Meldungen zum Kunstgeschehen

Tübingen | Kunsthalle Tübingen: SISTERS & BROTHERS. 19.11.2022 – 16.04.2023

Wir alle sind in Familien aufgewachsen und auch wenn wir diese als Heranwachsende verlassen, bleiben wir meistens weiterhin mit unserer Ursprungsfamilie in Kontakt. Was wir in unserer „Familie“ erleben, ob wir Einzelkinder sind oder Geschwister haben, hat Auswirkungen auf unser gesamtes Leben. Ob Zwillinge, Geschwister, Stiefgeschwister oder Geschwister im Geiste, wer mit anderen aufwächst, ist konfliktfähig und übt sich meist früh in Fürsorge und Solidarität – kurz der oder die erwirbt sich wichtige Schlüsselqualifikationen für ein menschliches Miteinander. Überraschenderweise jedoch wurde die längste und nicht selten intensivste Beziehung im Leben eines Menschen – die Geschwisterbeziehung – bislang in den Wissenschaften kaum erforscht und noch nie zum Thema einer Ausstellung gemacht. Mit „SISTERS & BROTHERS. 500 JAHRE GESCHWISTER IN DER KUNST“ dokumentiert die Kunsthalle Tübingen das facettenreiche Thema der Geschwisterbeziehung in der bildenden Kunst erstmals umfassend mit rund 100 Werken.

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500 Jahre Geschwister in der Kunst

Aus kulturhistorischer Perspektive machen die gezeigten Gemälde, Skulpturen, Objekte und Videos die Veränderung der Geschwisterdarstellungen vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart anhand eines chronologischen Parcours anschaulich. Dieser führt vom schönen Schein der Genremalerei über das romantische und bürgerliche Geschwisterbild bis zu Darstellungen der Gegenwart. Gerade die zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler brechen die historischen Geschwisterdarstellungen in ihren Werken heute nicht nur ironisch, sondern unternehmen darüber hinaus eigene „Tiefenbohrungen“, die auch die herausfordernden Seiten in den Beziehungen von Geschwistern ausleuchten. Nicht zuletzt zeigen sie, dass das Thema auch Zukunftspotential birgt.

Geschwister in der Mythologie

Die Beziehungen unter Schwestern und Brüdern sind urwüchsiger und spontaner als andere menschlichen Beziehungen. Deshalb kennt auch die antike und christliche Mythologie viele Geschichten, die unterschiedlichsten seelischen Triebkräften dieser familiären Konstellation Ausdruck verleihen.

Ihre Dynamik erhalten die Geschwisterbeziehungen dabei immer aus der konkurrierenden Bezugnahme zu den Eltern. So wurde der erste Mord, den die Menschheitsgeschichte überlieferte, von Kain aus Eifersucht auf seinen Bruder Abel begangen. Neben den konfliktbeladenen rivalisierenden Geschwistern und ungleichen Brüdern wie Esau und Jakob kommt in der Mythologie aber auch das Gegenteil vor. So gibt es die durch das Schicksal verbundenen, unzertrennlichen Geschwister wie Romulus und Remus oder Kastor und Pollux, die die bedingungslose Geschwisterliebe verkörpern. Nicht zuletzt kennt der Mythos auch Geschwisterehen von Göttern und Halbgöttern, aus denen ganz besondere Helden hervorgehen. Der in der Druckgrafik der Frühen Neuzeit vielfach reproduzierte mythologische Stoff hatte für ihre adligen und bürgerlichen Auftraggeber und Sammler nicht nur einen ästhetischen Reiz. Die Druckgrafik diente neben der Repräsentation und Unterhaltung auch der Bildung und bot Anlass, das eigene Leben in den bildgewordenen Geschichten zu reflektieren.

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