Äußerst fantasievoll führt die in England sehr populäre Kinderbuchautorin Jan Mark durch die Geschichte der Museen und des Sammelns. Das von dem jungen britischen Illustrator Richard Holland liebevoll und originell gestaltete Lesebuch beantwortet so spannende Fragen wie: Warum sammeln Menschen Dinge? Wo bringen sie ihre Schätze unter? Was bedeutet eigentlich das Wort »Museum«, und seit wann gibt es solche Wunderkammern? Dabei stellt es große Sammler – und auch Fälscher – aller Epochen vor und öffnet Kindern die Türen zu den berühmtesten Museen der Welt.
Die Story: Ein kleines Mädchen flieht vor dem regnerischen London in ein imposantes Gebäude, das aussieht wie ein antiker Tempel, und entdeckt auf seinem Spaziergang viele seltsame und interessante Dinge, die alle alt und tot sind – sie ist in einem riesigen Museum gelandet! Zusammen mit dem Mädchen nimmt die Autorin die jungen Leser an die Hand auf einem abenteuerlichen Streifzug durch die Museumsgeschichte: Von der weltbekannten Bibliothek des Königs Ptolemäus aus Alexandrien, dem ersten sogenannten »Museion«, geht es in mittelalterliche Reliquiensammlungen und in die Renaissance-Wunderkammern von Alchemisten und Wissenschaftlern.
Im 16. Jahrhundert hatten private Sammler eigene Kuriositätenkabinette und wetteiferten miteinander darum, wer die sonderbarsten Gegenstände zusammentrug und die größte Wunderkammer besaß. Nach dem Motto: Wenn man nur alles an einem Ort zusammenbringen könnte, dann würde man vielleicht die Geheimnisse des Universums verstehen. »Erst Ende des 19. Jahrhunderts war klar, dass man nicht die ganze Welt in einem Museum unterbringen kann.« (Mark)
Man erfährt, was für spannende Geschichten sich hinter kleinen Details verbergen können, wie etwa dem sagenumwobenen Horn des Einhorns, das sich viel später als Stoßzahn des Narwals entpuppte. Und dass man durch Anschauen und Staunen allein nicht viel über solche Dinge lernt: »Du kannst dich heute noch einen Tag lang hinstellen und ein Schaf mit zwei Köpfen betrachten, aber auf diese Weise findest du nicht heraus, warum es zwei Köpfe hat.« (Mark) Und so geht die museale Reise weiter in die nächsten Jahrhunderte, in denen die Wissenschaftler begriffen, dass sie die Dinge erst mal sortieren und klassifizieren sowie die Geschichte in verschiedene Zeitalter unterteilen mussten, wenn sie aus diesen riesigen Sammlungen etwas lernen wollten: vom Ashmolean Museum in Oxford, das als ältestes Museum unserer Zeit gilt, über die Meisterhäuser des Dessauer Bauhauses bis hin zu städtischen Gesamtkunstwerken wie das jahrhundertealte Venedig.
Zu guter Letzt stellt die Autorin uns eine Wunderkammer der besonderen Art vor: die ganz spezielle Sammlung im Kopf, das eigene Gedächtnis, in dem immer noch Platz für etwas Neues, Seltsames und Wunderbares ist!
Jan Mark (1946–2006) war eine der bedeutendsten Kinderbuchautorinnen Großbritanniens und wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. 1976 und 1981 mit der »Carnegie Medal in Literature«. »Komm mit ins Museum« war ihr letztes Buch, in Deutschland ist es das erste seiner Art. Als Britin wählte die Autorin zum Großteil englische Museen und Sammler als Anschauungsbeispiele aus, daneben kommen natürlich auch viele andere Länder zur Sprache. Bis auf den Aspekt, dass man in Deutschland – anders als in England – selten kostenlos in ein Museum kommt, lassen sich alle Beispiele übertragen. Einige englische sowie Spezialbegriffe machen das Buch stellenweise recht anspruchsvoll, sodass die Texte zum Selberlesen – je nach Vorwissen – frühestens ab 10 Jahre empfehlenswert sind. Aber am besten eignet sich das auch für Erwachsene lehrreiche Kinderbuch zum Vorlesen für die ganze Familie, denn es gibt viel Stoff zum Anschauen, Erklären und Diskutieren, den man letztlich für alle Schulkinder dem Alter entsprechend auswählen und anpassen kann. Ein Glossar am Ende hilft bei den Erklärungen.
Hier erfahren die Kinder endlich, dass ein Museumsbesuch keine langweilige Pflicht sein muss, sondern – ganz im Gegenteil – äußerst spannend sein kann. Viel Spaß bei der Führung!