“
„Na ja, weil ich nicht sicher bin, ob es so wichtig is, das Fresko.“
„Na hör einmal!“
„Und wenn sich rausstellt, das is gar nicht von Makart?“, fragte Martina ganz unschuldig.
„Dann kannst es wegreißen lassen.“
Die Getränke kamen. „Wieso?“, fragte Martina.
„Puppi, stell Di net blöd! Wenn’s net vom Makart is, dann is’ nix wert!“
„Prost!“ Martina nah einen Schluck von ihrem „Gspritzten“. „Siehst, und das versteh i net. Wenn’s der Makart g’malt hat, is es wertvoll und wenn’s ein anderer war, net. Es ändert doch nix an dem Bild!“
„Eh net“, gab Charly zu. „Wert is ja unabhängig vom Nutzen. Du weißt ja selber, dass d’ für die gleichen fuffzig Quadratmeter in Hietzing mehr Miete kriegst als in Simmering, Puppi.“
„Ja, stimmt“, bestätigte Martina. „Und wenn i die fuffzig Quadratmeter net in Hietzing bau, sondern in Simmering, is die Menschheit um nix ärmer!“
„Aber du! Du kriegst weniger!“
Martina dachte nach. „Unser Vergleich passt net“, meinte sie dann. „Es geht net um Wohnungen, sondern um die depperte Wandmalerei. Also, nimm einmal an, die wär nie g’malt worden. Wär’ des a Verlust für die Menschheit?“
„Kommt drauf an. Wenn’s der Makart nie g’malt hätt, schon – und wenn’s a anderer nie g’malt hätt, dann net.“
„Und wenn’s a anderer g’malt hat? Dann doch auch net, oder?“

Jetzt war Charly verwirrt. „Puppi, willst mi deppert machen, oder was? Was a anderer malt oder net malt is doch völlig wurscht!“
„Also is des alles nur a Frage, was die Leut von so an Kunstwerk halten?“
„Im Grund ja“, gab Charly zu.
„Aber es gibt doch so viele Leut, denen g’fallt der ärgste Kitsch besser als was Wertvolles. Da müsste doch a Kitsch mehr wert sein, als Kunst! ‚Die lustigen Unterstinkenbrunner’ verkaufen si doch aa besser als der Beethoven!“
„Na ja…“ Charly suchte offenbar nach einem Argument. „Aber schau dir einmal an, wer die Unterstinkenbrunner kauft. Das sind doch meistens Hauptschulabbrecher mit an IQ von unter siebzig! Weißt, Puppi, die Grenze zwischen Kunst und G’schäft mit der Blödheit is fließend.“
„Beim Makart aa?“
„Na ja, so ganz unkitschig war der Makart ja eigentlich aa net.“
„Na siehst! Dann red ma net viel und reißen’s weg! Verkaufen kann man’s eh net, weil’s an der Wand pickt, also is es wurscht, ob’s der Makart g’malt hat oder net!“
Charly lachte. Aber sein Lachen klang etwas unsicher. „Du willst des Projekt unbedingt durchzieh’n, gell?“
„Ja!“ Martina griff nach Charlys Hand und streichelte sie. „Jahrelang hab i mi jetzt um die Villa bemüht. Jetzt endlich hat’s mir der alte Tichacek verkauft. Jetzt geb i nimmer auf!“
Charly sagte nichts. Etwa zwei Minuten saßen sie still da und sahen einander nachdenklich an. Dann kam die „Ente knusprig“.

Während des Essens sprachen sie nur über die Party, die Martina am Vortag besucht hatte und machten sich über einige der prominenten Gäste lustig. Aber als die Kellnerin ihnen dann den üblichen Pflaumenwein servierte, kam Charly nochmals auf das Fresko zurück.
„Puppi, i hab net g’wusst, dass dir gar so viel an dein Wohnhausprojekt liegt. I werd mir des no einmal überlegen, wegen dem Makart. Weißt, i hab di nämlich ganz hundserbärmlich gern, Puppi.“

Als Martina die kurze Strecke ins Büro zurückfuhr, hatte sie das Gefühl, als wären ihre Probleme hinsichtlich des Projekts jetzt noch größer geworden – und zwar wegen des letzten Satzes von Charly. Sie hoffte sehr, Charly würde einem Abbruch des Hauses ohne Rücksicht auf das Kunstwerk zustimmen.
Und dann fiel ihr eine Möglichkeit ein.
Gestern, auf der Plattfußparty, war doch auch ein Kunstprofessor aus der Schweiz gewesen. Buchautor auf einer Vortragsreise, von irgendeinem Fernsehjournalisten dazu benutzt, Sendezeit eines Kulturmagazins aufzufüllen und deshalb kurzfristig den Status eines Prominenten innehabend. Wäre er nicht im Fernsehen interviewt worden, hätte sich kein Schwein um ihn gekümmert. Wie hatte der doch geheißen? Bluntschli? Nein, so hieß der Soldat bei Bernard Shaw. Martina rief ihre Freundin Miriam an. Die hatte die gestrige Party mit organisiert, die musste das wissen.

Brändli hieß der Professor und er wohnte in einer kleinen Pension außerhalb der Stadt. Schweizer Gelehrte verstanden es offenbar, Reisespesen in vertretbaren Grenzen zu halten. Er konnte sich an Martina sogar erinnern und stimmte einem Treffen noch am selben Abend sofort zu.

Um neunzehn Uhr holte Martina Professor Brändli von seiner Unterkunft in Gumpoldskirchen ab. Ein befreundeter Kollege der Wiener Kunstakademie hatte die Pension für ihn gebucht. Martina führte den Professor gleich in eines der Heurigenlokale, die in bequemer Entfernung zur Pension lagen, und die erste halbe Stunde des Gesprächs hütete sie sich, auf den Gegenstand ihres Anliegens zu kommen. Die Auswahl der Speisen am Buffet nahm ohnehin einige Zeit in Anspruch, weil sich Professor Brändli als sehr wissbegierig betreffend die üblicherweise zum Wein genossenen Köstlichkeiten herausstellte.

Martina konnte sich nicht mehr an das Spezialgebiet des Kunsthistorikers erinnern und gestand das auch offen ein.
Der Professor stellte sich als Experte für italienische Renaissance heraus, sein letztes Buch hatte deren Einfluss auf die Kunst Osteuropas zum Gegenstand.
Ob ihm der Name Hans Makart etwas sage, fragte Martina.
Der Professor rümpfte die Nase.
„Wissen Sie, Ihr Landsmann Sir Karl Popper hat die Auffassung vertreten, der Expressionismus habe die bildende Kunst ruiniert“, meinte Brändli, wobei man seine Schweizer Herkunft deutlich hören konnte. „Da irrt der Philosoph. Es ist schon vor dem Expressionismus passiert. Und Ihr Makart war einer derjenigen, die dazu beigetragen haben.“
Martina wäre dem Professor am liebsten um den Hals gefallen. Offenbar war er kein Bewunderer dieses Malers.

Es stellte sich heraus, dass Brändli der Zweigelt außerordentlich mundete und Martina sorgte dafür, dass er nie vor einem leeren Glas saß. Bald hatten sie das beste Einvernehmen und Martina schilderte ganz ehrlich ihre Nöte. Jedes Mal, wenn sie stockte, nickte Brändli aufmunternd und nahm einen Schluck aus dem Weinglas. Als Martina zuletzt andeutete, die gewünschte Expertise dürfe ruhig einen namhaften Betrag kosten, da sie das Objekt ohnehin sehr günstig erworben hätte, zeigte Brändli plötzlich Emotion und trank das mittlerweile wieder gefüllte Viertelglas in einem Zug aus.

„Lassen Sie mich zusammenfassen: Sie wollen ein Fresko, das wahrscheinlich von Hans Makart stammt, vernichten und benötigen dazu meine Expertise, dass es kein echter Makart ist. Habe ich Sie richtig verstanden?“
„Völlig korrekt. Was würde das kosten?“
„Hmmm… Ich müsste das Fresko vorher sehen.“
„Natürlich. Aber heute ist es schon spät und – verzeihen Sie, Herr Professor – ich glaube, Sie sind unseren Rotwein nicht gewohnt…“
Brändli wurde rot vor Verlegenheit. „Da haben Sie leider Recht. Schmeckt zu gut, das Tröpfli. Würde es morgen passen?“
„Natürlich. Um neunzehn Uhr? Ich hole Sie ab.“

Fürsorglich begleitete Martina den Professor, der mit schwerer Zunge über Historizismus, Expressionismus und „den Schwindel mit der modernen Kunst insgesamt“ herzog, zur Pension zurück. Als sie dann ihren Bentley in Richtung Wien steuerte, fühlte sie plötzlich das Bedürfnis, sich das Fresko noch einmal anzusehen und fuhr in die Gloriettegasse.

Bei Dunkelheit hatte sie die alte Villa noch nicht betreten und sie hatte Schwierigkeiten, das Schloss der Eingangstür zu öffnen. Beinahe hatte sie den Eindruck, jemand hätte versucht, das Schloss zu knacken. Aber das war ja Unsinn – die Villa stand leer, da gab es für Einbrecher nichts zu holen.
Trotzdem war ihr etwas unbehaglich, als sie die Tür endlich offen hatte und eintrat. Das Licht funktionierte nicht, die elektrische Zuleitung war bereits abgeklemmt. Aus dem Auto hatte sie deshalb eine starke Taschenlampe mitgebracht und suchte sich nun in deren Licht den Weg zum Fresko.

Martina war nicht übermäßig ängstlich, aber der Strahl der Taschenlampe bewirkte unerwartete Schatten und ihre Schritte hallten in den leeren Räumen, was ihr nun doch leichte Schauder über den Rücken laufen ließ. Auf der Stiege zum ersten Stock stolperte sie über die Axt, mit der Charly die Wandvertäfelung entfernt hatte. Wie kam die hier her? War doch jemand in der Villa gewesen?

Plötzlich hörte sie eine Tür schlagen. Erschrocken nahm sie die Axt an sich und stieg die Treppe wieder hinunter. Sie suchte sich vorsichtig den Weg dorthin, wo das Geräusch hergekommen zu sein schien und stand plötzlich vor dem Hintereingang, der zum Park führte. Die Tür war ganz offensichtlich aufgebrochen worden und schwang leicht mit dem Luftzug in den Angeln.
Im ersten Schreck wollte Martina nur raus aus der unheimlichen Villa. Aber dann fasste sie sich und zwang sich, die Treppe hinauf in den Salon zum Fresko zu steigen.

Das Wandgemälde war vollständig freigelegt, die Reste der Vertäfelung sorgfältig entfernt.
War das Charly gewesen? Ohne ihr etwas davon zu sagen? Außer ihr selbst und ihm wusste ja niemand etwas von dem Wandgemälde. Folglich musste er es gewesen sein. Aber er hatte doch versprochen, den Mund zu halten! Hatte er sein Wort gebrochen?
Martina beeilte sich, zu ihrem Wagen zu kommen. Dort nahm sie ihr Handy aus dem Handschuhfach und rief Charly an.
Sie kam nur zur Mailbox.
Ach ja, er hatte ihr ja gesagt, dass er für zwei Tage zu seiner Jagdhütte fahren würde und dort, im Tal nahe der Hohen Wand, gab es keinen Handyempfang. Dann war er wohl doch nicht in der Villa gewesen? Wer aber sonst?

An diesem Abend konnte Martina nicht einschlafen. Die Frage, wer in der alten Villa gewesen war, ließ ihr keine Ruhe. Ein Einbrecher? Warum sollte der das Fresko freilegen? Charly? Ohne ihr etwas zu sagen?
Es dämmerte bereits, als Martina endlich in einen unruhigen Schlummer fiel.

Auch am nächsten Tag konnte sie Charly nicht erreichen. Bei seiner Sekretärin hatte er sich nicht gemeldet. Morgen wäre er wieder erreichbar, vertröstete diese sie. Nun, das wusste Martina ohnehin.

Es wurde ein anstrengender Tag für sie. Schon der Schlafmangel der letzten Nacht verhinderte, dass sie sich konzentrieren konnte. Und der nagende Zweifel, ihren Charly betreffend, tat ein Übriges.
Sie machte früher Schluss im Büro, fuhr heim, nahm eine ausgiebige Dusche und holte dann pünktlich Professor Brändli aus Gumpoldskirchen ab.

Es dunkelte bereits, als sie mit ihrem Gast die Villa in der Gloriettegasse erreichte. Der Professor war etwas ungehalten darüber, Tageslicht wäre seiner Absicht natürlich zuträglicher gewesen. Martina bemühte sich, mit ihrer Handleuchte, die sie schon gestern benutzt hatte, gegen das Halbdunkel anzukämpfen und dem Professor so gut es ging zu leuchten.
Schließlich nahm Professor Brändli ihr die Taschenlampe aus der Hand und trat nah an das Fresko heran. Bewegungslos betrachtete der Kunsthistoriker das Wandgemälde. Es war völlig still im Salon.
Da glaubte Martina, ein schwaches Zischen zu vernehmen. Erst beachtete sie das Geräusch nicht, dann aber begann es, sie zu beunruhigen.

„Also, das ist mit neunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit ein Makart“, sagte unvermittelt der Professor. „Wenn ich sie recht verstanden habe, ist Ihnen die Bestätigung, dass das Gemälde von einem Schüler und Nachahmer Makarts stammt, einen namhaften Betrag wert. Ich habe heute lang drüber nachgedacht und bin zum Ergebnis gekommen, dass der Wissenschaft und auch der Kunst mit einer Spende an mein Institut wesentlich mehr gedient ist, als mit der Erhaltung eines so…“, er zögerte lange, „…eines so pompös kitschigen Werkes. Ich bestätige Ihnen daher die Wertlosigkeit dieser Malerei. Die Kosten für mein Gutachten belaufen sich auf, sagen wir, fünfhundert Franken. Und für eine Spende ans Institut in der Höhe von hunderttausend Franken wird Ihnen die Wissenschaft ewig dankbar sein.“

Martinas Unruhe war wie weggeblasen. Mochte da zischen was wolle! Hunderttausend Franken, das war ja wesentlich weniger, als sie auszugeben bereit gewesen wäre!
„Einverstanden, Herr Professor!“, sagte sie fröhlich.
In diesem Augenblick knallte im Erdgeschoß die aufgebrochene Hintertür.
„Puppi! Sofort raus da! Sofort!“
Panik war in Charlys Stimme. Sie hörte ihn die Treppe heraufkommen, wobei er offenbar mehrere Stufen auf einmal nahm. „Puppi! Frag net lang und renn!“
Es war der verzweifelte Ton in Charlys Stimme, der Martina veranlasste, den Professor am Ärmel zu packen und mit sich fortzuziehen. Sie brauchte nur knapp zwei Sekunden zur Treppe, wo Charly ihr entgegenkam, aber sofort kehrt machte und die Stufen mehr hinab fiel als dass er rannte.

Auch den Schweizer Professor schien nun der Schreck erfasst zu haben, denn er beeilte sich genau so sehr und hätte Martina beinahe nieder gerannt.
Sie erreichten den Park, aber Charly blieb nicht stehen, sondern flüchtete quer durch einige Büsche vom Haus weg. Martina und Brändli folgten.
„Was ist denn, Charly?“, rief Martina.
Da knallte es, dass Martina beinahe die Trommelfelle platzten. Instinktiv warf sie sich zu Boden. Glassplitter prasselten um sie her auf die mit Kies bestreuten Gartenwege, ein Ast des großen Birnbaumes landete krachend im Gebüsch neben ihr, dann war es wieder still.
In Martinas Ohren dröhnte es. Sie sah sich nach dem Professor um, der hinter ihr auf dem Boden saß, seine Brille verloren hatte und einen nicht gerade akademischen Gesichtsausdruck zur Schau trug.
Aus dem Gebüsch kam Charly auf allen Vieren gekrochen. „Leck Arsch, des war knapp!“, schnaufte er.
„Was war denn das?“, stammelte Martina.
„Die fachgerechte Entsorgung eines Makart Freskos“, gestand Charly trocken. „Möcht’ jetzt nur wissen, wie i den Kieberern erklär, warum da a Propangasflaschen drin war.“

Die Polizei war vor der Feuerwehr da. Das Kommissariat lag ja sozusagen um die Ecke in der Lainzer Straße. Dann kam die Sondereinheit Terrorbekämpfung und dann erst der erste Löschzug, der aber nicht viel zu tun bekam, da die Villa ja leer stand. Ein Fensterrahmen brannte, mit einem Hochdruckrohr war das Feuer aber in wenigen Sekunden ausgepustet.
Die Trennwand, die den Salon vom dahinter liegenden kleinen Schreibzimmer abgeteilt und das Fresko, das möglicherweise von Hans Makart stammte, getragen hatte, lag in Form von ganzen Ziegeln, Ziegelteilen und Bruchstücken des (teilweise bemalten) Verputzes über den gesamten Boden des Salons verteilt. Natürlich war es keine tragende Wand gewesen, immerhin aber – der damaligen Bauweise entsprechend – recht massiv.
Professor Brändli, Charly und Martina wurden vom Notarzt untersucht und weil sie unverletzt waren, mit der Ermahnung, sich zu schonen, in häusliche Pflege entlassen.

Selbstverständlich hatte die Sache ein gerichtliches Nachspiel. Der bisher unbescholtene Bauunternehmer Karl Pribil wurde wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu einer Geldstrafe verurteilt. Glücklicherweise hielt es das Gericht nicht für aufklärungsbedürftig, was eine undichte Propangasflasche in einem Abbruchobjekt zu suchen hatte.

Zu Martinas Ehre sei vermerkt, dass sie dem Institut des Herrn Professor Brändli die zugesagten hunderttausend Franken überwies und seither ein Porträt der hochherzigen Stifterin die Institutsräume zierte (was unzweifelhaft zur optischen Aufwertung der Lokalität beitrug). Ein Gutachten allerdings erstellte Professor Brändli nicht und somit sparte die K & M Immobilienverwertungs Ges.m.b.H. fünfhundert Franken.

Martina Köhlers Bauprojekt wurde ein voller Erfolg und die Anlage in der Gloriettegasse unter anderem von einem Staatssekretär, einem Operntenor, einem Modearzt und zwei Fernsehmoderatorinnen bewohnt (wobei eine davon allerdings ständig mit den Mietzahlungen im Verzug war).
Bemerkenswert ist nur mehr, was Charly antwortete, als ihn Martina am Tag nach der Gasexplosion fragte, warum er denn die ganze Sache inszeniert habe.
Er sagte nämlich: „Puppi, i hab halt g’sehn, wie viel dir dran liegt. Da hab i mir g’sagt: ‚Scheiß auf’n Makart, dem tut eh ka Ban mehr weh und von dem hängt eh g’nua in die Museen umanand.’ Na, und da ist mir des mit der Gasflaschen eing’falln. Weißt, i hab di nämlich ganz hundserbärmlich gern, Puppi.“

Anmerkungen:

[1] Eine heiße, nämlich Burenwurst (eher billige Wurstware)
[2] Dose Bier
[3] Gestopft = vermögend
[4] Etwa: Kann ich das Projekt vergessen
[5] Polizisten
[6] Knochen

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