Ausstellungsbesprechungen

Jugendstil aus Nürnberg. Kunst – Handwerk – Industriekultur, Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig, bis 6. Juli 2014

Parallel zur Thonet-Schau präsentiert das Grassi-Museum eine kleine, aber feine Ausstellung zur Nürnberger Handwerkskunst um 1900. Rowena Fuß hat es sich angeschaut.

Was wohl nur Experten wissen: Ab 1897 entwickelten sich Zinngusswaren, Kupfertreibarbeiten und keramische Erzeugnisse aus Nürnberg zu einem regelrechten Exportschlager – auch im internationalen Maßstab. Die Basis für diesen Boom legte das Bayerische Gewerbemuseum mit Meisterkursen, die unter anderem von renommierten Entwerfern wie Peter Behrens und Richard Riemerschmid geleitet wurden. So entstand in den kleinen wie großen Betrieben der fränkischen Metropole eine Vielfalt an Gegenständen des gehobenen täglichen Bedarfs.

Diese sind in den Vitrinen der Pfeilerhalle jedoch nicht nach Meister und Schüler geordnet, sondern nach Firmen. Es sind insgesamt rund zwanzig, die von annähernd 200 Objekten aus erlesener Handwerkproduktion wie auch aus (teilweise) serieller Massenfertigung repräsentiert werden.

Ein paar der exotischsten Stücke zeigt die Majolikafirma Johann Christoph David Schwarz. Ursprünglich suchte der Unternehmer lediglich nach einer Möglichkeit, die Specksteinrückstände bei der Gasbrennerproduktion einer sinnvollen Weiterverwendung zuzuführen. Als er die Majoliken jedoch auf der Wiener Weltausstellung 1873 präsentierte, kamen diese sehr gut an. »Die Terrakotten von Fr. Schwarz in Nürnberg hatten schöne Formen und zeichneten sich durch große – dem Specksteinzusatz zugeschriebene – Zartheit aus«, vermerkte der amtliche Bericht über die Ausstellung. Nur wenige Jahre später konnte es das Nürnberger Unternehmen in dieser Sparte bereits mit dem englischen Konkurrenten Minton & Co., damals einer der weltweit bedeutenden Fayenceproduzenten, aufnehmen.

Auch heute hat eine Vase mit abstraktem, buntem Blütenmotiv nichts von ihrem ganz eigenen Charme eingebüßt. Diesen strahlen auch viele weitere Stücke aus, wie die elektrische Lampe mit Fischhals aus dem Hause Walter Scherf & Co. oder die in Regenbogenfarben schimmernde Pfauenvase aus gegossenem Zinn von Georg Friedrich Schmitt. Spezielle Metallsalze sorgen hier für die Farbverläufe auf der metallnen Oberfläche. Stilistische Ähnlichkeiten zwischen den Produkten Walter Scherfs und Schmitts sind dabei kein Zufall. Denn Friedrich Adler, der Entwerfer, fertigte für beide Firmen Musterentwürfe an. An diesem Punkt wird der kleine Handwerkskosmos in Nürnberg greifbar, aus dessem Herzen Gegenstände in alle Welt verschickt wurden und ihre Liebhaber fanden. Ebensolches ist auch der Schau zu wünschen!

Es empfiehlt sich darüber hinaus, den Ausstellungskatalog zu erstehen, da einige Handwerksbereiche aus konservatorischen Gründen nicht ausgestellt sind. Dazu zählen beispielsweise die detailreichen Elfenbeinarbeiten der Firma Emil Kellermann. Zusätzlich bietet der Katalog Informationen zu Nürnberger Kunsthandwerkerinnen wie Emma Volck, die für ihre fein gearbeiteten Batikarbeiten und Stickereien 1910 die Silbermedaille auf der Brüsseler Weltausstellung gewann.

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