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Deutsch als Wissenschaftssprache

Kommentar zur Presseerklärung der Präsidenten von AvH, DAAD, Goethe-Institut und HRK

Die Präsidenten der Alexander von Humboldt Stiftung, des Deutschen akademischen Austauschdienstes, des Goethe-Institutes und der Hochschulrektorenkonferenz haben aus Anlass einer Anhörung im Deutschen Bundestag zu dem Thema "Deutsch als Wissenschaftssprache " eine gemeinsame Presserklärung herausgegeben. Dort heißt es, dass die Präsidenten der Überzeugung sind, dass Englisch und Deutsch nicht im Sinne einer  Konkurrenz sondern einer Komplementarität aufzufassen sind, wobei dem Englischen die Rolle der Lingua Franca, also der Verkehrssprache zukommt.

Faktisch ist die englische Sprache allerdings für die jungen deutschen Wissenschaftler längst zum Muss geworden, auch wenn die Präsidenten feststellen: “In einigen Regionen der Welt erkennen Studierende und Wissenschaftler auch in den Natur-und Ingenieurwissenschaften mit wachsendem Interesse, dass das Erlernen der deutschen Sprache einen Mehrwert darstellt.“ Zu diesen Regionen der Welt zählen aber nicht die USA, die den meisten deutschen Nachwuchswissenschaftlern als das gelobte Land der märchenhaften Universitätsetats erscheinen, mit Möglichkeiten ohne überbordenden bürokratischen Aufwand zu forschen und wo neue Ideen willkommen sind. Immer vorausgesetzt, die werden auf Englisch vorgetragen. Anderssprachige Forschungsliteratur gerade auch in den Geisteswissenschaften wird in den Vereinigten Staaten selten zur Kenntnis genommen.
 
In den 70iger Jahren war es für Studenten der Kunstgeschichte in Deutschland noch selbstverständlich, die Literatur in der jeweiligen Sprache zu lesen, in der sie verfasst war: Italienisch, Holländisch, Französisch, Englisch und Deutsch waren die Sprachen in denen über die Kunst der Neuzeit geschrieben wurde und die verarbeitet und kommentiert wurden.
Heute haben wir ein Bachelor- und Masterstudium, dass in 6 Semestern bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss die Kunstgeschichte „runterreißt“, da bleibt wohl kaum Zeit für fremdsprachliche Lerneskapaden. Viel zu unreflektiert hat man das angelsächsische Studiensystem im Zuge des Bolognaprozesses übernommen, hat es sehr schlecht und verkürzt angepasst an die deutschen Bedingungen. Dürftige Aussagen in dürftigem Englisch über komplexe Inhalte deutscher Kunst- und Kulturgeschichte bleiben als Vision dieser Studienreform übrig, mit der die Verbreitung des Englischen in den deutschen Universitäten einhergeht.
Hier liegt der eigentliche grundsätzliche Fehler: Im Eifer der Vereinheitlichung und Anpassung hat man übersehen, dass die eigentliche Stärke in einer globalisierten Welt das Besondere, das Eigenartige und Unterscheidbare ist. Dort wo alles angepasst und angeglichen wird, gewinnt gerade das Besondere an Attraktivität: der besondere Studiengang, die besondere Sprache versprechen die höhere Qualifizierung, nicht das, was man überall und was jedermann erwerben oder lernen kann.
 
Zwei wichtige Sätze aus der Presserklärung kann man der Bildungspolitik mit auf den Weg geben:“ Die Attraktivität eines Standorts für Forschung und Lehre hat weitreichende Auswirkungen auf die Verbreitung der Sprache, die an diesem Standort inner- und außerhalb der Hochschulen gesprochen wird.“ Und „Wenn wir dieses Konzept auch im Kontext der Wissenschaft ernst nehmen und darin dem Deutschen als Wissenschafts- und Kultursprache eine nachhaltige Lebendigkeit sichern wollen, dann benötigt dies eine entsprechende finanzielle Ausstattung.“ 
Wie wäre es mit einer „Aufbauprämie“ für die deutschen Universitäten statt mit einer „Abwrackprämie“ für Autos aus aller Welt?
 

Presseerklärung im Original

www.daad.de/portrait/presse/pressemitteilungen/2009/10005.de.html

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