Der Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland (CbDD) widmet sich in der Internationalen Tagung gemeinsam mit der Bayerischen Akademie der Wissenschaften mit Arbeitsstellen an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und dem Deutschem Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg (DDK) der Bedeutung der Deckenmalerei an den europäischen Höfen um 1700.
Das Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland betrachtet Wand- und Deckenmalerei als ein Medium der bildlichen Repräsentation. Im höfischen Kontext diente es den Landesherren ebenso wie beispielsweise Architektur oder Raumausstattung zur Selbstdarstellung gegenüber Standesgenossen.
Um 1700 ist in der Selbstdarstellung europäischer Höfe vor allem nördlich der Alpen ein formaler und inhaltlicher Wandel festzustellen. Im Bereich der Deckenmalerei fällt auf, dass die Decke nun oft nicht mehr in einzelne Felder unterteilt, sondern in ihrer Gesamtheit mit einem Gemälde versehen wird. Das einzelne große Gemälde wird raumbeherrschend. Eine freie Monumentalität, große Maßstäbe und ein neuer Illusionismus werden wichtig. Die Kunst der Augentäuschung als hohe Kunstfertigkeit der barocken Deckenmalerei setzt sich durch. Das Deckenbild erlangt Autonomie und als Medium folgt es einer eigenen Logik. Wand und Decke können nun auch einheitlich gestaltet werden. Dieser Wandel ist kein rein formaler, sondern auch ein inhaltlicher: Verherrlichungen und Personifikationen erfolgen im nördlichen Europa nun auf eine zuvor nicht praktizierte Weise und sind oft nicht mehr allgemein dynastisch ausgerichtet, sondern auf bestimmte Personen hin orientiert.
Unabhängig davon darf Deckenmalerei im europäischen Kontext weder als ausschließliche Fresko- bzw. Seccomalerei missverstanden noch isoliert betrachtet werden. Die Entscheidung für Ölmalerei war lange Zeit nicht nur eine Frage der Qualität oder der Verfügbarkeit entsprechend ausgebildeter Künstler, sondern auch eine Frage der Ästhetik. Zahlreiche Deckengemälde und noch mehr Wandmalereien wurden vor allem in West-, Mittel- und Nordeuropa auf Leinwand gemalt in Decken bzw. Wände eingepasst. Der Stuck spielte dabei immer eine Rolle, scheint aber auch bei Fresken in Räumen höherrangiger Nutzung bevorzugt angebracht worden zu sein.
Die Tagung verknüpft den beschriebenen Wandel mit den politischen, sozialen und kulturellen Änderungen in Europa um 1700. Dieser Wandel erfolgte zeitgleich mit einer neuen Machtstellung vieler Monarchen und ihrer Staaten. Die Herrscher strebten nach der Anerkennung ihrer neuen Stellung. Zu nennen sind zum einen die zahlreichen Territorien und neuen Fürsten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, die ihre neu gewonnenen Souveränitätsrechte durchsetzen wollten, aber auch Königreiche wie England und Schweden sowie der Hof der Oranier in den Niederlanden und später auch in England. Die Konfession spielte in der Malerei im Gegensatz zur Politik eine marginale Rolle. Trotz antikatholischer Grundausrichtung verschwanden betont protestantische Motive; Muster, die bislang als katholisch verstanden worden waren, konnten allgemein übernommen werden. So bildete sich in weiten Teilen Europas eine supranationale überkonfessionelle Repräsentationsform des Adels und Hochadels heraus.
Offenbar ist der Aufstieg von Dynastien und neuen Mächten ursächlich für den konstatierten Wandel. Zu nennen sind hier der Aufstieg der Bourbonen und des Hauses Savoyen sowie parallel dazu der Abstieg der spanischen Habsburger. Davon unabhängig ging der künstlerische Einfluss der Niederlande in Nordeuropa zurück und wurde je nach politischem Lager durch einen französischen oder einen italienischen ersetzt. Es handelte sich um einen kulturellen Angleichungsprozess, der fast ganz Europa erfasste. Dabei setzten Italien und Frankreich die Maßstäbe; den Habsburgern gelang es nicht, eine künstlerische Dominanz zu erlangen.
Neben allgemeinen Überblicksdarstellungen diskutiert die Tagung Beispiele aus Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, Schweden, Spanien und Tschechien. So wird erstmals der Versuch einer europaweiten Gegenüberstellung unternommen. Im Mittelpunkt stehen ausschließlich Landesherren und ihre Höfe. Unter Landesherren werden alle Souveräne Europas und Herrscher über reichsunmittelbare Territorien im Heiligen Römischen Reich verstanden. Souverän waren auch die Generalstaaten und die Republik Venedig.
Zahlreiche Künstler waren um 1700 tätig und werden im Rahmen der Tagung thematisiert. Zu nennen sind u.a. Jacques Foucquet, Luca Giordano, Daniel Marot, Sebastiano Ricci, Giuseppe Roli, Jerzy Eleuter Szymonowicz-Siemiginowski, Carpoforo Tencalla, Matthäus Terwesten oder Antonio Verrio. Von Interesse ist schließlich auch der Aspekt des Kulturtransfers und Künstlerimports durch geistliche und weltliche Auftraggeber. Die Deckenmalerei wird eingebettet in die generelle Entwicklung der Raumkünste.
Donnerstag, 13.09.2018
15:00 Uhr
Begrüßung
Moderation: Herbert Karner (Wien)
15:30 Uhr
16:20 Uhr
Diskussion
16:45 Uhr Pause
17:15 Uhr
18:05 Uhr
Diskussion
18:30 Uhr
Heiko Laß (München) / Ronald Clark (Hannover): Möglichkeit zur Besichtigung des Galeriegebäudes
19:30 Uhr Abendessen
Freitag, 14.09.2018
08:00 Uhr
Heiko Laß (München) / Ronald Clark (Hannover): Möglichkeit zur Besichtigung des Galeriegebäudes
Moderation: Ute Engel (München)
09:00 Uhr
09:50 Uhr
Diskussion
10:15 Uhr Pause
10:45 Uhr
12:00 Uhr
Diskussion
12:40 Uhr Mittagspause
Moderation: Stephan Hoppe (München)
14:00 Uhr
14:50 Uhr
Diskussion
15:15 Uhr Pause
15:45 Uhr
16:35 Uhr
Diskussion
17:00 Uhr Pause
17:20 Uhr
Thomas Lyngby (Hillerød): The Audience Chamber of Frederiksborg Palace
17:45 Uhr
Diskussion
Sonnabend, 15.09.2018
Moderation: Martin Mádl (Prag)
09:00 Uhr
09:50 Uhr
Diskussion
10:15 Uhr Pause
10:45 Uhr
11:35 Uhr
Diskussion
13:00 Uhr Mittagspause
Moderation: Heiko Laß (München)
14:00 Uhr
14:50 Uhr
Diskussion
15:15 Uhr
Heiko Laß (München): Schlussworte
18:00-23:30 Möglichkeit zum Besuch des Internationalen Feuerwerkswettbewerbs im Großen Garten
Veranstaltungsort: Die Tagung findet im Galeriegebäude von Hannover-Herrenhausen statt. Dieser Festbau der hannöverschen Kurfürsten stellt ein exemplarisches Beispiel für den Wandel in der Hofkultur um 1700 dar. Es stammt von 1694/98 und wurde im Rahmen einer Standeserhöhung der Herzöge zu Kurfürsten erbaut und mit Malereien von Tommaso Giusti ausgestattet.
Anmeldung, Tagungsgebühr und Hinweise: Die Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch. Die Tagungsgebühr beträgt 20,00 Euro und wird am Tagungsort vor Beginn der Tagung bar bezahlt. Pausengetränke und Besuch des Großen Gartens sind inklusive.
Anmeldung bitte bis 10.08.2018 bei:
Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland
Dr. Heiko Laß
Institut für Kunstgeschichte
Ludwig-Maximilians-Universität München
Zentnerstr. 31
D-80798 München
E-mail: heiko.lass@kunstgeschichte.uni-muenchen.de