Die Vervollkommnung eines Gesamtwerks motivierte den Finnen Akseli Gallen-Kallela (1865-1931) zeitlebens zu schöpferischen Höhenflügen. Vom finnischen Nationalepos Kalevala fasziniert, setzte er Landschaft, Kultur und Menschen seiner Herkunft auf eine Weise ins Bild, die über heimatliche Verbundenheit hinausreicht und einen überzeugten Kosmopoliten sichtbar macht. Elena Korowin hat den Katalog zur kommenden Ausstellung in Düsseldorf gelesen.
Akseli Gallen-Kallela, zeitweise auch als Axel Gallen bekannt, ist ein zu Unrecht in Vergessenheit geratener finnischer Künstler des Jugendstils. Besonders in Deutschland kannte man ihn als Instanz des Berliner Bohèmekreises in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Nun wird sein Werk vom Museum Kunstpalast in Düsseldorf wiederentdeckt. Eine Retrospektive seines bedeutenden und vielfältigen Schaffens wird ab Juni in Deutschland ausgestellt, in Zusammenarbeit mit dem Helsinki Art Museum und Musée d’Orsay in Paris. Dazu ist ein reich bebilderter Katalog erschienen.
»Der Mystiker anderer Observanz« mit einer »sonderbaren Farbfantasie« war ein renommierter Künstler im Europa des Fin de siecle, er kannte Kandisky und Liebermann persönlich und beteiligte sich an allen bedeutenden Ausstellungen dieser Zeit. Es sind die Augen seiner Dargestellten, in ihrer stillen und sanften Melancholie gefangen, die den Betrachter in ihren Bann ziehen. Der erste Blick wird von ihnen gefangen und man achtet nicht drauf, ob ein Junge oder Greis dargestellt ist und was um ihn herum geschieht. Emil Nolde und andere Mitglieder der Gruppe „Brücke“ waren von Gallen-Kallelas Malerei so fasziniert, dass sie den Künstler 1907 zum Beitritt in ihre Künstlervereinigung aufforderten.
Seine Druckgrafiken und die Mischung zwischen Fantasie und Empfindung machten ihn für die Künstler der „Brücke“ zu einem Vorbild. Er war ein Kosmopolit, wie viele Künstler dieser Epoche. Eine Entdeckungsreise führte ihn 1909 nach Afrika, wo er mit seiner Familie auf einem Landgut in Kenia lebte, um Natur und Menschen des schwarzen Kontinents auf seinen Leinwänden zu verewigen. Doch immer wieder zog es ihn in seine Heimat zurück, er war Finne durch und durch und liebte sein Vaterland. Die meisten seiner Gemälde widmete er der finnischen Landschaft, den Menschen und Tieren, die sie bewohnten. Ein großes Projekt in seinem Schaffen war die künstlerische Aufarbeitung der finnischen Sage »Kalevala«, die im Katalog besprochen wird. Im Sinne der vorherrschenden Idee des Gesamtkunstwerkes baute er sich ein Haus in Zentralfinnland und nannte es Kalela, dort sollte er mit seiner Familie in der Idylle leben und arbeiten.
Der Katalog ist mit vielen farbigen Abbildungen und Fotos ausgestattet, er gibt einen guten Einstieg in das Werk des finnischen Künstlers. Sein Œuvre ist nach Motiven wie Porträts, Bäuerliches Leben, Landschaften oder Kalevala geteilt. Auch sein künstlerischer Ausflug zum Symbolismus wird dokumentiert. Die Katalogtexte bringen Klarheit in das Leben und Schaffen und geben Anregungen, um Parallelen zwischen der Kunst Kallelas und dem italienischen Trecento zu ziehen. Leider fehlt hier eine übersichtliche Biografie. Abgesehen davon ist der Katalog empfehlenswert, wenn man den Künstler kennen lernen möchte. Die Ausstellung und der Katalog sind eine Entdeckung für alle, die Symbolismus und Jugendstil schätzen, sich aber an Klimt und anderen Vorzeigekünstlern dieser Bewegung bereits satt gesehen haben.