Rezensionen

Anke Fesel/Chris Keller (Hg.): Easy Rider Road Book. A Tour through the Wild and Inspiring Side of Bicycle Culture. Hatje Cantz Verlag

Bereits die Aufmachung des im Hatje Cantz Verlag erschienenen Buches ist fulminant! Farben wie Shocking Pink, Gelb, Blau fungieren als Eye-Catcher. Ebenso informativ und explosiv zeigt sich auch der Inhalt des lesens- und sehenswerten Buches. Es spricht die Sprache der modernen Abenteuersuchenden, die selbstständig etwas unternehmen möchten und der Kriminalität ein deutliches Nein entgegnen. Namhafte wie aufstrebende Fotografen:innen, setzen mit neuen Bildperspektiven die Aura einer Bike-Kultur in Szene. Von jener, im wahrsten Sinne des Wortes bewegenden Szenerie zeigt sich Melanie Obraz fasziniert.

Cover © Hatje Cantz Verlag
Cover © Hatje Cantz Verlag

Schon das einleitende Motto „knives down, bikes up!“ spiegelt die Idee und die geistige Kultur der Biker:innen und Fahrradfahrer:innen in London wider. Denn: Jegliche Art von Gewalt, insbesondere Waffengewalt ist verpönt, damit soll endlich Schluss sein. Neue und vor allem gewaltfreie Perspektiven werden gesucht und - wie das Buch vermittelt-, auch gefunden. Innovation steht hier im Mittelpunkt. Alles ist in Bewegung und verhält sich in Richtung Veränderung, Kommunikation. So entsteht ein neues Bild von Gemeinschaft in der Gesellschaft. Verständigung und Austausch sind hier zentral. Die Vielfalt der in dieser Publikation angesprochenen Kulturen zeigt sich in Bildern, die von einem immer wiederkehrenden Aufbruch und von den Verbindungen auf den Kontinenten eine spezifische Empfindung vermitteln. Die Megacities in Amerika sind in puncto innovativer Freizeit- und Lebensgestaltung ebenso bedeutend wie die europäischen Metropolen London und Berlin.

© Tod Seelie
© Tod Seelie


Das völlig neue Lebensgefühl vermittelt sich in geradezu leuchtender Farbigkeit, die so vom Cover des Buches, aber auch durch die zahlreichen Fotos die Leser:innnen zu eigener Kreativität auffordern. Die Farbe Pink – genauer: Shocking-Pink - fungiert gleichsam als Einladung. „BikeStormz“ wiederum ist eine eigene Wortkreation, mit welcher „die“ Jugendbewegung Londons charakterisiert wird. Die negativen Erfahrungen mit der Gewalt und den ausufernden Verletzungen aufgrund von Messerattacken, führte dazu, einen gewaltfreien Weg für das Zusammenleben der Jugend zu kreieren. Ein Kennzeichen jener gewaltfreien Bewegung ist, auf dem Hinterrad zu fahren und das Vorderrad hoch in die Luft zu schwingen.
Der Fotoband wird zu jedem Kapitel mit kenntnisreichen Kommentaren begleitet und auch mit persönlichen Eindrücken der Fotografe:innen dokumentiert. Der Gewalt wird im wahrsten Sinne des Wortes „der Kampf“ angesagt. Ein unglaubliches Gemeinschaftsgefühl verdeutlicht sich, indem hunderte und tausende von Menschen ungebremst ihrer Fahrradleidenschaft frönen. Das Fahrrad wird zum Stilmittel, zum Versprechen an die Freiheit und zum Symbol einer Rebellion gleichermaßen.
So sehr sich die friedliche Fahrradrebellion in Havanna auf den ersten Blick auch von jenen in London und New York City, Berlin oder Mexico City –unterscheidet, irgendwie treten sie alle ins selbe Pedal, fahren vorwärts in Richtung eines friedlichen Zusammenlebens.

© Philipp von Recklinghausen
© Philipp von Recklinghausen


Anhand von 160 Abbildungen wird klar, dass es sich hier nicht nur um eine Art der Fortbewegung handelt, die ohne Motor auskommt. Die Ebene der Kultur mit den Bezügen zu Design, Mode, Lifestyle bis hin zur Stadtentwicklung und Politik, sind „die“ Aspekte, auf welche das Buch hinweist. Das Fahrrad wird zum Trägermedium der eigenen Fähigkeiten und der persönlichen Ausstrahlung, einer Kommunikation, die sich jeder Innovation öffnet.
Nicht umsonst gewann das Fahrradfahren in London gerade rund um die Olympischen Spiele 2012 an Popularität, – angekurbelt durch die Tatsache, dass der Brite Bradley Wiggins im gleichen Jahr die Tour de France gewann. Daraus entwickelte sich dann, eine eigene friedlich-rebellische Kultur des Bikens, die auch der persönlichen Selbstdarstellung eine Plattform eröffnete.

© Julie Glassberg
© Julie Glassberg


Der Balance auf zwei Rädern gleich spiegelt sich die äußere Welt wie auch die psychische Dimension der Protagonist:innen in den Fotos des Buches wider, während die einführenden Begleit-Kommentare die Leser:innen zu Passagier:innen auf dieser einfühlsamen Reise werden lassen. Junge und nach Herausforderungen suchende Fotograf:innen und Filmemacher:innen wie Adam Corbett, Christoph Gateau und Julie Glassberg geben ihr Interesse an unterschiedlicher Kultur und Entwicklungen neuer Lebensweisen in puncto innovativem sozialen Gefügen Ausdruck. Die Leser:innen und Betrachter:innen werden geradezu aufgefordert und ermutigt aufgrund der im Buch gemachten Vorschläge, selbst die Initiative – in diesem Fall die Lenkstange des Drahtesels - zu ergreifen.

© Adam Corbett
© Adam Corbett


Fazit des im Hatje-Cantz Verlag attraktiv gestalteten Buches: Die Dynamik der neuen Fahrradkultur muss nicht auf die Metropolen beschränkt bleiben. Das Buch versprüht die Euphorie einer neuen Kulturbewegung, die sich durch Aktivität, Lebhaftigkeit, Schwung und Emanzipation auszeichnet und nicht nur von Erneuerung redet, sondern jene auch erlebt. Dieser fulminante Eindruck vermittelt sich auch Leser:innen, die der englischen Sprache nicht kundig sind. Also: Aufsteigen und losradeln!


Titel: Easy Rider Road Book. A Tour through the Wild and Inspiring Side of Bicycle Culture
Herausgeber:in: Anke Fesel, Chris Keller
Verlag: Hatje Cantz
192 Seiten, 160 Abbildungen
Farbig und s/w
Sprache Englisch
ISBN: 978-3-7757-5570-2

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