Meldungen zum Kunstgeschehen

PreisträgerInnen des Marion Ermer Preis 2009

Für junge Künstlerinnen und Künstler aus den neuen Bundesländern.

Der mit jeweils 5.000 Euro dotierte Marion Ermer Preis für junge KünsterlerInnen aus den neuen Bundesländern geht in diesem Jahr an:
 
Stefan Eichhorn (Dresden)
Margret Hoppe (Leipzig)
Andrea Legiehn (Leipzig)
Hans-Christian Lotz (Leipzig).

Nach Sichtung von 189 Bewerbungen erklärte die Jury mehrheitlich die Arbeiten dieser vier KünstlerInnen für preiswürdig. Das fünfköpfige Gremium tagte am 19. und 20. Mai in der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Mitglieder der diesjährigen Jury waren Ellen Blumenstein (Kuratorin der Ausstellung, Berlin), Giovanni Carmine (Kunsthalle St. Gallen), Dr. Vanessa Joan Müller (Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen), Dieter Roelstraete (Museum van Hedendaagse Kunst, Antwerpen) und Prof. Christian Sery (Hochschule für Bildende Künste Dresden).

Die feierliche Preisverleihung und Eröffnung der von Ellen Blumenstein kuratierten Preisträger-Ausstellung findet statt am 10. Dezember 2009 im Oktogon der Hochschule für Bildende Künste Dresden in Gegenwart der Stifterin Marion Ermer und Herrn Prof. Dr. h.c. Lothar Späth, Vorsitzender des Kuratoriums der Marion Ermer Stiftung.

Die Marion Ermer Stiftung zur Förderung von Kunst und Kultur verleiht den Preis nunmehr zum neunten Mal und greift dazu auf die bewährte Kooperation mit der Hochschule für Bildende Künste Dresden zurück. Mit diesem Preis leistet die Stiftung einen konstruktiven Beitrag zur Förderung junger Künstlerinnen und Künstler in den neuen Ländern und deren künstlerischer Aus- und Weiterbildung. Marion Ermer selbst wurde 1993 für dieses Engagement mit einer Maecenas-Ehrung gewürdigt.

Der Marion Ermer Preis richtet sich an Künstlerinnen und Künstler aus den Bereichen Malerei, Grafik, Bildhauerei und andere bildnerische Medien. Die Bewerber dürfen nicht älter als 35 Jahre sein und müssen ihren Erst- oder Zweitwohnsitz in den neuen Bundesländern (außer Berlin) haben und einen Studienabschluss an einer staatlichen Kunsthochschule oder einer vergleichbaren Einrichtung in Ostdeutschland (außer Berlin) vorweisen. Bewerben konnten sich weiterhin im Diplom befindliche Studierende oder Meisterschüler an einer dortigen staatlichen Kunsthochschule.

Die Hochschule für Bildende Künste Dresden ist nach 2001, 2003, 2005 und 2007 bereits zum fünften Mal Kooperationspartner des Marion Ermer Preises. 2002 kooperierte die Marion Ermer Stiftung mit der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Die Bauhausuniversität Weimar war 2004, 2006 und 2008 Partnerin bei der Auslobung.
 

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Zu den PreisträgerInnen:

STEFAN EICHHORN
Mittels architektonischer Eingriffe in den Raum, beziehungsweise dessen verändertem Nachbau, lenkt Stefan Eichhorn den Blick auf ästhetische, soziale und politische Spezifika unserer Umgebung – und schlägt gegebenenfalls einen alternativen Umgang mit ihr vor. Sowohl die Produktionsbedingungen in studentischen / künstlerischen Ateliers, die sozialen Strukturen innerhalb einer Hochschule, wie auch die Fortschrittsbesessenheit unseres Wissenschaftsbetriebs nahm der Künstler bereits auf humorvolle Weise ins Visier.
Signifikant für Eichhorns Arbeitsweise ist das Herstellen von Erfahrungsräumen. Durch minimale, zunächst kaum sichtbare Verschiebungen (die in den meisten Fällen allerdings aufwändige Interventionen erfordern), konfrontiert er den Betrachter mit räumlichen Situationen, denen dieser sich nur durch Totalverweigerung entziehen kann. Für seine Installation „Go Practice“ entwarf er beispielsweise gemeinsam mit Philipp Pink eine Art Zirkusarena, bei deren Betreten der Besucher automatisch zum Akteur in diesem Setting wurde und sich mit seiner eigenen Rolle konfrontiert sah.
Die Jury wertet das Gespür Stefan Eichhorns für das Funktionieren des Systems Kunst und dessen Umsetzung in räumlich erfahrbare Situationen als preiswürdig.

Stefan Eichhorn
- 1980 in Dresden geboren
- 2001-2007 Studium Bildende Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Dresden
- 2002 Gaststudium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee
- 2005 Erasmusstipendium und Gaststudium an der Statens Kunstakademie und Kunsthögskolen i Oslo in Oslo / Norwegen
- seit 2007 Meisterschülerstudium an der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Martin Honert
 

MARGRET HOPPE
Die in Greiz/Thüringen geborene und aufgewachsene Margret Hoppe begleitet fotografisch das Verschwinden des real existierenden Sozialismus in Ostdeutschland und anderen Ost-Europäischen Staaten. Zu jung – beim Fall der Berliner Mauer 1989 war sie gerade 8 Jahre alt – um den Systemwechsel selbst zu betrauern, positioniert sich Hoppe zwischen empathischem Nachempfinden und dokumentarisch-archivarischem Aufzeichnen. Über das Bewahren verloren gehender öffentlicher wie gebauter Räume in der Fotografie hinaus, macht Hoppe die hinter dem aktuellen Verfall durchscheinende ursprüngliche Funktion der Orte wieder sichtbar.
In den beiden wichtigen Serien „Die Verschwundenen Bilder“ (2007) und „Bulgarische Denkmale“ (2008) hinterfragt die Künstlerin zugleich die Entstehungsbedingungen, mögliche Funktionalisierungen sowie die Zeit- und Kontextabhängigkeit der Rezeption von Kunst: wie können beispielsweise sozialistische Auftragswerke künstlerisch bewertet, wie können diese historisiert werden? Wie geht ein anderes System mit originären Bedeutungszuschreibungen um?
Margret Hoppes fotografische Erinnerungsarbeit vermeidet Nostalgie, indem sie ihre Bilder an reale Räume rückbindet. Die Jury möchte sie mit der Preisvergabe auf diesen Weg unterstützen.

Margret Hoppe
- 1981 in Greiz, Thüringen geboren
- 2000-2007 Studium im Fachbereich Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
- 2005-2006 Stipendium des Deutsch-Französischen Jugendwerks, Studium an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris bei Jean-Marc Bustamante und Christian Boltanski
- seit 2007 Meisterschülerin an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
bei Prof. Timm Rautert und Prof. Christopher Muller
 

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ANDREA LEGIEHN
Andrea Legiehn nutzt verschiedenste künstlerische Medien wie einen Fundus, aus dem sie für ihre Arbeit schöpft. Collageartig arrangiert sie kontextfremde Elemente zu einer neuen Installation, eignet sich Teile anderer Werke an, verweist auf wichtige (kunst-)historische Momente und/oder Diskurse, macht die eigenen Arbeitsprozesse sichtbar.
Legiehn begibt sich nicht nur in die Nachfolge der Institutional Critique und hinterfragt die Funktionsmechanismen der Akademie und die Bedingungen künstlerischer Repräsentation, sondern untersucht ebenfalls die Kontextabhängigkeit der eigenen Produktion und die Möglichkeiten künstlerischen Arbeitens heute.
In ihrer Diplomarbeit untersucht und erprobt Legiehn beispielsweise den Umgang mit Raum, mit seinen Traditionen, Konventionen, Bedingungen und Perspektiven des Zeigens von Kunst. Sie stellt das Ausstellen selbst aus: als eine Praxis, die einen Raum, mit seinen architektonischen, ästhetischen, sozialen oder funktionalen Vorgaben, aktiv definieren, gestalten und überhaupt erst herstellen kann.
Mit großer Ernsthaftigkeit und klugem Witz stellt sich Andrea Legiehn den ästhetischen, sozialen und politischen Implikationen ihrer Praxis; die Jury honoriert diese Konsequenz mit der Vergabe eines Preises.

Angela Legiehn
- 1976 in Bobingen, Bayern geboren
- 2002-2008 Studium der Fotografie und Bildenden Kunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Prof. Astrid Klein und Prof. Beatrice von Bismarck
- 2004 Erasmusstipendium an der Ecole Nationale Supérieure d‘Art „Villa Arson“ in Nizza/Frankreich
- 2005 Peterhans Stipendium der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig
- 2007 Gaststudium an der HfBK „Städelschule“ Frankfurt bei Prof. Michael Krebber
 

HANS-CHRISTIAN LOTZ
Die künstlerische Praxis von Hans-Christian Lotz wird im Wesentlichen bestimmt durch eine emotionale und doch kritische, selbstreflexive Haltung gegenüber der eigenen Produktion und deren Bedingungen. Unter Bezug auf so unterschiedliche Kontexte wie das Internet und dessen Distributionsmodi, klassischer Zeichnung und Aquarellmalerei, Video und Film, dekonstruiert Lotz Vorstellungen vom Künstler als verlässlichem gesellschaftlichen und politischen Impulsgeber und Innovator.
„Wie man ruhig wird“ (2009), eine Koproduktion mit Loretta Fahrenholz, inszeniert die beiden Künstler als Protagonisten einer fiktiven Dokumentation. In den Blick genommen werden vor allem die zwischenmenschlichen Beziehungen in der Gruppe, anhand derer Lotz / Fahrenholz die Schwierigkeiten thematisieren, denen sie sich als Künstler heute ausgesetzt sehen: Die Erwartungshaltung an das Bild vom Künstler / von der Künstlerin sind stark vorgeformt, der Anspruch an die eigene Arbeit schwankt zwischen ästhetisch-künstlerischer Eigenständigkeit und gesellschaftspolitischer Relevanz.
Für die Klarheit, mit der er diese Problemstellung angeht und in künstlerisch glückende Formate bringt, vergibt die Jury einen Preis an Hans-Christian Lotz.

Hans-Christian Lotz
- 1980 in Hamburg geboren
- 2001-2007 Studium Medienkunst und Bildende Kunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Prof. Astrid Klein
- 2003-2004 Studium an der Accademia di Brera in Mailand/Italien bei Prof. Vito Bucciarelli
- 2005-2006 Gaststudium an der HfBK „Städelschule“, Frankfurt bei Prof. Michael Krebber
- 2007-2009 Meisterschüler an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Prof. Astrid Klein
 

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