Anlässlich ihres 250. Geburtstages bietet die Akademie der Bildenden Künste Stuttgart eine Vielzahl von Veranstaltungen über das ganze Jahr an. Günter Baumann hat die Schmankerl für Sie gesichtet.
Der alte württembergische Herzog Carl Eugen geriet in der historischen Betrachtung etwas in Verruf: Zimperlich ging er nicht mit seinen Landeskindern um, brachte den Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart bekanntlich hinter Gitter und vergraulte Friedrich Schiller, dass dieser sich von Stuttgart ins Ausland absetzte (das lag damals im nahe gelegenen, badischen Mannheim). Dass die von Carl Eugen 1761, also vor 250 Jahren gegründete »Académie des Arts« in der sehr viel bekannteren Hohen Carlsschule aufging, die zur – wenn auch straff geführten – Gedanken-, aber auch Kunstschmiede des kleinen Landes wurde, ist weniger bekannt. Sie war eine enorme kulturhistorische Leistung, war doch die Kulturförderung nicht zum Besten bestellt.
Nach Carl Eugens Tod schloss die Schule zwar ihre Pforten, aber die Rolle rückwärts zur Herzoglichen Kunstschule sorgte immerhin für eine gewisse Kontinuität, die wiederum mittels einer Verschmelzung – diesmal von Schule und Kunstsammlung – einen Schritt weiterkam: Heimisch wurde die neu formierte Institution im Altbau der heutigen Staatsgalerie. Inzwischen hatte sich das 19. Jahrhundert breitgemacht, an deren letztem Drittel die Kunstschule erneut weiterzog und die Württembergische Kunstgewerbeschule gegründet wurde. Gemeinsam traten beide Einrichtungen dann nach 1945 am Weißenhof an, wo ursprünglich die Königlichen Lehr- und Versuchseinrichtungen beheimatet waren. Die Kunstschule hieß bereits seit 1901 Akademie der Bildenden Künste, ein Name, der sich für den Weißenhof-Bau als feste Adresse der Kunstakademie etablierte, deren Rektorenposten seit 2010 erstmals von einer Frau, Petra von Olschowski, eingenommen wird.
Anlässlich des 250. Geburtstages hat die Akademie mit Nils Büttner und Angela Zieger unter dem Titel »Rücksichten« ein Lesebuch herausgegeben, das unterhaltsam und typografisch exzellent in die Geschichte der Akademie schaut, die sich vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart schlängelt. Darüber hinaus ehrt der Großraum Stuttgart die Akademie mit zahlreichen Ausstellungen, deren Protagonisten mit ihr in Verbindung standen oder stehen und zu ihrem internationalen Renommee beitragen.
Als eines der ersten Museen, das den Kooperationsgedanken umsetzte, eröffnete die Galerie Stihl in Waiblingen bereits im Frühjahr ihre Schau zum Steindruck von den Anfängen um 1800 bis die Gegenwart, wobei freilich die spannende Emanzipation des Druckverfahrens von der Gebrauchsgrafik ab dem 20. Jahrhundert im Mittelpunkt der Ausstellung steht. Dabei sollte man die Anfangsjahre der Technik nicht außer acht lassen – ausgerechnet in Stuttgart entstand 1810 eine Steindruckerei, die das damals junge Verfahren anwandte und sogleich mit einem pädagogischen Standardwerk über »Das Geheimnis des Steindrucks« aufwartete. Die hohe Auflage machte den Reiz aus, in dessen Folge die Hoch- und Tiefdrucktechniken (insbesondere Holzschnitt bzw. Radierung und Aquatinta) ihre Vorrangstellung in der Branche für illustrierte Bücher einbüßten. An der Stuttgarter Kunstakademie befasste man sich spätestens um 1900 mit der Lithographie, deren künstlerische Bedeutung bald durch Willi Baumeister offenbar wurde. Bis heute experimentieren die Künstler auch hier mit dieser Technik - darunter sind Alfred Hrdlicka und K.R.H. Sonderborg wie auch in jüngster Zeit Holger Bunk oder Cordula Güdemann, die eine Lithografie speziell für den Einband des Katalogs entworfen hat: Damit setzt die Galerie ihre Reihe preiswürdiger Begleitbände fort, die längst zu begehrten Sammlerstücken geworden sind. Der Lithografie-Band geht in seiner experimentellen Gestaltung weit über einen Ausstellungskatalog hinaus, spielt über transparentes Papier mit der Positiv- und Negativform im Druckgewerbe und präsentiert darüber hinaus eine Revue des Steindrucks, wie er an der Stuttgarter Kunstakademie gepflegt wurde und wird. Es werden auch nicht die zuweilen konträr unterschiedlichen Positionen ausgespart, besonders im Nachkriegsstreit um die Abstraktion und die gegenständliche Kunst, der sich an den Personen Karl Rössing und seiner Schule (Förch, Gäfgen u.a.) auf der einen Seite und Willi Baumeister oder Max Ackermann auf der anderen Seite festmachen lässt.
Eine der schönsten Hommagen an das Wirken an der Kunstakademie ist die Ausstellung der Galerie Schlichtenmaier, die ein Dutzend Künstler(innen) mit unterschiedlichen Positionen zu einem spannungsreichen und doch leichtmusischen Reigen komponiert. Die Künstler der Schau sind – nach den Geburtsjahrgängen geordnet (geboren sind sie zwischen 1939 und 1977) – Ben Willikens mit einem wohlinszenierten, raumerweiternden Hinguckerbild, Christoph Freimann mit seinen signalroten Winkelstahlobjekten und Martin Müller mit musikalisch klingenden Farborchestrierungen. Dazu kommen hyperrealistische Zeichnungen von Joachim Kupke, magisch verklärte Cybachromarbeiten von Platino und die Schablonenmalerei von Christoph M. Gais. Perfekt sind sie alle in ihren Genres, ob Beate Knapp mit ihrem expressiven Realismus, Camill Leberer mit licht-, spiegel- und farborientierten Wandobjekten und Volker Blumkowski, der verblüffende Handlungsräume schafft, die viel über die Malerei (und die Scheinrealität) aussagen. Der Maler Peter Sehringers und die Bildhauer Markus Daum und Manuela Tirler setzen abstrakte neben figurative Elemente, um klassische Formen aufzulösen oder experimentell umgestalten.
Überschaut man die zwanglos in der Stadt und darüber hinaus gestreuten und bereits laufenden Ausstellungen, die anlässlich des 250jährigen Bestehens der Akademie stattfinden, trifft man auf eine enorme Vielfalt, wie man sie schon in der Auswahlliste erkennen kann. Das komplette Programm findet sich unter www.250aka.abk-stuttgart.de.
Der Katalog zur Ausstellung "Stein Druck Kunst" ist telefonisch unter (07151) 5001-672 oder per Email an doris.orgonas@waiblingen.de (zzgl. Versandkosten) sowie an der Galeriekasse der Galerie Stihl erhältlich.