„Welche Farbe mögen Sie besonders?“ – diese Frage stand am Anfang dieser neuen und durch ihre Maße spektakulären Arbeit von Timm Ulrichs. Oder war es die Entscheidung, den berühmten Künstlersohn der Stadt mit einer ersten Installation im Stadtraum zu würdigen? Vielleicht fiel die Wahl auch auf Timm Ulrichs, weil er in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er als „Totalkünstler“ Aufgaben dieser Dimensionen auf unkonventionelle Art annehmen und bewältigen kann.

„Der Ideenkünstler“, so charakterisiert sich Timm Ulrichs selbst, sorgt seit den 60er Jahren immer wieder durch spektakuläre Aktionen für Aufmerksamkeit. In der Tradition von Kurt Schwitters und inspiriert von Marcel Duchamp weitet er die Kunst auf den Alltag aus und verschränkt Kunst und Leben zu einem einzigen künstlerischen Projekt. „Nachdem ich diese Theorien begriffen hatte“, sagte er in einem Interview, „schien es mir notwendig, dass man sie zu einem Endpunkt führt und nicht nur Flaschentrockner, sondern sich selbst ausstellt“. Er erklärte sich 1961 zum „ersten lebenden Kunstwerk“ und stellte sich konsequent 1966 in einer Galerie in Frankfurt selbst aus, signiert natürlich. Damit hat er entscheidend zur Erweiterung des Kunstbegriffs beigetragen. Ihn in einer künstlerischen Schublade zu verorten fällt schwer. Zu vielseitig ist sein Werk: Er ist sowohl Konzept-Künstler, als auch Bildhauer, Performer, Dichter, Archivar und vieles mehr - eben Totalkünstler. Jede Aufgabe, sei sie selbst gestellt oder von außen kommend, geht er mit neuen Ideen und Techniken an. Er hinterfragt, nimmt vieles wörtlich und versucht komplexe Themen mit einer Leichtigkeit und oftmals mit einem Augenzwinkern darzustellen. Einfach macht er es sich – und oftmals auch den Beteiligten – nicht.

Für die Installation im Neubau der VGH Versicherungen im Warmbüchenkamp hat Timm Ulrichs die Methodik der Statistik gewählt. Ein Thema, mit dem er sich schon lange auseinandersetzt und schon viele Werke dazu hervorgebracht hat. So gab es auch bereits 1977 eine ähnliche Arbeit: „Die Lieblingsfarben der Deutschen“. Wie weit unterscheiden sich die Niedersachsen von der Allgemeinheit – sicherlich eine Frage, die er beantwortet wissen wollte. Ihm ging es dabei aber auch um den Gegensatz einer individuellen künstlerischen Arbeit für Niedersachsen mit den Mitteln einer statistischen Verallgemeinerung. Er wäre nicht Timm Ulrichs, wenn nicht auch ein kritisches Augenzwinkern dabei wäre: „In den Händen der Marktforscher, Soziologen und Politiker ist die Statistik längst zum Instrument des allgegenwärtigen Großen Bruders geworden; nichts entgeht ihrem gesetzgebenden Zugriff, alles wird vermaßt, geregelt und gemaßregelt, kein Lebensbereich – von der Geburt bis zum Tode – bleibt da verschont“, so sein eigenes Statement zu Statistiken. Zu seiner Arbeit in Hannover sagt er „Die VGH ist ein niedersächsisches Unternehmen mit niedersächsischen Kunden, und wie diese ihre Umwelt wahrnehmen und interpretieren, wollte ich aufnehmen.“

 

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Vor diesem Hintergrund führte das Institut Acuma (Agentur für Consulting und Marktforschung) eine repräsentative  Umfrage unter Beteiligung von 1000 Niedersachsen durch, die zu folgendem Ergebnis kommt:

• Blau ist die Favoritenfarbe der Niedersachsen. 37 % präferieren diese Farbe in unterschiedlichen Facetten mit einer Tendenz zu dunkleren Farbtönen. Dieses Ergebnis unterscheidet sich kaum im Vergleich zur gesamten Bundesrepublik Deutschland. 
• Rot wird am zweit häufigsten genannt. 20 % entscheiden sich für diese Farbe als Lieblingsfarbe. Auch dieses Ergebnis weicht nicht vom Bundesdurchschnitt ab. 
• Grün liegt mit 17% auf Platz 3. Das Ergebnis unterscheidet sich vom Bundesdurchschnitt um plus 5 %. 
• Gelb, Schwarz und Orange sind die im Ranking nachfolgenden Lieblingsfarben der Niedersachsen.

Auf fast 90 Meter Länge und 4 Meter Höhe werden nun lackierte Holzplatten (20 x 20 cm, monochrom eingefärbt) in zufälliger Reihenfolge gehängt. Die einzelnen Farben sind anteilig entsprechend der Häufigkeit ihrer Nennung vertreten. Eine Arbeit, die ästhetisch besticht und dauerhaft zu sehen sein wird.

„Mit diesem Werk erweitern wir unsere Kunstsammlung, in der ausschließlich Künstler mit Bezug zu Niedersachsen vertreten sind. Dieses Kunstkonzept setzen wir sowohl in unseren bestehenden Gebäuden als auch im Neubau konsequent um“, erläutert Dr. Robert Pohlhausen, Vorstandsvorsitzender der VGH.

Parallel zur Einweihung dieses Kunstwerks gibt es in den Galerie-Räumen der VGH Versicherung am Schiffgraben die Ausstellung „Statistik ecetera“. Kuratiert von Karl Duschek, Grafikdesigner und Künstler aus Stuttgart, werden künstlerische Arbeiten von Timm Ulrichs zu diesem Thema gezeigt. Zu sehen sind Werke wie „Statistischer deutscher Wald“ aus dem Jahr 1961, realisiert in der Kunsthalle Bielefeld, über „Menschenrassen“ (Einteilung nach Hautfarben), 1966, bis hin zu „Deutsche Haarfarben-Statistik (nationales Körperkunst - Farbenspiel )“ von 1971/74. Diese Ausstellung schließt damit an die Reihe monographischer Präsentationen an, so wurde beispielsweise 2008 Christiane Möbus in der VGH Galerie gezeigt.